Hopp-Schmähungen überschatten Union-Punktgewinn

dpa Berlin. Union Berlin und der VfL Wolfsburg trennen sich mit einem Unentschieden. Doch das Sportliche gerät schon wieder in den Hintergrund. Erneut wird Hoffenheim-Mäzen Dietmar Hopp beleidigt. Ein VfL-Profi fordert härtere Maßnahmen.

Wolfsburgs Maximilian Arnold (l) kämpft mit Unions Yunus Malli um den Ball. Foto: Andreas Gora/dpa

Wolfsburgs Maximilian Arnold (l) kämpft mit Unions Yunus Malli um den Ball. Foto: Andreas Gora/dpa

Mit Schmähungen gegen Dietmar Hopp und einem provozierten Fast-Abbruch haben Anhänger des 1. FC Union den Machtkampf gegen den DFB verschärft und auch die heile Fanwelt bei den Berlinern angekratzt.

Den Applaus für den Punktgewinn beim 2:2 gegen den VfL Wolfsburg holten sich Profis vor der Heim-Tribüne zwar noch ab - kritisierten die diffamierenden Proteste aber deutlich.

„Das hat im Fußball nichts zu suchen, das gehört einfach nicht ins Stadion, das gehört nirgendwohin“, sagte Abwehrspieler Marvin Friedrich und schilderte die flehentlichen Versuche, die Fans während der Partie am Sonntag zum Einlenken zu bewegen. „Man sucht die Verantwortlichen, die Capos, die das Mikrofon haben, dass man die erreicht, dass so eine Scheiße im Stadion nichts zu suchen hat und dass die Plakate sofort runtergenommen werden sollen.“

In der ersten Halbzeit schlossen sich zahlreiche Anhänger der Berliner dem wütenden Protest gegen den Deutschen Fußball-Bund an und nahmen dafür Hoffenheim-Mäzen Hopp via Plakat ins Fadenkreuz. Die Partie war wie schon das Duell des FC Bayern bei der TSG 1899 Hoffenheim gleich zweimal unterbrochen, die Teams standen kurz vor der Halbzeit minutenlang im Kabinengang. „Ich habe null Akzeptanz für so etwas“, sagte VfL-Profi Maximilian Arnold. „Ich würde das Spiel beim ersten Vergehen sofort abbrechen, damit die Leute das lernen.“

Union-Präsident Dirk Zingler warb für eine differenzierte Sichtweise. Diffamierung von Menschen verurteile er „aufs Schärfste“, die Form des Fanprotests sei „in ihrer Symbolik nicht geeignet, für Fananliegen zu werben“, sagte der Clubchef in einer Vereinsmitteilung am Sonntagabend. Das Recht zur freien Meinungsäußerung sei „ein hohes Gut in unserer Gesellschaft, das auch vermeintliche Geschmacklosigkeiten einschließt“, betonte Zingler. „Es darf selbstverständlich dazu genutzt werden, kritikwürdige Zustände im Fußball anzusprechen. Aber die Unantastbarkeit der Würde des Menschen ist die Grundlage unseres Zusammenlebens, diese gilt es zu schützen.“

Kapitän Christopher Trimmel sprach länger mit einem Vorsänger und begrüßte es anschließend, „dass wir da gemeinsam reingehen und das Spiel unterbrechen. Man muss irgendwie dagegen lenken.“ Der Verein, der einen sehr intensiven Dialog mit seinen organisierten Fans pflegt, wird dies nach Ansicht des Österreichers auch weiter tun. „Man sieht ja, dass wir nicht die einzigen sind, die das Problem haben. Deshalb muss da insgesamt etwas passieren, so dass man wieder ein schönes Fußballspiel sieht.“

Das Sportliche rückte erst in der zweiten Halbzeit wieder in den Fokus: Zwar verpasste Union trotz einer 2:0-Führung den dritten Sieg aus den vergangenen vier Ligaspielen, hat aber beruhigende neun Punkte Vorsprung auf den Relegationsplatz und konnte die zuletzt starken Wolfsburger bei der Verfolgungsjagd auf die Europapokalplätze ein wenig bremsen. Jeweils per Kopf trafen Sebastian Andersson (41. Minute) und Marvin Friedrich (57.) für die Köpenicker. Ebenfalls per Kopf sorgten Yannick Gerhardt (60.) und Wout Weghorst (81.) noch für das 2:2. „Ich muss ehrlich sagen, dass wir sehr gut zurückgekommen sind und am Ende verdient den Punkt holen“, sagte Weghorst. „Ich finde, dass wir die bessere Mannschaft gewesen sind.“

Beherrschendes Thema war aber lange Zeit wie schon an anderen Bundesliga-Standorten der eskalierende Streit der Fans mit dem DFB. Zunächst kritisierten die Anhänger hinter dem Union-Tor auf Plakaten den Verband: „2017 Kollektivstrafen abgeschafft, nun Hopp hofiert und zwei Schritte zurück gemacht!“ Die Partie war für wenige Momente unterbrochen. Nachdem wenig später Hopp diffamiert wurde, schickte Schiedsrichter Bastian Dankert die Teams vom Feld.

Union-Manager Oliver Ruhnert wurde deutlich. „Das ist ein absolutes No-Go“, sagte er in der Halbzeitpause bei DAZN zu den Anfeindungen gegen Hopp. „Persönliche Beleidigungen oder Verunglimpfungen sind einfach nicht akzeptabel. Da sind wir uns einig.“

Die Berliner Ultra-Gruppierung „HammerHearts 2004“ rechtfertigte sich umgehend in einer längeren Stellungnahme. „Der Doppelhalter (...) ist keine Morddrohung. Er ist aber ganz klar provokant und kritisiert eine Person und eine stetige Entwicklung. Heute steht er jedoch vor allem entgegen schleichender Zensur und für die Ausdrucksfreiheit der Kurven“, stand darin.

Für die erste Kritik am DFB äußerte Ruhnert noch Verständnis. „Dass man Kritik an Dingen äußert, sachlich, da muss man auch bereit sein, kritische Worte zu akzeptieren.“ Er habe allein deshalb „keinen Grund“ gesehen, einzugreifen, sagte er. „Dann muss ich jedes Spiel unterbrechen.“

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Erstellt:
1. März 2020, 15:36 Uhr

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