Judofrauen der TSG Backnang holen nach Herzschlagfinale den Titel

Die Backnangerinnen sind mit einem 8:6-Sieg gegen den Gastgeber JSV Speyer erneut der deutsche Mannschaftsmeister der Frauen. Nach 2017, 2018, 2021 und 2022 ist es insgesamt der fünfte Titel und der dritte in Folge für das Team von Trainer Jens Holderle. Allerdings erst im letzten Kampf stand dieser nach einem spannenden Verlauf fest.

Die Backnanger Judofrauen bejubeln mit den Goldmedaillen und mit dem Siegerpokal den Titelgewinn. Foto: Seán McGinley

© Seán McGinley

Die Backnanger Judofrauen bejubeln mit den Goldmedaillen und mit dem Siegerpokal den Titelgewinn. Foto: Seán McGinley

Von Katharina Riener

Unter Hochspannung standen Teams und Zuschauer beim Finalturnier der Frauen-Bundesliga im Judomaxx in Speyer. In der zweiten Halbzeit des Herzschlagfinales gegen die Gastgeberinnen drehten die Backnanger Kämpferinnen einen 4:6-Rückstand zum 8:6-Sieg. Dass sich beide Teams ein Duell auf Augenhöhe liefern würden, ließ sich schon im Halbfinale erahnen. Die Backnanger holten einen 12:2-Sieg gegen den JC Bottrop. Der JSV Speyer gewann ebenfalls mit 12:2 gegen den JC Wiesbaden.

Neben der niederländischen Nummer eins Sanne van Dijke (Gewichtsklasse bis 70 Kilogramm) waren es drei Nachwuchskämpferinnen aus der württembergischen Talentschmiede, die den Sieg für das TSG-Team sicherten: Backnangs Vizeweltmeisterin Katharina Menz (bis 48), 2021-Weltmeisterin Anna-Maria Wagner (über 78) aus Ravensburg und Alina Böhm (bis 78).

Die Europameisterin 2022 aus Böbingen an der Rems machte den entscheidenden letzten Punkt und Backnang damit erneut zum deutschen Meister. „Ich bin unfassbar happy und total stolz, ein Teil dieses Hammerteams zu sein“, erzählt die 25-jährige Sportsoldatin. „Obwohl wir gleich am Anfang zurücklagen, sind wir alle cool geblieben und haben das Ding noch gerockt und uns als Favorit behauptet, obwohl Speyer es uns echt schwer gemacht hat.“

Die Backnangerinnen liegen zu Beginn des Finales mit 0:3 zurück

In den ersten drei Kämpfen unterlagen die Backnangerinnen Amelie Stoll (bis 57), Nathalie Kolein (bis 52) und Lubjana Piovesana (bis 63) den Nationalteamzwillingen Seija und Mascha Ballhaus und der niederländischen Geke van den Berg. 3:0 hieß es somit für den JSV Speyer. Es war kein guter Start für das TSG-Team, doch Trainer Jens Holderle und seine Kämpferinnen wussten damit umzugehen. Holderle erzählt: „Ich kalkuliere immer pessimistisch, also habe ich Katharina Menz schon vorher gesagt: Wenn es schlecht läuft, könnten wir 0:3 hinten liegen. Stell dich darauf ein, die Halle wird kochen.“ Und so kam es dann auch.

Vor der Übermacht der Speyerer Fans gewann Katharina Menz gegen Jessica Lindner und leitete damit souverän die Wende für die TSG ein. Anna-Maria Wagner zog dann im Schwergewicht nach, sie bezwang die Ukrainerin Yelyzaveta Lytvynenko, gegen die Wagner beim Judo World Masters im August noch verloren hatte. Weltranglistenzweite Sanne Lisa van Dijke rang die Speyerin Jill Trenz in unter einer Minute nieder. Noch etwas schneller war Alina Böhm mit Teresa Zenker. Zur Pause hatte sich Backnang mit 4:3 in Führung gebracht.

Der zweite Durchgang startete dann gleich wie der erste. Amelie Stoll (bis 57) sowie die eingewechselten Chiara Serra (bis 52) und Pleuni Cornelisse (bis 63) unterlagen gegen den unveränderten JSV-Kader. Nach drei Kämpfen stand es 6:4 für die Gastgeberinnen und bei den Backnanger Fans lagen die Nerven blank. Trotzdem wurde weiter angefeuert.

Wieder war es Katharina Menz, die der Speyerer Siegesserie ein Ende bereitete. Anna-Maria Wagner brachte ihrem Team dann den Ausgleich und Sanne van Dijke die Führung. Schließlich hing alles an der Neuauflage des Kampfs zwischen Alina Böhm und Teresa Zenker. Und die beiden machten es im zweiten Durchgang deutlich spannender. Nach über drei Minuten Zitterpartie gelang Alina Böhm einen Haltegriff, mit dem die TSG mit 8:6 gewann und somit erneut deutscher Meister ist.

„Es war schon ein enormer Druck“, so Böhm. Wenn die Reihenfolge der Gewichtsklassen ausgelost wird, hofft niemand, als Letztes dranzukommen, schließlich hat man dann alles in der Hand. „In der Bundesliga ist das noch mal besonders stark, weil es eben nicht nur um einen selbst geht, sondern das Ergebnis für das ganze Team von einem abhängt“, erklärt Böhm, andererseits gebe das Team einem in so einer Situation auch Halt. „Ich bin dafür bekannt, dass ich einen kühlen Kopf bewahren kann. Ich bin einfach so froh, dass mir das im Finale auch geglückt ist.“ Nach ihrem Sieg, so Böhm, „ist mir ein Riesenstein vom Herzen gefallen. Ich bin so stolz auf uns alle.“

So geht es auch Trainer Jens Holdere: „Alles, was vorher war, gerät nach diesem Herzschlagfinale schnell in Vergessenheit, aber den Titel haben auch die Kämpferinnen geholt, die heute nicht gegen Speyer auf der Matte standen, uns aber als Erster durch die Vorrunde, die Play-offs und das Halbfinale gebracht haben.“

Amelie Stoll verabschiedet sich von der TSG und von der Judobühne

Das Zünglein an der Waage waren letztlich auch die Kämpferinnen, die sich für den Sieg des Teams beim Finalturnier selbst in den Schatten gestellt haben. Darunter Schwergewicht Renée Lucht, deren Einsatz gegen Lytvynenko im zweiten Durchgang des Finales eigentlich fest geplant war. Nach dem Sieg von Wagner gegen Lytvynenko bat sie Coach Holderle, zurückzutreten und Wagner ein zweites Mal das Feld zu überlassen. Lucht rechnete ihrer Teamkollegin höhere Gewinnchancen aus und schließlich war der Punkt für die Mannschaft zu wichtig, um es darauf ankommen zu lassen.

Genau so etwas zeichnet für Holderle die Backnanger Mannschaft aus, „dass alle geschlossen zueinanderstehen und zusammen auf ein Ziel hinarbeiten“. Dafür durften sich die TSG-Kämpferinnen nun mit Gold belohnen. Ein schöner Abschied für Amelie Stoll, die das Team nach vielen erfolgreichen Jahren verlässt. Grund dafür ist ein Prioritätenwechsel hin zum Privatleben. Auch wenn Stoll in ihrer letzten Bundesliga-Begegnung Selja Ballhaus nicht bezwingen konnte, die Abschlussvorstellung war sehenswert.

Zum Artikel

Erstellt:
18. September 2023, 06:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Lesen Sie jetzt!

Rems-Murr-Sport

4. Run & Jump der LG Weissacher Tal: Zwischen Enttäuschung und Freude

Die Teilnehmerzahl bleibt bei der vierten Auflage des Leichtathletikmeetings mit 110 Meldungen hinter den Hoffnungen der Veranstalter zurück. Doch viel Lob für die Ausrichtung und gute Ergebnisse heben die Stimmung deutlich.

Rems-Murr-Sport

Laufcup Schwäbisch Fränkischer Wald: Zum Auftakt gibt es zwei Außenseitersiege

Mit dem 10-Kilometer-Rennen im Rahmen der Limesläufe in Welzheim ist die Serie mit vier 10-Kilometer-Läufen gestartet. Oliver Kopp aus Rudersberg nutzt das Fernbleiben einiger Favoriten, während Linda Grau aus Iggingen überraschend Sandra Burkhardt ein Schnippchen schlägt.

Rems-Murr-Sport

TSG Backnang: Mit Trippelschritten an das rettende Ufer

Der Fußball-Oberligist aus den Etzwiesen bleibt mit dem 1:1 im Heimspiel gegen den ATSV Mutschelbach bereits zum fünften Mal in Folge sieglos.Es ist in dieser Phase aber immerhin das dritte Unentschieden, weshalb die Zweifel am Klassenverbleib allenfalls noch theoretischer Natur sind.