Ein junger Backnanger boxt sich nach oben

WM in Russland ist für Wladislaw Baryshnik ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum großen Ziel, die Olympischen Spiele in Tokio

Das nächste große Ziel ist die Weltmeisterschaft vom 7. bis 20. September im russischen Jekaterinburg. Eigentlich ist die Box-WM für Wladislaw Baryshnik nur ein wichtiger Zwischenschritt auf dem Weg zu den Olympischen Spielen nächsten Sommer. Mit dem Start in Tokio ginge für den Backnanger ein Traum in Erfüllung, für den er von Kindesbeinen an gekämpft hat.

Wladislaw Baryshnik trainiert Tag für Tag hart, um bei den Olympischen Spielen in Tokio den großen Schlag landen zu können. Foto: A. Becher

© Sportfotografie Alexander Becher

Wladislaw Baryshnik trainiert Tag für Tag hart, um bei den Olympischen Spielen in Tokio den großen Schlag landen zu können. Foto: A. Becher

Von Uwe Flegel

Im Alter von drei Jahren ist der mittlerweile zweimalige deutsche Meister mit seinen Eltern von Kasachstan nach Backnang gekommen. Im Murrtal ist er heimisch geworden und hier hat er bei Artur Allerborn als kleiner Junge mit dem Kampfsport begonnen. Rund eineinhalb Jahrzehnte später sagt der mittlerweile 22-Jährige: „Boxen ist der Sport, der mir Spaß macht und mit dem ich mein Geld verdiene.“ Denn Wladislaw Baryshnik ist im Halbweltergewicht (bis 63 Kilogramm) bester deutscher Amateurboxer. Das hat der Kämpfer aus dem Murrtal auch schon auf internationaler Ebene bewiesen. Zum Beispiel bei der U-22-Europameisterschaft vergangenes Jahr, als er in Rumänien Bronze gewann.

Es war ein sportliches Ausrufezeichen, das nicht das letzte gewesen sein soll. Dafür trainiert er seit Jahren hart und hat einige Widerstände überwunden. Auch finanzielle. Denn als der deutsche Verband den hoch talentierten Backnanger als Jugendlichen zu diversen internationalen Meisterschaften schickte, musste Baryshnik stets ungefähr die Hälfte der Kosten selbst tragen. Und das ist nicht gerade wenig, wenn irgendein Kadetten- oder Junioren-Titelkampf in Aserbaidschan oder sonst wo stattfindet. „Der Verein KSC Backnang und Artur Allerborn haben mir viel geholfen“, weiß er heute noch, die Unterstützung zu schätzen. Denn alleine hätten seine Eltern die Mittel nicht aufbringen können, damit er seinen sportlichen Weg gehen kann. Wobei sein Coach Allerborn nicht nur in der Hinsicht eine Stütze war.

Daran änderte sich auch nichts, als der junge Backnanger vor Jahren nach Heidelberg zog, dort am Olympiastützpunkt trainierte, in die Schule ging und die mittlere Reife erwarb. Wenn der junge Boxer die Heimat besuchte, dann gehörte Allerborns Kampfsportschule mit dazu. Auch weil der hoffnungsvolle Kämpfer dort immer trainieren konnte. Wobei seine Aufenthalte immer rarer werden. Nur zehn, elf Wochen, schätzt Wladislaw Baryshnik, sei er dieses Jahr bislang zu Hause gewesen. Dabei ist der Weg von Heidelberg nach Backnang keine Weltreise. Was dem 22-Jährigen fehlt, das ist die Zeit. „Leistungssport ist schon hart. Gerade jetzt merke ich es, weil ich das erste Mal im Olympiazyklus drin bin.“ Der Weg zur Spitze sei lang und schwierig, auch mental, erzählt der junge Mann.

Dennoch ist er bereit, ihn zu gehen. Auch weil er mittlerweile von der Deutschen Sporthilfe gefördert wird, zudem bei der Bundeswehr als sogenannter Sportsoldat angestellt ist. Dadurch ist er finanziell so gestellt, dass er sich ganz auf seinen Sport konzentrieren und die geforderte Leistung bringen kann. Schließlich sind die Plätze, die die Bundeswehr dem deutschen Sport zur Verfügung stellt, begrenzt, und „es gibt nicht mehr wie früher Verträge über drei oder vier Jahre, sondern nur noch Einjahresverträge“, berichtet Baryshnik. Das bedeutet Druck, gute Ergebnisse abliefern zu müssen. Für ihn kein Problem, sei dadurch doch die Versuchung, die Füße zu oft hochlegen zu wollen, eher gering.

Wobei der 1,76 Meter große Kämpfer in der Hinsicht nicht gefährdet zu sein scheint. Dafür ist der Ehrgeiz zu groß. „Ich gehe meinen Weg“, verspricht er, und meint damit: „Ich will in Deutschland in meiner Gewichtsklasse die Nummer eins bleiben.“ Und: „Ich weiß, dass ich bei einer Europameisterschaft, bei einer Weltmeisterschaft oder bei Olympischen Spiele eine Medaille gewinnen kann.“ Gezeigt hat er das zum Beispiel im April, als er beim Weltcup in Köln dem französischen Weltmeister von 2017 und Silbermedaillengewinner der Olympischen Spiele 2016 (Rio de Janeiro) im Leichtgewicht, Sofiane Oumiha, einen guten Kampf lieferte, dennoch aber verlor.

Aus der Bahn wirft ihn eine solche Niederlage aber nicht. Im Gegenteil: Er sieht sie eher als Zeichen, dass die Besten nicht so weit weg sind. Ein Ansporn, um Tag für Tag zu trainieren und bestens vorbereitet zur WM nach Jekaterinburg zu fahren. „Im besten Fall eine Medaille holen“ will er bei den Titelkämpfen. Ein Meilenstein wäre das auf dem Weg nach Tokio. Um dort hinzukommen, muss er aber noch weitere Hürden überwinden. Zum Beispiel braucht er einen Sieg im Vergleichskampf im Dezember, mit dem der deutsche Verband die Starter für die Olympia-Qualifikationsturniere im Boxen ermittelt. Dort gibt es dann zwei Chancen, um nach Tokio zu kommen: ein Viertelfinalplatz beim Europa-Turnier im März oder beim Welt-Turnier im Mai. Wobei Zweiteres sogar einfacher sein könne, sagt Baryshnik, treten dort doch nur noch die Kämpfer an, die es zuvor bei ihren kontinentalen Ausscheidungswettkämpfen nicht geschafft haben. Einfach wird aber beides nicht für einen Sportler, der sich einen Start bei Olympischen Spielen als großes Ziel gesetzt hat.

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Erstellt:
8. August 2019, 06:00 Uhr

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