Finnlands Außenseiter feiern dritten WM-Titel

dpa Bratislava. Finnlands dritter Titel bei einer Eishockey-WM nach 1995 und 2011 war ein Sieg des Kollektivs. Kaum jemand glaubte an den Kader und Trainer Jalonen - der seinen WM-Triumph von 2011 am selben Ort wiederholte. Auch der deutsche Bundestrainer Söderholm hat einen kleinen Anteil.

Finnland schlug Kanada im WM-Finale 3:1. Foto: Jussi Nukari/Lehtikuva

Finnland schlug Kanada im WM-Finale 3:1. Foto: Jussi Nukari/Lehtikuva

Kaum ein Finne glaubte vor gut zwei Wochen an sie, Trainer Jukka Jalonen wurde gar offen angefeindet. Am Montag kehrte die „schlechteste finnische Eishockey-Nationalmannschaft überhaupt“ als Weltmeister und Jalonen als Nationalheld in die Heimat zurück.

Zum zweiten Mal nach 2011 führte der 56-Jährige die Leijonat als Trainer zum WM-Titel - diesmal jedoch mit einem No-Name-Team. „Ich bin einfach nur stolz auf meine Spieler“, sagte Jalonen nach dem Überraschungs-Coup am Sonntagabend gegen Kanada (3:1) in Bratislava.

Dort hatte er schon vor acht Jahren gegen Schweden mit NHL-Größen wie Mikko Koivu triumphiert. Diesmal aber war alles anders. „In Finnland haben sie schon geschrieben, das sei das schlechteste Team, das jemals bei einer WM gespielt hat. Wir haben uns gesagt: Denen zeigen wir es“, sagte Toni Rajala vom EHC Biel voller Genugtuung.

Die ersten Absagen der aktuell größten NHL-Stars des Landes gab schon im Januar. Am Ende bekam Jalonen gerade einmal zwei Spieler aus der besten Liga der Welt zusammen: Die Stürmer Henri Jokiharju von den Chicago Blackhawks und Juho Lammikko von den Florida Panthers. Als Jalonen dazu keinen Spieler vom Meister Hämeenlinnan Pallokerho für die WM berief, wurde er trotz des Titels 2011 für verrückt erklärt.

Jalonen - wie Deutschlands finnischer Bundestrainer Toni Söderholm ein Verfechter des Kollektiv- und Team-Gedankens - nominierte lieber 18 WM-Debütanten. Darunter in Kristian Kuusela einen 36-Jährigen aus Tampere. „Die größte finnische Eishockey-Sensation aller Zeiten ist eine Tatsache: Finnlands unterschätzte Mannschaft mit 18 Debütanten ist Weltmeister!“, schrieb die Zeitung „Hufvudstadsbladet“ am Montag.

„Ihr habt das Unfassbare geschafft. Danke und herzlichen Glückwunsch an eine Eishockey-Mannschaft mit einem großen Herzen“, twitterte Finnlands Präsident Sauli Niinistö. Und Eishockey-Superstar Teemu Selänne, der selbst nie Weltmeister wurde, schrieb: „Ich bin so stolz auf diese Jungs. Unser Land wird das noch lange, lange feiern.“

Zu unterschiedlichen WM-Momenten glänzten ganz unterschiedliche Spieler. Der erst 18 Jahre alte Kaapo Kakko war mit sechs Toren aus den ersten vier Spieler der WM-Shooting-Star. Danach traf der Teenager nicht mehr. Dafür überzeugte in den entscheidenden Spielen der Goalie Kevin Lankinen (24) aus der NHL-Organisation der Chicago Blackhawks, der beim Farmteam Rockford in der zweitklassigen AHL spielt. Wirklich voran ging Kapitän Marko Anttila, der mit dem WM-Pokal im Arm Sonntagnacht in seinen 34. Geburtstag hinein feierte.

Seine vier Tore schoss er alle in den K.o.-Spielen: im Viertelfinale gegen Schweden (5:4 nach Verlängerung), das Siegtor im Halbfinale und doppelt im Finale. „Er ist jetzt ein Nationalheld. Ein unglaublicher Kapitän“, lobte Verteidiger Petteri Lindbohm aus Lausanne.

Auch wenn die genannten Spieler herausragten, mit Ausnahme vom Top-Talent Kakko waren sie zuvor auch in der Heimat kaum bekannt. „Wir hatten vielleicht nicht die besten Einzelspieler, aber wir waren das beste Team. Und nur das gewinnt auch Meisterschaften“, meinte Lindbohm über „eins der größten Dinge in unserem Leben“.

Ganz nebenbei fühlte sich auch der Deutsche Eishockey-Bund mit seiner Trainerwahl noch einmal bestätigt. Die angesprochenen Stärken des finnischen Teams sind exakt die Werte, für die auch der 41 Jahre alte Söderholm eintritt. Auch der Finne wurde von einigen Experten ob seiner Kader-Zusammenstellung für die WM kritisch beäugt, führte das deutsche Team am Ende mit Platz sechs und der vorzeitigen direkten Olympia-Qualifikation aber zur erfolgreichsten WM seit 2010.

Finnland verlor in diesem Jahr nur ein Spiel nach regulärer Spielzeit: gegen Deutschland (2:4). „Wenn wir ein Spiel zu verlieren hatten, dann musste es das sein“, meinte Lindbohm. „Das hat uns einen Extra-Antrieb für die K.o.-Runde gegeben.“ Einen kleinen Anteil hat also auch Söderholm am dritten Titel Finnlands nach 1995 und 2011.

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Erstellt:
27. Mai 2019, 13:12 Uhr

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