Es kitzelt noch

Warum die Dressurreiterin Isabell Werth auch nach 30 Jahren Weltspitze immer noch motiviert ist

Dressurreiten - Isabell Werth ist immer noch hoch motiviert, sich gegen die jüngere Konkurrenz zu behaupten.

stuttgart Nach 30 Jahren an der Weltspitze macht sich Isabell Werth keine Illusionen mehr: „Es gibt ja viele, die nur darauf warten, dass mir mal ein Fehltritt passiert und ich überholt werde. Aber genau das spornt mich nur noch stärker an. Wenn es so richtig kitzelt, bin ich doppelt motiviert. Der Kampf auf dem Viereck macht mir immer noch großen Spaß!“

Der nächste „heiße Tanz“, in den die „Dressurkönigin“ mal wieder als Favoritin startet, steht unmittelbar bevor: das Weltcupfinale der Dressurreiter, zum neunten Male ausgetragen im altehrwürdigen Scandinavium von Göteborg. „1992 hab‘ ich dort mit Fabienne mein erstes Cupfinale gewonnen – am Freitag und Samstag will ich dort mit meiner Stute Weihegold gerne meinen fünften Finalsieg feiern“, sagt Werth. Vieles spricht dafür, dass die 49-jährige erneut als Siegerin vom Platz reitet, doch sie weiß, was sie dafür tun muss: „Ich kann immer noch eine Schippe drauflegen. Ich gebe nie auf!“ Dressurreiten als Kampfsport.

Schaut man in die Annalen des 1985 erstmals ausgetragenen Weltcups der Dressurreiter, so tauchen neben Isabell Werth immer wieder die Namen prominenter deutscher Spitzenleute auf, etwa Monica Theodorescu, Bundestrainerin seit 2013. Die heute 56- jährige siegte auf ihrem eleganten Rappen Ganimedes 1993 in Herzogenbosch und 1994 in Göteborg. Im Vorfeld des Finals sagte sie: „Ich freue mich, dass neben Isabell Werth auch Helen Langehanenberg mit ihrem Damsey den Sprung ins Finale geschafft hat. Außerdem ist Benjamin Werdl aus Aubenhausen mit seinem Dayli Mirror als Debütant dabei, weil Dorothee Schneiders Sammy Davis krank geworden ist. Den dreien traue ich allerhand zu, Isabell sowieso.“

Vergangenen September, bei der WM in den USA, schaffte es die stets am Limit reitende Isabell Werth, sich einmal mehr der immer heftiger drängenden Konkurrenz zu erwehren: Die US-Profis Laura Graves mit Verdades und Kasey Perry-Glass mit Dublet machten ihr den WM-Sieg nicht leicht – beide sind auch für Göteborg qualifiziert. Gebetsmühlenhaft wiederholt Laura Graves den Satz: „Selbst wenn wir erneut gegen Isabell verlieren, wir versuchen es immer wieder!“

Wohlgemerkt, die letzten beiden Cupfinals, 2017 in Ohama/Nebraska und 2018 im Palais Omnisport in Paris-Bercy, endeten mit einem Erfolg für die deutsche Nummer eins der Weltrangliste, jeweils im Sattel der 14-jährigen Oldenburger Stute Weihegold. Also startet dieses Paar morgen im Scandinavium quasi als zweifacher Titelverteidiger. Vor zwei Wochen allerdings, bei der letzten Qualifikation vor dem Finale im niederländischen Herzogenbosch, musste Werth eine überraschende Niederlage einstecken: Der junge dänische Berufsreiter Daniel Bachmann Andersen aus dem Stall von Andreas Helgstrand siegte mit dem Hengst Blue Horse Zack vor Werth, die den 13-jährigen Westfalen Emilio gesattelt hatte: „Mein Brauner hatte nicht seine besten Tage, leistete sich einige Patzer – der Sieg für Daniel ging in Ordnung. Mit Weihegold wird mir das hoffentlich nicht passieren!“

Eine klare Ansage. Aber: Hinter der Fuchsstute Bella Rose, der WM-Siegerin von 2018, ist Weihegold „nur“ die Nummer zwei in Werths Beritt. Und dieses Cupfinale in Göteborg gilt als Durchgangsstation auf dem Weg zur EM im August in Rotterdam und zu den Sommerspielen 2020 in Tokio; dort soll jeweils Bella Rose gesattelt werden, die Isabell Werth jetzt noch schonen möchte. Das gehört nun einmal zu den taktischen Feinheiten, mit denen eine Weltklassereiterin wie sie arbeitet.

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Erstellt:
4. April 2019, 03:14 Uhr

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