Kellerkind zieht die Reißleine

Backnangs Fußball-Oberligist trennt sich von Andreas Lechner – Co-Trainer Darko Milosevic übernimmt beim Drittletzten vorläufig

Diese Niederlage war zu viel. Nach dem 0:2 beim Schlusslicht FC Germania Friedrichstal trennte sich Backnangs Fußball-Oberligist von Trainer Andreas Lechner. Vorstandsmitglied Marc Erdmann beteuert, dass ihm die Entscheidung wehtut, der Verein aber einen Impuls setzen will. Nach acht sieglosen Spielen in Folge benötigt die TSG dringend eine Trendwende. Wer die einleiten soll, ist unklar. Ein Lechner-Nachfolger wird noch gesucht.

Enttäuscht über sein Aus in den Etzwiesen: Trainer Andreas Lechner, von dem sich die TSG nach dem 0:2 in Friedrichstal getrennt hat. Foto: T. Sellmaier

© Tobias Sellmaier

Enttäuscht über sein Aus in den Etzwiesen: Trainer Andreas Lechner, von dem sich die TSG nach dem 0:2 in Friedrichstal getrennt hat. Foto: T. Sellmaier

Von Uwe Flegel

Ein Blick ins Gesicht von Marc Erdmann spricht Bände: Das für die erste Mannschaft der TSG zuständige Vorstandsmitglied hat nicht gut geschlafen. Die 0:2-Niederlage in der Karlsruher Ecke und ihre Folgen haben ihm eine denkbar schlechte Nacht beschert. „Die Entscheidung tut mir grundsätzlich und auch menschlich weh, aber die Leistung von Friedrichstal war Anlass, die Situation neu zu bewerten“, begründet er, warum sich der Drittletzte nun doch vom Coach getrennt hat. Denn in der Vorwoche hatte der Klub Andreas Lechner noch das Vertrauen ausgesprochen. Nach der Niederlage im Kellerduell war das Geschichte. „Zu statisch, ideenlos, fehlerhaft“, urteilt Erdmann über die 90 Minuten und sagt bitter enttäuscht: „Ich habe die Elf selten so schwach gesehen.“ Es fällt das Wort „unterirdisch“ und Unverständnis über einen solchen Auftritt: „Was mich vor allem wurmt, das ist die Art und Weise.“

Ein Satz, der auch vom bisherigen Trainer kommt, wenn es darum geht, dass ihm der Stuhl vor die Tür gestellt wurde. „Die Art und Weise war nicht okay“, sagt Andreas Lechner dazu. Der 41-Jährige erinnert an die Rückenstärkung von Klubseite vor einer Woche und fügt an: „Fünf Tage später war das Vertrauen weg.“ Wobei der bisherige Coach weiß, dass sein Team in den vergangenen Wochen alles andere als überzeugt hat und im Fußball vor allem Ergebnisse zählen. Die stimmten eigentlich nur zu Beginn der Saison und im Pokal, in dem die Etzwiesenelf trotz starker Gegner wie Oberliga-Spitzenreiter Stuttgarter Kickers oder dem Drittligisten VfR Aalen im Viertelfinale steht. In der Punktrunde wartet der Verein jedoch seit dem 15. September (3:1 gegen Göppingen) auf einen Sieg. Mit nur acht Punkten nach 15 Saisonspielen und zuletzt acht Partien in Folge ohne Dreier ist die TSG mittlerweile auf den drittletzten Platz abgerutscht.

Einig sind sich Erdmann und Lechner, dass Coach und Mannschaft in jüngster Vergangenheit auch viel Pech hatten. „Das Spielglück war sicher nicht auf der Seite unseres Trainers“, sagt das Vorstandsmitglied und führt als Beispiel den Fakt an, dass Backnang nach den Verletzungen von Mario Marinic und Daniel Lang einige Begegnungen ohne oberligatauglichen Stürmer auskommen musste. Eine Tatsache, die der Coach bisher nicht groß in den Vordergrund stellte, nun aber bekennt: „Ich hätte nicht gedacht, dass ein Spieler so wichtig sein kann.“ Dabei spricht er von Mario Marinic, der nicht nur als Torjäger, sondern auch als Typ für diese Mannschaft extrem wichtig sei. So bedeutend, dass der Angreifer in Friedrichstal auf dem Platz stand, obwohl er nach seiner Knie-Operation eigentlich noch nicht richtig fit dafür war. Ein Risiko, das sich bekanntlich nicht auszahlte und an dessen Ende nun die Trennung von Lechner steht. Dabei sagt Erdmann über seinen nunmehr Ex-Trainer: „Ich schätze ihn weiterhin als Fußballfachmann.“ Einer, dessen Arbeit in den Etzwiesen unter keinem guten Stern stand.

Vielleicht hat der Nachfolger von Andreas Lechner ja mehr Glück. Wer das sein wird, weiß Marc Erdmann im Moment noch nicht. Vorläufig wird Co-Trainer Darko Milosevic den Chefposten übernehmen, nächsten Samstag beim Heimspiel gegen den Nachbarn aus Freiberg vermutlich auch auf der Bank das Sagen haben und dann an jemand übergeben, „der die Sache ohne Vorbelastung angeht“, so Erdmann, der sich in einem sicher ist: „Die Mannschaft braucht einen neuen Impuls, der von außen kommt.“

Der Zeitpunkt ist nachvollziehbar Von Steffen Grün Die Enttäuschung über seinen Rauswurf ist verständlich. Trotzdem zielt der Vorwurf von Andreas Lechner, ihm sei vor einer Woche das Vertrauen ausgesprochen und nun so schnell entzogen worden, ins Leere. Jeder, der bei den damaligen Aussagen von TSG-Vorstandsmitglied Marc Erdmann zwischen den Zeilen las, ahnte, dass eine Schlappe beim Letzten die Lage komplett verändern würde. Er betonte ja sogar, dass es keinen Freifahrtschein gibt. Nun die Trennung zu vollziehen, ist nachvollziehbar und sicherlich kein Schnellschuss. Vielmehr hielten die Verantwortlichen länger an ihrem Trainer fest, als das andernorts häufig der Fall ist. Sie stellten hierbei drei Dinge in Rechnung. Erstens: Das Verletzungspech, allen voran die Ausfälle der Stürmer Mario Marinic und Daniel Lang. Zweitens: Lechner war erst seit Sommer da und hatte einen gewissen Kredit verdient. Drittens: Von Anfang an war der Ligaverbleib das einzige Ziel. Diesen zu schaffen, wird für Lechners Nachfolger nun eine Herkulesaufgabe. Trotzdem liegen auch jene falsch, die den Rauswurf für zu spät erachten. Die letzte Chance in Friedrichstal hatte der Trainer verdient. s.gruen@bkz.de Kommentar

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Erstellt:
13. November 2018, 06:00 Uhr

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