Lieber steil statt quer

Was Trainer Nico Willig, der personelle Veränderungen ankündigt, von den VfB-Profis sehen will

Ausrichtung - Was Trainer Nico Willig, der personelle Veränderungen ankündigt, von den VfB-Profis sehen will.

Stuttgart Mit einer neonfarbenen Trillerpfeife in der rechten Hand steht Nico Willig an der Mittellinie, kerzengerade, die Beine schulterbreit auseinander, die Arme an den Körper angelegt. In dieser Haltung beobachtet er das Hin und Her bei einer Kleinfeld-Spielform vor ihm beim Training des Fußball-Bundesligisten VfB Stuttgart am Mittwoch, er korrigiert und treibt an. „Und ab“, ruft der Interimscoach den Profis nach Ballgewinnen zu und schwenkt auch ins Englische: „Go, yeah.“ Schnell sollen sie spielen, schnörkellos nach vorne, lieber steil statt quer.

So aufrecht und bestimmt wie auf dem Trainingsplatz tritt Willig drei Stunden später auch bei seiner ersten Pressekonferenz auf. Mit Klarheit vermittelt der bisherige A-Junioren-Trainer seine Botschaften. „In unserer Situation ist es einfach wichtig, Emotion und Energie in die Mannschaft reinzukriegen“, sagt er.

Wie genau sein taktischer Plan aussieht, ließ der 38-Jährige offen. Er ist nicht auf eine bestimmte Grundordnung festgelegt. „Es geht nicht um mein System. Es geht um die Spieler, wie sie sich wohlfühlen und dass sie in ihren besten Räumen und Positionen sind“, sagt Willig. Grundlage ist die „ständige Angriffsbereitschaft“, die er fordert, um dem Spiel einen Stempel aufzudrücken: „Wir wollen Druck ausüben.“

Willig ist seit Sonntag erst einmal gefordert, die Spieler wieder willig zu machen. Das 0:6-Debakel beim FC Augsburg tags zuvor kostete seinen Vorgänger Markus Weinzierl den Job – die gegenwehrfreie Darbietung war in einer Saison voller Tiefpunkte die Krönung, eine kollektive Bankrotterklärung des Teams. Willig nimmt deshalb in den Übungseinheiten immer wieder Spieler beiseite und sucht intensiv das Gespräch mit allen. Er ist bemüht darum, Zugang zu den Profis zu finden, ihre Befindlichkeiten zu erörtern und die beste Elf für ihn zu finden.

Ein Trainerwechsel bedeutet in der Regel ja immer auch, dass die Karten für die Spieler neu gemischt werden. Manch einer, der bisher nur eine Nebenrolle besetzte, rückt plötzlich ins Rampenlicht. Und manch einer, der zuvor komplett außen vor war, erhält eine neue Chance. Im Fall von Pablo Maffeo ist das allerdings nicht so. „Er bleibt bis ­Saisonende suspendiert“, sagt VfB-Sportvorstand Thomas Hitzlsperger über den Spanier und ist voll des Lobes über Willigs erste Tage als Stuttgarter Interimscoach: „Die Eindrücke sind positiv. Ich fühle mich bestätigt in der Auswahl.“

Willig wird definitiv Veränderungen in der Aufstellung vornehmen, denn: „Jeder hat in Augsburg gesehen, dass wir personell etwas ändern müssen.“ Der Platz von Steven Zuber in der Startelf ist auf alle Fälle zu haben. Der Schweizer wird wegen der Kniebeschwerden, die ihn am Dienstag zum Trainingsabbruch zwangen, das Heimspiel am Samstag (18.30 Uhr) gegen Borussia Mönchengladbach verpassen. Daniel Didavi dürfte in die Anfangsformation zurückkehren. Jedenfalls antwortete Willig auf die Frage, ob der 29-Jährige spielen werde: „Ich hoffe es.“

Bedeutet der Trainerwechsel auch eine Wende im Fall Holger Badstuber? Der zuletzt nicht berücksichtigte Ex-Nationalverteidiger bietet sich jedenfalls aktiv im Training an, er ist auffällig engagiert und lautstark. „Holger weiß, ein neuer Trainer bietet neue Chancen, er kann sich präsentieren – das macht er gut“, sagt Willig. „Er ist sicherlich eine der Optionen, die es gibt.“ Bei Chadrac Akolo, für den wie für Badstuber im Kalenderjahr 2019 genau acht Einsatzminuten im VfB-Trikot zu Buche stehen, scheint der Trainerwechsel dagegen keine befreiende Wirkung entfaltet zu haben.

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Erstellt:
25. April 2019, 03:12 Uhr

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