Hütchenspiele und Händchenhalten: Löw stärkt den Teamgeist

dpa Hamburg. Joachim Löw bereitet die Nationalspieler mit Fangspielchen auf den Klassiker gegen Holland vor. Die Strategie des Bundestrainers zielt auf gute Laune ab. Bei Wortführern aus Dortmund und München kommt das gut an. Marco Reus fände drei Punkte gegen Oranje „geil“.

Bundestrainer Joachim Löw hatte im Training den kompletten Kader dabei. Foto: Christian Charisius

Bundestrainer Joachim Löw hatte im Training den kompletten Kader dabei. Foto: Christian Charisius

Mit gelben, roten und weißen Plastikhütchen flitzen Marco Reus und die Kollegen über den Rasen am Millerntor. Dann ordnet Joachim Löw für die Fußball-Nationalspieler noch ein launiges Spielchen mit Händchenhalten in Kleingruppen an.

Lautes Gelächter schallt durch das Stadion des Zweitligisten FC St. Pauli. Vor dem brisanten Duell um drei wichtige Punkte in der EM-Qualifikation am Freitag (20.45 Uhr/RTL) gegen den ewigen Rivalen Niederlande setzt der Bundestrainer ganz bewusst auf einen guten Teamgeist.

„Es ist in der Mannschaft eine große Aufbruchstimmung zu spüren. Die letzten Male hatten wir eine sehr, sehr positive Stimmung und einen sehr guten Spirit“, sagte Löw. Abwehrchef Niklas Süle fand die für erwachsene Männer recht ungewöhnliche Gute-Laune-Aktion auch klasse. „Ich glaube, der Teamspirit innerhalb der Mannschaft ist schon sehr gut. Wir haben eine gute Mischung aus Erfahrung und Talenten. Ich finde, dass wir eine gute Truppe haben“, sagte der 24-Jährige vom FC Bayern. Der neben ihm sitzende BVB-Kapitän Marco Reus, mit 30 Jahren einer der Ältesten im Löw-Kader, stimmt grinsend zu: „Richtig, danke.“

Im zweiten Jahr nach dem WM-Desaster in Russland bilden sich in der Nationalmannschaft zum Start in die EM-Saison weiter neue Hierarchien heraus. „Der Umbruch ist bisher sehr positiv verlaufen“, konstatierte DFB-Direktor Oliver Bierhoff. Dabei wird auch die verschärfte Konkurrenzsituation in der Bundesliga widergespiegelt: Der FC Bayern (5 Akteure), Borussia Dortmund (3) und RB Leipzig (3) stellen die größten Fraktionen 22-Mann-Aufgebot zum Start in die EM-Saison. Ließ Löw vielleicht auch deshalb Joshua Kimmich, Nico Schulz und Marcel Halstenberg Hand in Hand zum Laufduell antreten?

„Im letzten Jahr haben wir begonnen, den Umbruch einzuleiten und den wollen wir auch weitergehen“, sagte Löw nach seiner Kadernominierung in der vergangenen Woche. Dass das Gebilde sportlich trotz makelloser Siegbilanz in der EM-Qualifikation noch sehr fragil ist, weiß auch der Bundestrainer. „Die Mannschaft in ihrer Geschlossenheit, in ihrer Motivation ist auf einem guten Weg. Aber es sind schon noch einige Hürden zu nehmen, um Stabilität zu haben“, sagte der 59-Jährige. Eine Heimniederlage gegen Holland würde ein Dämpfer beim Neuaufbau sein.

Reus freute sich derweil, dass er kein BVB-Einzelkämpfer mehr ist und in Schulz und Julian Brandt zwei neue Dortmunder im DFB-Kader an seiner Seite hat. „Ich habe mich sehr gefreut, wieder Zuwachs bekommen zu haben aus den eigenen Reihen. Das tut sehr gut“, sagte er. Süle hatte das DFB-Podium als Vertreter der bajuwarischen Mehrheitsfraktion da am Mittwochmittag schon wieder verlassen.

Gegen die wieder erstarkten Holländer wird es nach dem Hinspiel-Coup mit dem emotionalen Last-Minute-3:2 im März in Amsterdam auch auf einen perfekten Zusammenhalt ankommen. „Zweimal verlieren wollen die auch nicht“, sagte Brandt zum Rivalitätsgedanken mit Oranje. „Die Niederländer sind flexibel, variabel, schnell und abgezockt vor dem Tor. Da müssen wir aufpassen und hellwach sein. Es wird ein Duell auf Augenhöhe, das wir hoffentlich für uns entscheiden werden“, betonte Kapitän Manuel Neuer.

Der Bayern-Schlussmann ist als einer von nur drei verbliebenen Weltmeistern von 2014 im aktuellen Kader ein automatischer Anführer im Nationalteam. Zu denen gehört mittlerweile auch Reus. „Frischen Wind“ und „frisches Blut“ hätte die junge Generation ins Nationalteam gebracht, meinte Reus. „Du denkst nicht so viel nach. Das tut der Mannschaft immer gut, deshalb sind die Spieler herzlich willkommen. Sie bringen uns extrem weiter“, sagte der Dortmunder.

Als Kind des Ruhrgebietes verglich Reus die Bedeutung des schon vierten Holland-Duells innerhalb von nur elf Monaten fast mit dem Revierderby zwischen Dortmund und Schalke. „Das sind große Spiele. Das sind Klassiker. Da steht man auf dem Platz und denkt, geil! Da gibt es nichts Schöneres, als als Sieger den Platz zu verlassen.“

Mit einem Sieg würde Deutschland nicht nur den kommenden Gegner Nordirland rechtzeitig vor der Partie am Montag in Belfast vom Spitzenplatz der Gruppe C verdrängen, sondern bei dann neun Punkten Vorsprung den großen Rivalen Holland auf dem Weg zur EM-Endrunde fast schon entscheidend distanzieren. „Wir sind auf einem guten Weg und den wollen wir weiterführen“, sagte Reus.

DIE VORAUSSICHTLICHE AUFSTELLUNG:

Neuer - Ginter, Süle, Tah - Klostermann, Kimmich, Kroos, Schulz - Gnabry, Reus, Werner

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Erstellt:
4. September 2019, 14:20 Uhr

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