BVB-Mentalitätsdebatte geht weiter: Reus macht sich Sorgen

dpa Dortmund. Bei Borussia Dortmund macht sich früh in der Saison Ratlosigkeit breit. Nach dem zweiten 2:2 in sechs Tagen erkannte nicht nur der zuvor pöbelnde Kapitän Reus: Der BVB hat ein Problem.

Die Dortmunder Marco Reus (l) und Axel Witsel erfrischen sich nach der Partie gegen den SV Werder Bremen. Foto: Bernd Thissen

Die Dortmunder Marco Reus (l) und Axel Witsel erfrischen sich nach der Partie gegen den SV Werder Bremen. Foto: Bernd Thissen

Ganz so abwegig ist die Frage nach der mangelnden Mentalität bei Borussia Dortmund vielleicht doch nicht. Jedenfalls lassen die Ausführungen der Spieler nach dem zweiten doppelten Punktverlust des Titelkandidaten binnen einer Woche viel Raum für Deutungen.

„Wir spielen nicht wie Männer“, befand Torhüter Roman Bürki nach dem 2:2 (2:1) gegen das stark ersatzgeschwächte Werder Bremen. „Die Spiele sind teilweise echt schön anzusehen, aber der Killerinstinkt fehlt. Manchmal würde ich mir wünschen, dass der eine oder andere noch ein bisschen mehr Aggressivität reinwirft“, sagte der Schweizer.

Der diesmal besonnene BVB-Kapitän Marco Reus räumte sechs Tage nach seiner Pöbelattacke in Frankfurt ein: „Insgesamt war es in der zweiten Halbzeit zu wenig. Das müssen wir uns hart ankreiden lassen. Wir haben nicht das investiert, um als Sieger vom Platz zu gehen.“

Damit hoben die Spieler die Mentalitätsdebatte selbst wieder auf die Agenda. Darauf bei Sky nach dem 2:2 in Frankfurt angesprochen, als schon da ein 2:1 und ein wichtiger Sieg verspielte wurde, hatte Reus im Gossenjargon gepöbelt: „Ihr mit eurer Mentalitätsscheiße. Jede Woche dieselbe Kacke.“ Diesmal sprach Reus gemäßigter und bestätigte eines deutlich: Borussia Dortmund hat ein Problem. Dies ist immerhin so groß, dass Sportdirektor Michael Zorc am Tag nach dem erneuten Rückschlag schon Fragen nach Trainer Lucien Favre beantworten musste.

„Klar, wir führen keine Trainerdiskussion“ sagte Zorc am Sonntag den „Ruhr Nachrichten“. Nur ein Sieg aus den vergangenen fünf Pflichtspielen, nur elf Punkte und kein Europapokalplatz mehr nach sechs Spielen in der Fußball-Bundesliga - das ist nicht der Anspruch des BVB. Und somit übte Zorc trotz seiner Rückendeckung für Favre auch leichten Druck aus. „In den nächsten sechst Tagen haben wir zwei wichtige Spiele in zwei unterschiedlichen Wettbewerben, die beide richtungsweisend sind“, sagte Zorc vor dem Champions-League-Spiel am Mittwoch bei Slavia Prag und dem nächsten Ligaspiel beim SC Freiburg.

„Das ist nicht der Start, den wir uns gewünscht haben. Wir hatten uns mehr vorgenommen“, räumte Bürki ein. „Ich mache mir Sorgen, weil wir die Spiele nicht gewinnen. Das hat oberste Priorität“, bekannte Reus. „Am Anfang der Saison ist es wichtig, gut zu starten und den Anschluss nicht zu verlieren. Jetzt haben wir schon einen Rückstand, wir sind in einer Schuld, die Spiele zu gewinnen.“

Manch einer hatte aus der Mentalitätsfrage schon eine Qualitätsfrage gemacht. Dies erscheint angesichts von vor der Saison investierten 137 Millionen Euro für fünf Spieler geradezu aberwitzig. Im gegen Bremen schmerzlich in der Abwehr vermissten Weltmeister Mats Hummels, Nationalspieler Julian Brandt und Thorgan Hazard kam ausgewiesene Qualität in den schon meisterhaft besetzen Kader hinzu.

Wer aber etwas tiefer nach dem „Warum“ zu den fehlenden Siegen fragte, blickte in enttäuschte und frustrierte Gesichter, Antworten bekam er keine. Neben den Andeutungen zur durchaus fehlenden Mentalität gab es stattdessen viele Floskeln. Mittelfeldstratege Axel Witsel etwa beantwortete jede Frage in Dauerschleife: „Wir müssen hart arbeiten und positiv bleiben.“ Dieselbe Aussage gab es auch von Reus vor dem Champions-League-Spiel am Mittwoch bei Slavia Prag.

Dann könnte der zuletzt starke Hummels in die ohne ihn anfällige Verteidigung zurückkehren. Ohne den 30-Jährigen hatte Dortmund in Frankfurt den schmerzhaften Ausgleich kassiert, und ohne Hummels genügten auch gegen Bremen Tore von Mario Götze (9. Minute) und Reus (41.) nicht zum Sieg. „Wir können nicht immer zwei Tore bekommen. So wird es schwer, die Spiele zu gewinnen“, kritisierte Lucien Favre.

Die Erklärung des Trainers für die derzeit anfällige Abwehr fiel aber rätselhaft aus. „Wir kassieren zu viele Tore. Deshalb sind wir enttäuscht heute, natürlich“, war Favres Antwort darauf. Klartext gibt es in Dortmund derzeit nur im Hinblick auf die schwierige Situation.

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Erstellt:
29. September 2019, 16:01 Uhr

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