Ein Weltreisender in Sachen Tennis

Der Inder Vishnu Vardhan bringt Wimbledon- und Olympiaerfahrung ins Württembergligateam der TSG Backnang

Es klingt zunächst abwegig: Warum sollte ein indischer Tennisprofi in der Württembergliga für Backnang aufschlagen? Bei näherer Betrachtung gibt es aber für beide Seiten gute Gründe. Vishnu Vardhan spielt ohnehin gerne im Team und bessert die Reisekasse für die Sommerturniere in Europa auf. Die TSG freut sich über einen Doppelspezialisten mit Wimbledon- und Olympiaerfahrung, der großen Anteil am Klassenverbleib hatte.

Nächstes Ziel US Open: Vishnu Vardhan hat die Hoffnung, in einigen Wochen im Doppel beim Turnier in New York starten zu dürfen. Foto: A. Becher

Nächstes Ziel US Open: Vishnu Vardhan hat die Hoffnung, in einigen Wochen im Doppel beim Turnier in New York starten zu dürfen. Foto: A. Becher

Von Steffen Grün

Es ist so eine Sache mit der Suche nach einer ausländischen Nummer eins, wie sie im Tennis bereits in der Württembergliga gang und gäbe ist. Einen Profi zu finden, der für einen Klub wie die TSG Backnang finanzierbar ist und ins Teamgefüge passt, ist nicht leicht. Davon kann Hans-Ulrich Kirmse ein Lied singen, denn der Trainer der Murrtaler hatte in dieser Disziplin in seiner langen Amtszeit mal ein mehr und mal ein weniger glückliches Händchen.

Bei der Wahl von Vishnu Vardhan lag er offenbar richtig. Der Inder überzeugte bei seinen drei Einsätzen in der am vergangenen Sonntag zu Ende gegangenen Saison mit starken Leistungen und trug dazu bei, dass das zwischenzeitlich abstiegsgefährdete Team sogar noch Dritter wurde. Eine hypothetische Frage bleibt es, ob vielleicht noch mehr drin gewesen wäre, wenn der am Freitag 31 Jahre alt werdende Rechtshänder mit beidhändiger Rückhand auch in den ersten vier Duellen gespielt hätte. Dass er das nicht konnte, hatte einen speziellen Anlass: Mit seinem Doppelpartner Narayanaswamy Sriram Balaji kämpfte er sich im Mekka des Tennissports über die Qualifikation ins Hauptfeld, in dem sich das Duo in der Runde der letzten 32 gegen Jan-Lennard Struff und Ben McLachlan mit 6:7, 7:6, 6:7 und 3:6 geschlagen geben musste. „In den ersten drei Sätzen gab es kein Break, es war sehr knapp“, blickt der 98. der Doppel-Weltrangliste auf das Aus zurück, das ihm das Erlebnis aber nicht vermiesen konnte. „Ich habe als Kind davon geträumt, in Wimbledon zu spielen“, verrät Vardhan. „Die Geschichte ist das Besondere an diesem Turnier. Es ist toll, nun ein Teil dieser Geschichte zu sein.“

Dass ihm TSG-Trainer Kirmse stets die Daumen drückte, anstatt auf ein schnelles Aus zu hoffen, um ihn früher in der Württembergliga einsetzen zu können, ist keine Selbstverständlichkeit. „Ich bin glücklich, diesen Verein gefunden zu haben“, betont Vardhan, der in Deutschland früher auch schon für Sandhausen und Dorsten spielte. „Die Atmosphäre ist sehr gut. Wir haben einen guten Trainer, der sich gut um mich kümmert. Ich will länger bleiben.“

Auch für Kirmse spricht nichts dagegen, 2019 wieder auf dieselbe Nummer eins zu setzen. Bis dahin bleibt der Inder, dessen größter Erfolg mit dem Davis-Cup-Team seines Landes der Sieg gegen Neuseeland vor sechs Jahren war, ein Weltreisender in Sachen Tennis. Und zwar mit dem Hauptaugenmerk auf dem Doppel, das in seinem Heimatland einen ganz besonderen Stellenwert hat: Neben ihm gehören sechs Landsleute zu den Top 100 der Weltrangliste. Im Einzel nur einer, hier wird Vardhan etwa um Position 900 notiert. In der vergangenen Woche war er mit seinem Doppelpartner und langjährigen Kumpel Sriram Balaji in Bastad (Schweden) im Einsatz: In der ersten Runde verlangten sie den ehemaligen Wimbledonsiegern Jürgen Melzer/Philipp Petzschner alles ab und verloren erst im Match-Tiebreak mit 8:10. Nach dem Zwischenstopp in Backnang und seinem Beitrag zum Ligaverbleib fuhr Vardhan nach Gstaad, um in der Schweiz ein weiteres Doppelturnier zu absolvieren. „Wenn es dort und auch danach gut läuft, geht vielleicht etwas in Richtung US Open“, hofft der 30-Jährige, der sich für das Nahziel eines weiteren Grand-Slam-Starts auch mal einen anderen Partner suchen würde. Eine Qualifikation gibt’s in New York nicht, die addierten Weltranglistenplätze des Duos sollten eine Zahl um 140 ergeben, um eine realistische Startchance zu haben.

Ein paar Jahre im Tenniszirkus dürfte Vishnu Vardhan, der 2012 in London auch schon im Zeichen der olympischen Ringe im Einzel und im Doppel den Schläger schwang, wohl noch vor sich haben, „der größte Traum im Tennis ist es immer, ein Grand-Slam-Turnier zu gewinnen“. Ein hohes Ziel, „wir arbeiten hart dafür“. Und die Backnanger drücken die Daumen.

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Erstellt:
26. Juli 2018, 06:00 Uhr

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