European League of Football
Lehrer und Linebacker – wie Nikolas Knoblauch sein großes Pensum meistert
Nikolas Knoblauch ist bei Stuttgart Surge ein ehrgeiziger Defensivspieler. Aber der Footballer hat noch eine andere Passion – im Klassenzimmer.

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Nikolas Knoblauch gibt die Richtung vor. Der Linebacker will mit Stuttgart Surge einen Titel gewinnen.
Von Dirk Preiß
Die Saison hat gerade erst begonnen – aber Nikolas Knoblauch hat schon recht konkrete Vorstellungen, wie sie enden soll. Zumindest in seiner persönlichen „Traumtheorie“. Die sieht so aus: Im September gewinnt der Linebacker mit Stuttgart Surge den Titel in der European League of Football (ELF). Danach triumphiert er mit der italienischen Nationalmannschaft im EM-Finale in Deutschland gegen Deutschland.
Das sind ehrgeizige Ziele im American Football. Doch wer glaubt, die seien für Nikolas Knoblauch unerreichbar, dem sei der Blick ins Jahr 2021 empfohlen.
Es war eine wilde Zeit damals. Die Corona-Pandemie hatte Europa im Griff – und es war selten planbar, wo und wie lange Football gespielt werden konnte. Auch deshalb waren es für Nikolas Knoblauch bewegende Monate. An deren Ende er vier Titel gefeiert hatte. Spanischer Meister mit den Badalona Dracs, norwegischer Meister mit den Oslo Vikings, Europameister mit Italien (sein Vater ist Italiener) – und: Sieger der ELF mit Frankfurt Galaxy. Vor allem der letztgenannte Triumph hat auch für die Gegenwart eine große Bedeutung.
Zum einen, weil der 29-jährige Defensivspieler sich den Traum, den alle Beteiligten bei Stuttgart Surge träumen, schon erfüllt hat. Nikolas Knoblauch wurde ELF-Sieger, ehe er 2022 bei den Stuttgartern anheuerte. Und: Mit Blick auf diesen Samstagabend (18 Uhr) könnte seine Erfahrung ebenfalls hilfreich sein.
In Bremen gegen die Hamburg Sea Devils
Da tritt Stuttgart Surge in Bremen gegen die Hamburg Sea Devils an. Erstmals, übrigens. Aber wer waren 2021 Knoblauchs Finalgegner im Championship Game um die ELF-Krone? Eben: die Seeteufel aus der Hansestadt.
Nikolas Knoblauch weiß also, wie man die Sea Devils stoppen kann – was nicht schlecht ist, schließlich steht für die Stuttgarter Footballer auf dem angestrebten Weg ins Finale schon ein bisschen was auf dem Spiel an diesem Samstag. Nach dem Auftaktspiel gegen Frankfurt Galaxy setzte es am vergangenen Sonntag eine recht frustrierende 0:6-Niederlage gegen die Paris Musketeers. Wobei: Mal abgesehen von der Nullnummer in der Offensive war es für Nikolas Knoblauch eigentlich ein sehr gutes Spiel.
„Es hat Spaß gemacht, es war ein geiles Spiel“, sagt er sogar – und blickt recht zufrieden auf die lediglich sechs Punkte der Franzosen. Die nämlich sind Beleg dafür, dass er mit seinen Defense-Kollegen einen recht guten Job gemacht hat. Gegen das Team aus Hamburg soll es ähnlich laufen – dann aber mit einem insgesamt glücklichen Ende für die Surge.
Das Stuttgarter Team reiht sich übrigens ans vorläufige Ende einer illustren Liste an Mannschaften, für die Nikolas Knoblauch in den vergangenen Jahren auf dem Feld stand. Angefangen hat alles bei den Kuchen Mammuts – nachdem der frühere ambitionierte Torhüter die Lust am Fußball verloren hatte. Schon als Jugendlicher hatte er Spaß am Gewichteheben, stählte seinen Körper und durfte schon bei den Erwachsenen ran.
Zwischen den Mammuts und der Surge liegen elf weitere Teams aus sechs Ländern, zwei deutsche Meisterschaften und persönliche Auszeichnungen – doch wer diesen Weg als reine Tingelei eines Football-Profis sieht, liegt nicht ganz richtig. Denn neben der Lust, in unterschiedlichen Ländern Football zu spielen, hatte Nikolas Knoblauch auch immer berufliche Ziele – und schloss während dieser Zeit auch sein Lehramtsstudium erfolgreich ab. „Nur Football zu spielen war für mich nie eine Option“, sagt er – und betont: „Ich bin sehr gerne auch Lehrer.“
Am Helfenstein-Gymnasium in Geislingen an der Steige unterrichtet das Kraftpaket Englisch, Italienisch und Sport. In Vollzeit. „Das ist ein hohes Pensum“, sagt er, „aber ich bin das gewohnt.“ Durch den Leistungssport, ist er sicher, „bin ich ein besserer Lehrer“. Und auch einer, der die Werte, die im Sport wichtig sind, auch gerne an seine Schüler weitergibt. Ums Miteinander geht es ihm, ums füreinander Einstehen, um Respekt. Er betont: „Ich bin ein eher autoritärer Lehrer.“ Und: „In meinem Sportunterricht darf auch geschwitzt werden.“
Dass er selbst sich voll reinhängt, muss er nicht extra betonen – man sieht es ihm an. Der Anteil an Muskelmasse seiner 97 Kilogramm Körpergewicht (bei 1,78 Meter Körpergröße) ist riesig, neben dem Football-Training, den Meetings mit den Coaches und seinem Lehrerjob schiebt er noch drei bis vier Einheiten pro Woche im Fitnessstudio. Und es gibt noch ein ganz gutes Beispiel für den Ehrgeiz und die Konsequenz des Linebackers.
In seinem ersten Surge-Jahr verletzte er sich gleich im ersten Spiel schwer – Abriss einer Sehne im Adduktorenbereich. Das war das Saisonaus. Eigentlich. Doch statt den Blick schon auf 2023 zu richten, schuftete er für ein Comeback noch im Spieljahr 2022 – und erreichte sein Ziel im letzten Spiel der ELF-Saison. „Das war mir einfach auch für den Kopf wichtig“, erinnert er sich.
Im Frühjahr darauf war er dann wieder voll da – und in Stuttgart begann unter dem Headcoach Jordan Neuman der Aufschwung. ELF-Finale 2023, Halbfinale 2024 – „wir hatten schon in den vergangenen beiden Jahren das Zeug zum Titel“, sagt Nikolas Knoblauch. In der Theorie.
Die 2025 endlich in die Praxis umgesetzt werden soll.