Ehrgeiziger Coach sieht noch Entwicklungspotenzial
Andreas Lechner arbeitet weiter daran, den TSG-Fußballern seine Vorstellungen einzuimpfen, ist für den Klassenverbleib aber schon jetzt guter Dinge
„Es wird eine extrem schwierige Runde.“ Andreas Lechner bereitet die Fans der TSG Backnang darauf vor, dass vielleicht eine größere Zitterpartie als in der Vorsaison droht. Der neue Trainer glaubt allerdings auch an ein glückliches Ende: „Ich bin guter Dinge, dass wir den Ligaverbleib schaffen.“ Die Basis sei in der Vorbereitung gelegt worden. „Die Mannschaft setzt langsam das um, was wir uns vorstellen.“ Zu tun bleibe aber genug.

© Sportfotografie Alexander Becher
Geht in ihre zweite Oberliga-Saison: Die TSG Backnang. Hinten von links: Daniel Lang, Julian Geldner, Mario Marinic, Marvin Schmid, Thomas Doser, Tyrone Reyinger, Matej Maglica, Patrick Tichy und Julian Schiffmann. Mitte: Sponsorenvertreter Jürgen Schwab, Ressortvorstand Marc Erdmann, Physiotherapeut Volker Max, Teammanager Frank Sigle, Betreuer Bernd Dannhäußer, Betreuer Rolf Wörner, Mannschaftsarzt Jochen Nufer, Torwarttrainer Johann Sara, Co-Trainer Darko Milosevic und Trainer Andreas Lechner. Vorne: David Kienast, Louis Wiesheu, Oguzhan Biyik, Mika Wilhelm, Marcel Knauß, Michael Quattlender, Benito Baez-Ayala, Giosue Tolomeo und Jannik Dannhäußer. Es fehlen: Loris Maier, Leon Maier, Paul Weber, Michl Bauer und Nino Galle.
Von Steffen Grün
Lob dürfen Backnangs Oberliga-Fußballer von ihrem neuen Trainer durchaus erwarten. Dass Andreas Lechner aber überhaupt nichts zu kritteln hat, kommt eher selten vor. „Ich bin nicht so schnell zufrieden“, räumt der 40-Jährige ein, „man kann immer etwas verbessern.“ Auch sein Blick auf die gut fünfwöchige Vorbereitung folgt dieser Logik. Sie habe holprig angefangen, sei insgesamt allerdings ordentlich gewesen: „Wir haben uns zuletzt stabilisiert.“
Diesen Eindruck bestätigten die Roten in den Testspielen. Die Siege wurden deutlicher, die kassierten Tore weniger. Vor allem der Erfolg im Finale des Blitzturniers in Schwäbisch Gmünd gegen den künftigen Ligarivalen stärkte das Selbstvertrauen. Als es zuletzt in der ersten Runde des WFV-Pokals ernst wurde, gaben sich die Murrtaler keine Blöße und gewannen beim Landesligisten Nafi Stuttgart mit 7:1.
So weit, so gut – trotzdem sieht Andreas Lechner „noch Entwicklungspotenzial“ in seiner neuen Truppe, die sich seiner Spielphilosophie Schritt für Schritt annähert. „Ich gehe gerne auf Balleroberungen“, sagt der Trainer, „das ist sehr laufintensiv und erfordert noch mehr Kommunikation auf dem Platz.“ Prädestiniert dafür, verbal den Takt vorzugeben, sind vor allem die Routiniers Mario Marinic und Oguzhan Biyik, doch dieses Duo braucht Unterstützung. Lechner denkt unter anderem an Julian Geldner, Patrick Tichy und David Kienast. Beim taktischen Verhalten gebe es „Phasen, in denen die Mannschaftsteile noch zu weit auseinanderstehen“, bemängelt der Trainer, der zudem anmahnt, „noch präziser und schneller nach vorne zu spielen“.
In Sachen System und Aufstellung hält sich Lechner noch relativ bedeckt. 4-4-2, 4-3-3, 4-2-3-1: „Ich bin nicht festgelegt, das variiert auch während des Spiels.“ Im Tor naht die Entscheidung, die Favoritenrolle im Dreikampf geht an Marcel Knauß. Der aus Reutlingen geholte Keeper stand im Pokal im Kasten, was als Fingerzeig zu werten ist. Selbiges gilt für die Innenverteidigung, in der nur Patrick Tichy und Thomas Doser die komplette Vorbereitung mitmachten, oder das zentrale Mittelfeld, in dem Geldner neben Biyik spielte. Vorne scheint es mit Torjäger Marinic und Rückkehrer Daniel Lang auf zwei Stürmer hinauszulaufen. Eigentlich ist die Kaderplanung beendet. „Wir halten aber die Augen bis zum 31. August offen.“ Für welche Position, verrät Lechner nicht, ein Rechtsverteidiger könnte aber hilfreich sein. Derzeit scheint hier der eigentliche Offensivspieler Benito Baez-Ayala die erste Wahl zu sein.
Andreas Lechner zu den Zielen, den Titelanwärtern und den Rivalen auf Augenhöhe Hintergrund Die Ansprüche der TSG Backnang: „Das Ziel ist ganz klar der Klassenverbleib“, betont der neue Trainer, dass sich an der Ausgangslage im Vergleich zur ersten Oberliga-Saison nichts geändert hat. Lechner traut es seinem Team aber durchaus zu, im baden-württembergischen Oberhaus am Ende wieder über dem ominösen Strich zu stehen. „Das wäre ein Riesenerfolg“, meint der am Montag 41 Jahre alt werdende Coach und fügt mit Blick auf die finanziellen Möglichkeiten einiger Rivalen hinzu: „Wie für andere Vereine der Aufstieg in die Regionalliga.“ Die Aufstiegskandidaten: In der Vorsaison nahm Balingen als Meister den direkten Weg nach oben, Villingen wollte über die Relegation folgen. Das gelang nicht, denn nach dem 8:1-Kantersieg gegen Alzenau verloren die Kicker aus der Doppelstadt in Pirmasens mit 0:2 und mussten sich auf eine weitere Saison in der Oberliga einstellen. Als heißeste Aufstiegsanwärter in der anstehenden Spielzeit nennt Backnangs Trainer „die üblichen Verdächtigen“ und denkt dabei zunächst einmal an den abgestürzten Ex-Bundesligisten Stuttgarter Kickers sowie an den SGV Freiberg und seinen Ex-Verein FSV 08 Bissingen, die 2017/2018 auf den Plätzen drei und vier landeten. „Ich würde auch Ravensburg, Bahlingen und Villingen noch dazuzählen“, ergänzt Lechner, „daran sieht man schon, wie stark die Oberliga ist.“ Nach einem Außenseitertipp gefragt, antwortet der TSG-Coach: „Ich denke, dass Oberachern eine gute Rolle spielen wird.“ Die Rivalen auf Augenhöhe: Bei allem Respekt vor der Aufgabe, vor der die Roten stehen, macht Lechner auch Mut. „Wir brauchen uns vor niemandem verstecken“, sagt der TSG-Trainer und kann auf die Vorsaison verweisen. Damals holte Backnang im Auftaktspiel beim späteren Meister in Balingen einen Punkt, entschied beide Duelle mit Freiberg für sich und gewann die Heimspiele gegen Villingen und Bahlingen, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Sich auf solche Coups zu verlassen, wäre allerdings gefährlich, vor allem sollte die Ausbeute gegen die Rivalen auf Augenhöhe passen. Dazu zählt Lechner in erster Linie die Aufsteiger aus Gmünd, Ilshofen, Friedrichstal und Linx sowie Pforzheim und Spielberg, die in der Vorsaison hinter der TSG ins Ziel kamen.