Countdown mit Geister-Training und Isolation: Alle „hungrig“

dpa München. Wie sich die Spiele ohne Zuschauer anfühlen werden, erfahren die meisten Stars erst beim Bundesliga-Neustart. Zur Einstimmung wird in leeren Arenen trainiert, bei der Wahl der Hotels haben die Clubs verschiedene Strategien. Zum Training kommt ein Team mit dem Fahrrad.

David Alaba freute sich über die Trainingseinheit in der heimischen Arena. Foto: Tom Weller/dpa

David Alaba freute sich über die Trainingseinheit in der heimischen Arena. Foto: Tom Weller/dpa

Hansi Flick versammelte sein Star-Ensemble mitten in der leeren Allianz Arena.

Der Trainer des Bundesliga-Spitzenreiters FC Bayern gab Anweisungen und sah danach in strahlende Gesichter seiner Münchner Profis, die bei der Einheit im Stadion temporeich zur Sache gingen. „Wahnsinn, es war wirklich sehr, sehr schön, wieder auf dem Platz zu stehen als Gesamteinheit mit der ganzen Mannschaft“, berichtete Abwehrchef David Alaba. „Man hat einfach gemerkt, wie sich wirklich alle auf diesen Moment gefreut haben. Das hat man im Training gleich gespürt, alle waren sehr hungrig.“

Die Fußball-Bundesliga hat in der Corona-Krise ihre Vorbereitung auf den Liga-Neustart am kommenden Wochenende in Quarantäne-Trainingslagern aufgenommen. Streng isoliert wohnen die Profis in Hotels, abgeschottet finden die Trainingseinheiten statt. Spieler, Trainer und Betreuer müssen sich im Rahmen des DFL-Konzepts für die Partien ohne Zuschauer speziellen Hygieneregeln unterwerfen. „Ich appelliere an alle Beteiligten, die Vorgaben dieser Konzepte, die die Grundlage zur Wiederaufnahme des Spielbetriebes sind, vorbildlich und extrem diszipliniert zu befolgen“, sagte der Münchner Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge.

GEISTERSPIEL-ATMOSPHÄRE: Um sich auf die Spiele in den ungewohnt leeren Stadien vorzubereiten, sind auch Trainingseinheiten in den Arenen geplant. Oder haben schon stattgefunden, wie zum Beispiel beim FC Bayern, dem FC Augsburg, bei Fortuna Düsseldorf oder Hertha BSC. Die Berliner absolvierten sogar ein internes Spiel in Trikots. Die Münchner gingen in dunkelblauen und orangenen Leibchen wettkampfmäßig zur Sache.

Wie es dann vom Wochenende an ohne Fans wirklich sein wird, darüber rätselten die Stars in der Corona-Zwangspause öfters. „Ich habe es mir zumindest schonmal so vorgestellt, dass es wie beim Abschlusstraining vor einem Champions-League-Spiel sein könnte - und da will man auch das Abschlussspiel gewinnen“, sagte Bayerns Vize-Kapitän Thomas Müller. Hilfreich ist ein Spiel-Test in einer Wettkampfstätte allemal. „Beim Trainingsspiel im Stadion ist schon eine andere Grundspannung da“, sagte Leipzigs Nationalspieler Lukas Klostermann.

HOTEL-AUSWAHL: An die Vorgaben für die Unterbringung aus dem DFL-Konzept müssen sich alle Vereine halten. In der Detailumsetzung gibt es allerdings verschiedene Philosophien. Der FC Bayern übernachtet etwas außerhalb im Münchner Norden, andere Clubs wie Hertha oder der 1. FC Köln zieht es dagegen mitten in die Städte. Bei den Rheinländern animierte das vereinzelt schon Passanten zum Grölen der Vereinshymne. Das Hotel ist während der Karnevalssession übrigens die Hofburg des Kölner Dreigestirns.

Besonders kurze Wege haben die Spieler aus Mönchengladbach, Hoffenheim oder Schalke. Sie sind in Hotels am Trainings- oder Clubgelände untergebracht. Einen ungewöhnlichen Weg schlägt der 1. FC Union Berlin ein: Der Aufsteiger kann die Beschaulichkeit der niedersächsischen Provinz genießen. Er trainiert in der Sportschule Barsinghausen, rund 300 Kilometer von Berlin entfernt. „Wir dachten, dass wir uns so vorbereiten, wie wir es bisher immer gemacht haben - ein bisschen weiter weg. Wir sind dort unter uns“, sagte Oliver Ruhnert, Geschäftsführer Profifußball.

TRANSPORT: Mal gibt es zwei Mannschaftsbusse, mal Kleinbusse, mal den Pkw. Die Fahrten zwischen Hotel und Trainingszentrum erfolgen beim SC Paderborn etwa in privaten Fahrzeugen. Die Spieler des VfL Wolfsburg kommen mit dem Fahrrad zum Trainingsplatz - der ist aber auch gleich in Sichtweite des Hotels.

HYGIENE: Manuel Neuer & Co. trugen allesamt Mundschutz, als sie am Sonntag das Teamhotel bezogen. Die Stars der Clubs sind mit den Vorgaben des Konzepts intensiv vertraut gemacht worden. Bei Hertha, durch den filmerischen Social-Media-Beitrag von Salomon Kalou in die Negativschlagzeilen geraten, klatschten sich Vedad Ibisevic und Vladimir Darida den Hygienevorschriften folgend im Training nur mit den Unterarmen ab.

VORSORGE: Die Corona-Tests sind obligatorisch, auch die Körpertemperatur der Profis wird kontrolliert. Beim FC Augsburg wurde dazu kurz vor dem Start der Quarantäne eine neue Messanlage am Stadioneingang installiert, bei drei Personen kann pro Sekunde kontaktlos aus einer Entfernung von bis zu drei Metern gemessen werden. „Das ist ein zusätzliches Warnsystem“, sagte Geschäftsführer Stefan Reuter.

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Erstellt:
11. Mai 2020, 14:36 Uhr

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