Imke Wübbenhorst wird Trainerin bei Viertligist Lotte

dpa Lotte. Eine neue Alice Schwarzer will sie nicht sein, versichert Imke Wübbenhorst immer wieder. Als neue Trainerin von Männer-Viertligist Lotte kann sie sich nun beweisen. Und will dabei vor allem über Fußball sprechen.

Trainerin Imke Wübbenhorst übernimmt den Regionalligisten Sportfreunde Lotte. Foto: Daniel Karmann/dpa

Trainerin Imke Wübbenhorst übernimmt den Regionalligisten Sportfreunde Lotte. Foto: Daniel Karmann/dpa

Für ihren großen Traum vom Trainer-Posten in der Fußball-Bundesliga hat Imke Wübbenhorst vieles aufgegeben. Von ihrem Job als Gymnasial-Lehrerin hat sie sich beurlauben lassen. Sogar ihre Wohnung hat sie gekündigt.

Oft schlief sie im Auto oder bei Freunden auf dem Fußboden. Sie vermisste vor allem Dalmatinerin Baila und fragte sich, „ob ich demnächst kellnern gehen muss“. Aber sie wollte unbedingt den Fußball-Lehrer-Lehrgang absolvieren.

Das Wort „Lehrerin“ kommt in der dortigen Beschreibung übrigens noch nicht vor. Imke Wübbenhorst war die einzige Frau unter 25 Teilnehmern wie Ex-Nationalspieler Tim Borowski, mit dem sie eine Fahrgemeinschaft bildete. Sie war in Cloppenburg schon die erste Chef-Trainerin eines männlichen Oberligisten, seit Freitag ist sie ihrem großen Ziel noch ein Stück näher gekommen - die 31-Jährige wurde nämlich beim Viertligisten Sportfreunde Lotte vorgestellt.

„Ich habe viel Zeit und Entbehrung in mein großes Ziel gesteckt“, sagte Wübbenhorst: „Jetzt kann ich endlich hauptberuflich das tun, was ich gerne tue. Das ist die Möglichkeit, mich zu beweisen. Ich erwarte sehr viel von mir und bin sehr enthusiastisch.“

Beim langjährigen Drittligisten Lotte, aktuell Zehnter der Regionalliga West, habe die Chemie sofort gestimmt, versicherte die Ostfriesin. Am meisten beeindruckt habe sie, dass in den Gesprächen „meine Spielphilosophie im Fokus stand und es die ganze Zeit um Fußball ging.“ Und eben nicht darum, dass sie eine Frau ist. „Dass diese Fragen immer kommen, ist verständlich. Ich hoffe, dass das nicht lange der Fall sein wird“, sagte sie: „Ich rede gerne über Fußball. Und ich würde mich freuen, wenn ich in Zukunft mehr Fragen über Fußball beantworten dürfte.“

Doch sie ist, ähnlich wie Bibiana Steinhaus bei den Schiedsrichtern, eben eine Pionierin wider Willen. „Ich möchte eigentlich einfach nur eine Trainerin sein, keine neue Alice Schwarzer“, sagte Wübbenhorst dem „Weser-Kurier“.

Ein paar Monate nach ihrem Einstieg in Cloppenburg folgte Inka Grings beim Viertligisten SV Straelen. Nach dem Abstieg in die Oberliga blieb Grings und steht nun vor dem Wiederaufstieg. In Cloppenburg machte Wübbenhorst mit ihrer forschen und gleichzeitig offenen Art auf sich aufmerksam. Sportlich konnte sie mit einer überforderten Mannschaft wenig bewirken. Diese erste Aufgabe sei keine echte Chance, ja sogar eine „Nicht-Chance“, sagte sie später. Gelernt habe sie dort aber, „dass es keinen Unterschied gibt, ob man Frauen oder Männer trainiert“, sagte sie nun: „Es gibt überall Rädelsführer und immer welche, die sich über alles beschweren. Aber es gab keine Probleme. Und ich bin sicher, dass es auch hier keine geben wird.“

Die zweimalige U19-Europameisterin und frühere Bundesliga-Spielerin des Hamburger SV und von Cloppenburg ärgert sich, wie dick die Bretter sind, die sie bohren muss. Aber sie ist schlagfertig genug, um sich zu behaupten. Als sie gefragt wurde, ob sie eine Sirene auf dem Kopf tragen werde, damit ihre Spieler schnell eine Hose anziehen könnten, bevor sie in die Kabine komme, antwortete sie: „Ich bin Profi. Ich stelle nach Schwanzlänge auf.“ Das Zitat wurde der Fußballspruch des Jahres 2019.

In Lotte wurde sie jedenfalls schon mal sehr herzlich begrüßt. „Viel Erfolg und herzlich willkommen, Imke!“, schrieben die „Freibier Ultras Lotte“ bei Facebook.

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Erstellt:
17. April 2020, 13:01 Uhr

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