Kroos und Havertz: Gegenwart und Zukunft im Löw-Team

dpa Köln. Eine goldene „100“ ziert das Nationaltrikot von Toni Kroos beim 3:3 gegen die Schweiz. Der Jubilar hat schon besser gespielt - und auch wichtigere Ziele. Ein Mann der Zukunft drängt verstärkt ins Team.

Durfte sich nach dem 3:3 gegen die Schweiz für sein 100. A-Länderspiel feiern lassen: Toni Kroos. Foto: Martin Meissner/AP/dpa

Durfte sich nach dem 3:3 gegen die Schweiz für sein 100. A-Länderspiel feiern lassen: Toni Kroos. Foto: Martin Meissner/AP/dpa

Der erste Weg nach dem Abpfiff führte Toni Kroos auf die Tribüne zu seinen Liebsten. Dort herzte der nun 15. Nationalspieler im elitären Club der Hunderter Ehefrau Jessica, Sohnemann Leon und Töchterchen Amelie.

Nur der gerade ein Jahr alte Fin fehlte bei der kurzen Familienzusammenführung nach dem wilden 3:3 gegen die Schweiz beim 100. Länderspiel von Papa Kroos im leeren Kölner Stadion.

Die Einordnung des Jubiläums sagte viel aus über den 30-jährigen Kroos. „Meine Familie bedeutet mir deutlich mehr, das kann man sich vorstellen“, sagte der Profi von Real Madrid. Trotzdem sei es für ihn natürlich ein besonderer Fußballabend gewesen. „Die 100 erreicht zu haben, ist schon eine ganz schöne Marke. Aber wer mich kennt, der weiß, dass es mir mehr um Ergebnisse und um Erfolge geht als um Zahlen und Länderspieleinsätze“, sagte der gebürtige Greifswalder.

„100 Spiele“ stand in kleinen, goldenen Lettern auf seinem Trikot, in dem der Weltmeister von 2014 auch mit dem aktuellen Team an die Erfolge der Vergangenheit anknüpfen möchte, wie er im ARD-Interview sagte. Auch DFB-Präsident Fritz Keller sprach Kroos' Trophäensammlung bei seiner Laudatio in der Kabine an: „Auf der langen Liste seiner Erfolge fehlt jetzt eigentlich nur noch der Europameister-Titel.“

Die 90 Minuten gegen die Schweiz waren im Hinblick auf die EM 2021 freilich noch nicht titelreif. Auch Kroos persönlich hat schon viel bessere Länderspiele bestritten. Vorm 0:2 unterlief ihm sogar ein bei ihm ungewohnter Ballverlust. „Das passiert auch mal dem besten Spieler“, kommentierte Bundestrainer Joachim Löw nachsichtig.

Die Torgeschenke an die Schweizer ärgerten auch Kroos. Trotzdem wertete er sein Jubiläumsspiel nicht als Rückschritt: „Unser Problem waren die ersten zehn Minuten bis Viertelstunde, wo wir nicht gut angefangen haben und in Rückstand geraten. Danach haben wir ein gutes Spiel gemacht und uns fußballerisch zum letzten Spiel gesteigert.“

Dazu trug ein 21-Jähriger bei, der am Dienstagabend gerade mal sein zehntes Länderspiel bestritt: Kai Havertz. Der 100-Millionen-Mann vom FC Chelsea deutete an, dass er definitiv die Anlagen für eine ähnlich große Karriere mitbringt, wie sie der in der Gegenwart noch das Spiel der DFB-Auswahl prägende und diktierende Kroos besitzt.

Havertz war in der gut funktionierenden Offensive an allen drei Toren beteiligt. Das 1:2 von Chelsea-Kollege Timo Werner bereitete er vor. Das 2:2 erzielte er aus spitzem Winkel selbst. Und das 3:3 von Serge Gnabry leitete er mit dem vorletzten Pass ein. „Wir sind nach vielen Rückschlägen zurückgekommen, wir haben Moral bewiesen“, lobte Havertz aber nicht sich selbst, sondern das Team. „Wir befinden uns in einem Prozess, wir haben eine junge Mannschaft. Wir lassen uns nicht von unserem Weg abbringen und werden es weiter versuchen.“

Auch Löw lobte den Mann der Zukunft, für den er noch auf der Suche nach einem fixen Platz ist, wie ihn Kroos seit vielen Jahren im Mittelfeld einnimmt. „Es war ein wirklich gutes Spiel vom Kai. Man sieht einfach seine Fähigkeiten am Ball, seine manchmal sehr guten Pässe in die Spitze. Er hat ein schönes Tor gemacht“, sagte Löw: „Er war ein Spieler, der anspielbar war, der die Bälle gut verteidigt hat.“ Das ist eine Fähigkeit, die auch Routinier Kroos auszeichnet.

© dpa-infocom, dpa:201014-99-937729/3

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Erstellt:
14. Oktober 2020, 10:39 Uhr

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