Fan-Rückkehr schneller als gedacht - Beratungen am Dienstag

dpa Berlin. Die Debatte um Zuschauer in den Stadien begleitet die Clubs vor dem Bundesliga-Start. Von Geisterspielen ist längst keine Rede mehr. Die Gegner lenken langsam ein.

Bund und Länder streben laut Markus Söder schneller als geplant eine einheitliche Lösung für die Fanrückkehr in Stadien an. Foto: Peter Kneffel/dpa

Bund und Länder streben laut Markus Söder schneller als geplant eine einheitliche Lösung für die Fanrückkehr in Stadien an. Foto: Peter Kneffel/dpa

Der Eindruck der glückseligen Fans im DFB-Pokal wirkte noch nach, als selbst CSU-Chef Markus Söder einlenkte. Nach wochenlanger Abwehrhaltung sieht der einflussreiche bayerische Ministerpräsident inzwischen „eine Chance“ für eine schnelle Rückkehr der Zuschauer in die Fußball-Stadien.

Schon am Dienstag (16.00 Uhr) beraten nach dpa-Informationen die Chefs der Staatskanzleien der Länder über eine bundeseinheitliche Lösung, die früher kommen soll als Ende Oktober. Man wolle in dieser Woche versuchen, einen Kompromiss zu finden für einen Probebetrieb mit Zuschauern, verkündete Söder nach einer Kabinettssitzung in München. Dies könne möglicherweise schon zum Start der Bundesliga an diesem Wochenende erfolgen.

Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) bezeichnete dies am Montag nach Gesprächen mit den Bundesländern als mögliches Szenario. „Die Annäherung ist schon sehr weit fortgeschritten“, sagte Braun auf einer Klausur der CSU-Fraktion im Landtag in München. Dies hänge aber von den entscheidenden Gesprächen der Länder am Dienstag ab.

Braun erklärte, absolute Verbote seien immer schwierig. Wenn jemand vorweisen könne, dass er ein ausgefeiltes Hygienekonzept habe, dann sei es meistens schwer, ein absolutes Verbot durchzusetzen. Braun betonte allerdings: „Es geht aber nicht nur darum, dass man im Stadion sitzt, mit sauberem Abstand, sondern es gibt den Weg zum Fußball, es gibt den Weg vom Fußball zurück.“

Zum Saison-Auftakt im Oberhaus werden in vier von neun Stadien mehrere Tausend Fans erwartet. Tendenz steigend. Die Behörden in Leipzig (8500 Besucher), Frankfurt (6500), Berlin (5000) und Bremen (8500) segneten die Hygienekonzepte der jeweiligen Clubs teils mit Sonderlob ab. „Die Fans haben gefehlt“, sagte Werder-Präsident Hubertus Hess-Grunewald und sprach von einem „wichtigen Signal.“

In Nordrhein-Westfalen könnte noch in dieser Woche eine neue Corona-Schutzverordnung für mehr als nur ein paar Hundert Zuschauer erlassen werden. Das Auftaktspiel bestreitet am Freitag (20.30/DAZN und ZDF) Meister FC Bayern München gegen den FC Schalke 04.

Die Öffnung der Stadien dürfe nicht die Öffnung von Schulen und Kitas gefährden, sagte Söder der „Bild“-Zeitung in einem Live-Interview am Sonntagabend. Er bleibe zurückhaltend, der Probebetrieb sei aber möglich. „Wie viele Zuschauer das pro Stadion sind, das muss man noch verhandeln“, sagte der Ministerpräsident.

Nach dpa-Informationen halten es mehrere Bundesländer für nötig, bereits bis Mitte September zu Ergebnissen bezüglich Obergrenzen und Kapazitäten zu kommen. Schleswig-Holsteins Regierung will den Vereinen bereits vor Saisonstart Klarheit über die Zuschauersituation verschaffen. ZDF und „Handelsblatt“ hatten berichtet, dass in der eingesetzten Arbeitsgruppe über eine Auslastungsgrenze von bis zu 40 Prozent der Stadionkapazität gesprochen werden soll. Auch fixe Obergrenzen würden diskutiert.

Regierungssprecher Steffen Seibert sagte am Montag lediglich: „Der Auftrag der Ministerpräsidenten und der Bundeskanzlerin an die Arbeitsgruppe, der gilt weiterhin.“ Auf die Terminfrage ging er nicht ein. Ein entsprechender Beschluss könnte auch Grundlage sein für andere Sportarten, die noch viel mehr unter der Corona-Pandemie zu leiden haben als der Fußball.

„Die Rahmenbedingungen sollten dabei grundsätzlich überall gleich sein“, sagte Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius der „HAZ“. Eine prozentuale Regelung sei dabei „vernünftig“. Es gehe darum, „den Vereinen eine Perspektive zu geben - etwas, woran sie arbeiten können, um wirtschaftlich wieder Fuß zu fassen“.

Die Generalprobe im DFB-Pokal verlief weitestgehend erfolgreich. In Rostock, Chemnitz und Magdeburg jubelten am Sonntag etliche Anhänger auf den Tribünen - auch wenn sich sportlich jeweils die Gäste durchsetzten. Zu den Erkenntnissen gehörte aber auch, dass die Einhaltung der Corona-Regeln hohe Disziplin aller Beteiligten erfordert.

Im Rostocker Ostseestadion, wo der Drittligist Hansa den Bundesliga-Aufsteiger VfB Stuttgart empfing, waren 7500 Fans zugelassen. Auf dem gesamten Gelände war das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes Pflicht, auf den Rängen galten strenge Abstandsregeln. Im Internet verbreitete Videos zeigen, dass diese nicht immer eingehalten wurden. Dennoch: „Es hat Spaß gemacht, wieder eine echte Stadionatmosphäre zu erleben“, sagte VfB-Sportdirektor Sven Mislintat der Deutschen Presse-Agentur.

Der Profi-Fußball kann diese positiven Auswirkungen der Fan-Rückkehr gut gebrauchen. Die Corona-Pandemie „hat sich wie ein dämpfender Schleier über alles gelegt“, sagte Christian Seifert, Geschäftsführer der Deutschen Fußball Liga, im „Kicker“-Interview. „Gleich, ob es um den eigenen Urlaub geht, den Zustand der deutschen Industrie, der Politik, der medizinischen Versorgung und vieles mehr. Mein Eindruck ist, dass Corona uns an vielen Stellen die Leichtigkeit genommen hat (...). Und da Fußball ein Thema von leichter und angenehmer Nebenbeschäftigung für viele Menschen ist, kann es durchaus sein, dass diese Pandemie für den einen oder anderen ein wenig die Vorfreude trübt.“

© dpa-infocom, dpa:200914-99-556606/7

Verweist auf einen Beschluss der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidenten: Regierungssprecher Steffen Seibert. Foto: Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/dpa

Verweist auf einen Beschluss der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidenten: Regierungssprecher Steffen Seibert. Foto: Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/dpa

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Erstellt:
14. September 2020, 14:11 Uhr

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