Mit dem Kunstrad durch die ganze Welt

Von Uwe Flegel

Sie war Deutsche Meisterin, Europameisterin, dreimal Vize-Weltmeisterin und 2018 mit den 186,58 Punkten, die ihr den EM-Titel einbrachten, eine Zeit lang Weltrekordhalterin. Viola Brand hat im Kunstradfahren sehr, sehr viel erreicht. Zu ihren großen Erfolgen zählt auch, dass es der 29-Jährigen immer wieder gelingt, die Nischensportart ins Rampenlicht zu rücken. Sei es mit Fernsehauftritten, Vorführungen bei Straßen-, Firmen- sowie sonstigen Festen, oder mit Schaufahren bei bundesweiten Turngalas und im Rahmenprogramm des Radrennens Tour of Turkey sowie in den USA im Pausenprogramm der besten Basketballliga der Welt, der NBA.

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Die gebürtige Backnangerin ist höchstwahrscheinlich die prominenteste, sicher aber die einfallsreichste Kunstradfahrerin der Welt. Dabei hat sie sich bereits vor gut dreieinhalb Jahren offiziell vom Wettkampfsport verabschiedet.

Nun in den sozialen Medien sehr erfolgreich

Das Herz ist dennoch bei dem geblieben, das für sie seit über zwei Jahrzehnten die Welt bedeutet. Bei dem Vehikel, das ihr die Chance bietet, um die Welt zu reisen. Bei dem Rad, mit dem sie in den sozialen Medien dank einfallsreicher Clips, Fotos, Storys sowie anderem präsent ist und dabei insgesamt 1,4 Millionen Follower hat. „Es gibt im Kunstradsport niemanden, der eine solche Reichweite hat“, sagt Viola Brand und ist stolz auf das, was sie geschafft hat.

Eine kreative Selfmadefrau in Sachen Social Media und Kunstradshow

Einfach so gelingt so etwas nicht. Dafür braucht es Hirnschmalz, Kreativität, Ehrgeiz und Zeit. „Eigentlich habe ich mittlerweile drei Jobs“, erzählt die vom RSV Unterweissach stammende Brand, schmunzelt und erklärt: „Ich bin Content Creatorin, mache dazu diese Auftritte und arbeite noch als Pressereferentin für eine Forschungsgesellschaft.“ Letzteres ist eigentlich ihre Haupttätigkeit, auch wenn sie der nur 30 Stunden die Woche nachgeht. „In etwa die gleiche Zeit wende ich dann für die anderen beiden Dinge auf“, erzählt Brand und spricht zum Beispiel vom Erstellen und Schneiden sogenannter Vlogs, sind die kurzen Videos doch meist kommentiert und mit einer kleinen Story verbunden.

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Und für die „muss ich ständig schon das Skript mitdenken, wenn ich mich filme oder auch mal von jemand anderem filmen lasse“.

Ein enormes Pensum zusätzlich zum Beruf als Pressereferentin

Die nun in Nürtingen lebende Viola Brand weiß selbst: „Es ist schon viel, was ich insgesamt mache. Ich muss mein Pensum runterschrauben.“ Wobei das nicht für die Tätigkeit als Referentin für Presse und Medien gilt, sondern für ihre vielfältiges Tun in Sachen Kunstradfahren. Wobei dort für die frühere Weltklassesportlerin selbst nicht ganz klar ist: „Was ist Hobby und was zählt als Arbeit?“ Wenn sie zum Beispiel mit ihrem Programm fünf Wochen lang durch die Vereinigten Staaten tourt, dann verbringt sie nicht die gesamte Zeit in den Hallen. Auftritte als Superwoman in den Pausen von Heimspielen der Portland Trailblazers, der Golden State Warriors (San Francisco), der Dallas Mavericks, der Indiana Pacers, der Oklahoma City Thunders, der Sacramento Kings oder der Charlotte Hornets verbindet sie mit ein wenig Urlaub und Besuchen „bei Freunden in Las Vegas“. Von einem dortigen Showveranstalter hatte sie sogar ebenso eine Anfrage wie vom Cirque du Soleil. Die Schwäbin lehnte ab. „Das wäre über Monate gegangen, das will und kann ich nicht.“ Schließlich wartet in Deutschland ein fester Job und den gibt sie nicht auf, „das ist meine Sicherheit“. Wobei auch ihre Auftritte durchaus was abwerfen – oder? „Es bleibt was hängen“, antwortet Brand, lächelt und sagt mehr nicht dazu.

Viel mehr Aufmerksamkeit als in der Jahren als Vize-Weltmeisterin

Dafür wird sie nachdenklich, wenn es darum geht, dass Kunstradfahren eine Randsportart war und immer noch ist. „Ich habe viel trainiert und trotzdem wurde das, was ich und viele andere leisten, nicht so richtig registriert“, sagt sie zu den Jahrzehnten als Wettkämpferin und stellt dann fest. „Nun mache ich Show und bekomme plötzlich viel Aufmerksamkeit.“ Dabei fährt sie Aufwand und Zeit fürs Üben nur dann wieder richtig hoch, wenn große Schauvorführungen anstehen. In denen präsentiert sie zudem nicht mehr ganz so viele und schwere Übungsteile wie bei einer Meisterschaft, „da mein Programm flexibel und darauf ausgelegt sein muss, wie groß die Fläche ist, wie das Licht oder der Boden sind“. Bei der einwöchigen Türkei-Tour gab es zum Beispiel auch mal Betonsteine als Untergrund.

Aus der Radsportszene kommt nicht nur Lob

Bretthart kann jedoch nicht nur eine Wettkampffläche sein. Viola Brand ist nicht entgangen, dass zu ihrer Aktivenzeit nicht alle in der Kunstradszene gut fanden, was sie macht. Ihr ist bewusst, dass nicht jeder oder jede es gerne sah, wie sie versuchte, ihren Sport aus der Nische raus- und ins Rampenlicht zu bringen. „Ich war eben ein Fisch, der gegen den Strom geschwommen ist“, sagt sie dazu und weiß, dass die Erfolge eindeutig für sie sprechen. Die aus der Zeit als eine der weltbesten Kunstradsportlerinnen und die jetzt als wohl bekannteste sowie kreativste Kunstradfahrerin der Welt.