DFB-Bundestag im Zeichen von Corona - Pulverfass 3. Liga

dpa Frankfurt/Main. Es wird hoch hergehen auf dem außerordentlichen DFB-Bundestag. Die Debatte um die 3. Liga hat den Verband tief gespalten. Eine einheitliche Position scheint Lichtjahre entfernt.

Magdeburgs Sportlicher Leiter Mario Kallnik wehrt sich gegen den DFB. Foto: Joachim Sielski/dpa-Zentralbild/dpa

Magdeburgs Sportlicher Leiter Mario Kallnik wehrt sich gegen den DFB. Foto: Joachim Sielski/dpa-Zentralbild/dpa

Die Positionen sind verhärtet, die Stimmung ist explosiv: Für den Deutschen Fußball-Bund wird der erste virtuelle Bundestag in der 120-jährigen Geschichte zur Zerreißprobe.

Der im Ton immer schärfer werdende Streit um die ab 30. Mai geplante Saison-Fortsetzung in der 3. Liga hat die Fußball-Familie mitten in der Corona-Krise entzweit und droht an diesem Montag (13.00 Uhr) zu eskalieren. „Es geht darum, das Fußball-System zu erhalten“, mahnte DFB-Präsident Fritz Keller die 262 Delegierten.

Doch nicht alle wollen sich mit den vom Verband geschaffenen Fakten abfinden. Nach dpa-Informationen haben die Landesverbände Sachsen und Sachsen-Anhalt einen Abänderungsantrag eingebracht, in dem sie den Abbruch der Saison fordern. Die Spielzeit 2019/20 soll mit dem Tabellenstand zum Zeitpunkt der Aussetzung nach dem 27. Spieltag ohne sportliche Absteiger gewertet werden. Aufsteigen sollen die ersten drei Teams, die Relegation des Tabellendritten gegen den Zweitliga-16. soll entfallen.

Die DFB-Führung will die Saison dagegen mit aller Macht zu Ende bringen und hat dafür einen konkreten Spielplan bis zum 4. Juli festgelegt. „Es ist normal und nachvollziehbar, dass es unterschiedliche Vorstellungen in den Landesverbänden gibt“, beschwichtigte Generalsekretär Friedrich Curtius. Dennoch erwartet er eine „kritische und kontroverse Diskussion“.

Der Konflikt erhielt am Wochenende neue Nahrung. Zunächst schmetterte der DFB einen Antrag des 1. FC Magdeburg auf die Verlegung des ersten Spiels gegen den 1. FC Kaiserslautern ab, der Traditionsverein aus Sachsen-Anhalt konterte mit der Androhung juristischer Schritte. Der Sportliche Leiter Mario Kallnik kritisierte zugleich den Tonfall des Verbandes in der sich weiter zuspitzenden Auseinandersetzung.

Die Magdeburger hatten ihren Antrag damit begründet, dass es im Verein noch keine Corona-Tests gegeben habe und die Mannschaft daher nicht pünktlich das vorgeschriebene einwöchige Quarantäne-Trainingslager beziehen könne. Der DFB verwies in einer ausführlichen Stellungnahme darauf, dass „der 1. FC Magdeburg einen für vergangenen Mittwoch geplanten Termin zur Testung am gleichen Tag kurzfristig ohne Nennung von Gründen abgesagt hatte“.

Da ein Mannschaftstraining in Sachsen-Anhalt bis kommenden Mittwoch untersagt ist - davon ist auch der Hallesche FC betroffen -, befürchtet der FCM zudem einen klaren Wettbewerbsnachteil. Ähnliche Argumente führt der Tabellenletzte FC Carl Zeiss Jena ins Feld, da in Thüringen bis zum 5. Juni kein Sportbetrieb möglich ist.

Thüringens Sportminister Helmut Holter richtete schwere Vorwürfe an den DFB, der sich mit dem Plan zur Saison-Fortsetzung ab dem 30. Mai über die Meinung der Politik hinweggesetzt habe. Es sei „mit dem DFB leider nicht möglich“, dass Sport und Politik gerade in der Corona-Zeit ein abgestimmtes Konzept verfolgten, sagte der Linke-Politiker im Deutschlandfunk. Er bedauere die harte Linie des DFB in dieser Frage.

Abgeschmettert wurde vom DFB auch eine Rechnung des SV Waldhof Mannheim in fünfstelliger Höhe zur Rückerstattung bei der Umsetzung des Hygienekonzepts angefallener Kosten. Der Verband sehe dafür keine Grundlage. Zur Begleichung dieser Kosten würden den Clubs der 3. Liga auch die Unterstützungsgelder der Deutschen Fußball Liga zur Verfügung gestellt. Die vier Champions-League-Starter hatten 7,5 Millionen Euro gegeben.

Der seit Wochen tobende Streit zwischen Befürwortern und Gegnern einer Saison-Fortsetzung strebt nun dem Höhepunkt zu. „Ich gehe davon aus, dass es am Montag beim DFB-Bundestag aufgrund der immer noch vorhandenen regionalen Probleme die finale Entscheidung geben wird“, sagte Kaiserslauterns Geschäftsführer Soeren Oliver Voigt der „Rheinpfalz“.

Nur wenig Chancen auf Erfolg werden dabei einem Antrag des Saarländischen Verbandes auf Einführung einer zweigleisigen 3. Liga mit jeweils 18 Mannschaften pro Staffel eingeräumt. „Ich glaube nicht, dass der eine Mehrheit finden wird“, sagte Curtius. Auch eine Aufstockung der 3. Liga auf 24 oder 25 Teams, für die sich der FC Carl Zeiss Jena stark macht, hat nach Ansicht des DFB-Generalsekretärs kaum Erfolgsaussichten.

Nur wenig Konfliktpotenzial gibt es bei der anstehenden Entscheidung über die ab 29. Mai geplante Fortführung der Saison in der Frauen-Bundesliga. „Die Frauen sind viel konstruktiver an die Lösung der Probleme herangegangen. Die wollen spielen“, sagte Curtius - ein Seitenhieb auf die 3. Liga.

Ein weiterer Punkt auf der Agenda ist die Ermächtigung des Vorstandes, im Falle möglicher neuer Entwicklungen nach dem Bundestag alle relevanten Folgeentscheidungen zur 3. Liga und Frauen-Bundesliga treffen zu können. „Das kann auch ein Saisonabbruch sein“, betonte Curtius.

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Erstellt:
24. Mai 2020, 12:15 Uhr

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