Frust, Fan-Wut und ein 0:4 - Schalke vor Konsequenzen

dpa Freiburg. Eine historisch schwache Rückrunde, eine Klatsche zum Abschluss und eine Menschenkette mit der Forderung nach dem Aus für Boss Clemens Tönnies. Die Probleme des FC Schalke 04 sind immens. Rätsel über die Konsequenzen könnten sich erst am Mittwoch lösen.

Waren in der Rückrunde „nicht mehr konkurrenzfähig“: Die Schalker um Trainer David Wagner (M.). Foto: Uli Deck/dpa

Waren in der Rückrunde „nicht mehr konkurrenzfähig“: Die Schalker um Trainer David Wagner (M.). Foto: Uli Deck/dpa

Auf die historisch katastrophale Rückrunde des FC Schalke 04 mit Problemen auf allen Ebenen im Verein soll die große Abrechnung erst verspätet folgen.

Nach der erneuten sportlichen Bankrotterklärung beim 0:4 in Freiburg und der Fan-Wut gegen Boss Clemens Tönnies sollen anders als zunächst geplant die Konsequenzen aus der Saison-Analyse nicht schon am Montag, sondern erst zwei Tage später verkündet und Fragen zur Zukunft beantwortet werden. Offenbar gibt es auf Schalke bis dahin noch einiges zu klären. Schon vorher stellte Trainer David Wagner seiner Mannschaft ein Armutszeugnis aus.

Seine Elf sei, das müsse er ganz ehrlich sagen, in der zweiten Hälfte „nicht mehr konkurrenzfähig“ gewesen, räumte der Coach nach dem erschreckenden Saison-Abschluss ein. Mit allein sportlichen Lehren aus der Schreckens-Serie mit 16 sieglosen Spielen in der Fußball-Bundesliga wird der Verein aber wohl nicht wieder zur Ruhe finden.

Der Aufsichtsratsvorsitzende Tönnies ist für viele Fans nicht mehr tragbar. Ihrem Ärger gegen Tönnies und den Vereinsvorstand machten rund 1000 Fans am Samstag zeitgleich mit dem restlos schwachen Auftritt im Breisgau bei einer Demonstration am Vereinsgelände Luft. „Leitbild achten Vorstand entmachten!“, war ein Motto auf einem Banner. „Der größte Bulldozer hilft nicht mehr! Tönnies raus!“, lautete an anderer Stelle die eindeutige Forderung.

Unter Einhaltung von Hygieneregeln bildeten die Protestler, darunter auch der frühere UEFA-Cup-Sieger Yves Eigenrauch, eine Menschenkette. „Als Schalker musste man sich in letzter Zeit schämen. Das hat mit Kumpel- und Malocherclub nichts mehr zu tun“, sagte Mitorganisatorin Katharina Strohmeyer. „Wir erwarten, dass die Vereinsführung unser Leitbild lebt. Wenn nicht, brauchen wir einen Neuanfang.“

Mit den massenhaften Corona-Fällen sorgt der Fleisch-Unternehmer Tönnies für eine zusätzlich belastende Affäre. Auch die Vorstände Alexander Jobst und Jochen Schneider sind aufgrund des unglücklichen Agierens in der Corona-Krise in der Kritik. Sportvorstand Schneider hatte Trainer Wagner zuletzt den Rücken gestärkt, gemeinsam wollen beide am Montag die künftige Ausrichtung präsentieren. Wagner wird wohl trotz der Rückrunde im Stile eines Absteigers und des nächsten Tiefpunkts in Freiburg weitermachen.

„Einen Rücktritt wird es nicht geben“, stellte der 48-Jährige klar. „Ich bin Schalker - Schalker kämpfen, Schalker wissen, dass es harte Zeiten gibt.“ Ein Rücktritt sei für ihn außerhalb jeglicher Vorstellungskraft. „Ich glaube, das Vertrauen der Mannschaft ist unbestritten. Dass es eine Hypothek ist, ist keine Frage. Eine sehr, sehr große, das ist auch überhaupt keine Frage.“

Selbst in einem für die Freiburger bedeutungslosen Spiel blieb seine Elf am Ende chancenlos. Ein schwaches Abwehrverhalten und die Unsicherheit waren bei den Gegentoren von Luca Waldschmidt (20./57. Minute), Jonathan Schmid (38.) und Lucas Höler (46.) offensichtlich. „Dass wir uns so abschießen lassen, ist unverständlich. Das ist eine Katastrophe!“, schimpfte Kapitän Daniel Caligiuri. „Wir sind jetzt teilweise froh, dass die Scheiß-Rückrunde vorbei ist.“

Nur am ersten Spieltag der Rückrunde, am 17. Januar, haben die Königsblauen in diesem Jahr gewonnen. Neun Tore, zehn Niederlagen und sechs Unentschieden unterstreichen die grausame Bilanz, nur aufgrund der starken Hinrunde gab es keine Abstiegssorgen. In den neun Spielen nach dem Wiederanpfiff der Liga holte Schalke nur zwei Punkte - die schwächste Ausbeute aller Teams. „Nächstes Jahr muss die Mannschaft richtig aufgestellt werden“, forderte Caligiuri.

Dass Freiburgs Alexander Schwolow wie von der „Bild“ berichtet zur kommenden Saison Nachfolger des zum FC Bayern München abwandernden Torhüters Alexander Nübel wird, bestätigte Wagner am Samstag nicht. Auch auf die nach Medienberichten angeblich anstehende Trennung von den Athletik- und Konditionstrainern Bob Schoos und Klaus Luisser als Folge der Verletztenmisere mit bis zu zehn Ausfällen wollte der Coach nicht eingehen. Beides dürfte nur ein Anfang der Konsequenzen sein. Wagner verwies auf Antworten in der kommenden Woche.

© dpa-infocom, dpa:200628-99-592373/4

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Erstellt:
28. Juni 2020, 12:44 Uhr

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