Basketball-Bundesliga

John Patricks emotionaler Abschied bei den MHP Riesen Ludwigsburg

Nach fast zehn Jahren verlässt der Basketball-Coach den Bundesligisten in Richtung Japan. Beim Abschied hieß es: „Ludwigsburg vermisst dich!“

Sayonara John Patrick

© Pressefoto Baumann/Julia Rahn

Sayonara John Patrick

Von Joachim Klumpp

John Patrick sagt Sayonara. Eines der wenigen japanischen Worte, das vielleicht auch in Deutschland ein Begriff ist und übersetzt auf Wiedersehen bedeutet. Auf Wiedersehen Ludwigsburg in diesem Fall. Wobei es ja noch den gleichnamigen Film gibt mit Marlon Brando, der unter dem Genre Liebesdrama läuft. Irgendwie passt das in diesem Zusammenhang alles, denn nach knapp zehn Jahren verlässt der Basketball-Trainer Patrick die MHP Riesen, was am Mittwochabend beim offiziellen Abschied im Rahmen eines Sponsorenabends doch sehr emotionale Züge annahm. Der Vorsitzende Alexander Reil bekannte: „Ich werde dich vermissen, Ludwigsburg wird dich vermissen.“ Ehre, wem Ehre gebührt.

Denn kein Trainer zuvor in der nunmehr 62-jährigen Geschichte des Vereins kann solche Meriten vorweisen: zuletzt dreimal Halbfinale, einmal Vizemeister, zweimal im Final Four der Champions Legaue. „Gefürchtet – und stolz darauf“, dieses Motto der Riesen hat John Patrick maßgeblich geprägt. Nicht nur durch seine Erfolge auf dem Parkett, auch durch seinen intensiven, von Defensive geprägten Spielstil, der bei vielen selbst international renommierten Trainern nur eine Reaktion hervorrief: „Es ist undankbar, gegen Ludwigsburg zu spielen.“

Selbst für manch eigenen Spieler. Denn der 54-jährige US-Amerikaner (inzwischen auch mit deutschem Pass) gab zum Schluss zu: „Es war nicht immer leicht unter mir, ich habe viel von den Spielern gefordert.“ Doch die meisten Profis haben mitgezogen, weil sie wussten, dass letztendlich sie davon profitieren. Patrick führte gleich mehrere Akteure in die Königsklasse Euroleague und selbst bis in die NBA. Die MHP Riesen wurden zum Sprungbrett für höhere Aufgaben, auch das ist ein Markenzeichen.

Dabei konnte sich Patrick all die Jahre stets auf die Rückendeckung des Vorsitzenden Reil verlassen. Der nach dem allerersten Gespräch mit dem Coach, nach eineinhalb Stunden damals in einem Café in Würzburg, spontan feststellte: „Wir sind auf derselben Wellenlänge.“ Was nicht heißen soll: immer einer Meinung. Denn gerade bei dem einen oder anderen Transfer, der erst angeheuert und dann gleich gefeuert wurde, verzweifelten auch die Verantwortlichen manchmal an Patrick. Aber nur kurz. Denn wie sagte Reil: „Im Profisport zählt nur der Erfolg.“

Und den hatte Patrick, der bei den Riesen Trainer des Jahres in der Champions League wurde, und gemessen an den wirtschaftlichen Möglichkeiten des Clubs der „erfolgreichste Trainer der Bundesliga ist“, wie Reil noch schnell einen Superlativ prägte. Doch alles hat ein Ende. Patrick sucht eine neue Herausforderung in Japan (Chiba Jets), die erst im Oktober beginnen soll und ihm damit die so dringend nötige „Sommerpause“ ermöglicht. Sein Vorteil: Er beherrscht die Landesprache nach einem ersten Gastspiel 2005/06, was für einen ausländischen Coach ein Alleinstellungsmerkmal sein dürfte, womit er sich auch finanziell nicht verschlechtern wird. Es sei Patrick vergönnt, der in den nächsten Wochen noch als Berater der Riesen fungieren will.

Zuvorderst in der Nachfolgefrage, in der nur noch Formalien mit Josh King geklärt werden müssen. „Ich hoffe auf eine Einigung in den nächsten zehn Tagen“, so Reil. Der erst 36-jährige US-Amerikaner war drei Jahre lang Assistent unter Patrick bei den Riesen und zuletzt bei USK Prag unter Vertrag, auch wenn er dort nicht durch sportliche Titel auffiel. Aber King war oft bei der Spielerauswahl involviert und maßgeblich an der Verpflichtung eines gewissen Jaleen Smith aus Heidelberg beteiligt, der die Riesen als MVP in Richtung Alba Berlin verließ.

„Ich werde Ludwigsburg immer im Herzen tragen“, sagte John Patrick, und zumindest die Familie – vielleicht auch die Söhne Johannes und Jacob – bleiben der Barockstadt treu. Und wer weiß, was noch kommt? Wie sagte Reil am Mittwoch noch zu Sean-Connery-Fan Patrick in Anlehnung an einen von dessen Filme: „Never say never again“, sag niemals nie. Zuvor hatten sich die beiden kongenialen Partner übrigens ganz privat verabschiedet, zu Hause bei Reil vor dem Fernseher. Mit Chips und Bier – nicht Sushi.

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Erstellt:
9. Juni 2022, 16:42 Uhr
Aktualisiert:
9. Juni 2022, 22:11 Uhr

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