Nach Kovac-Aus: Klare Ansage an Stars - Flicks große Woche

dpa München. Wie geht's weiter beim FC Bayern? Am Tag eins nach dem Kovac-Aus geht es auf dem Vereinsgelände recht ruhig zu. Die Spieler haben frei, der Interimscoach tüftelt am sportlichen Wendeplan gegen Piräus und im brisanten Liga-Duell mit dem BVB. Die Bosse stellen erste Weichen.

Musste als Trainer des FC Bayern München gehen: Niko Kovac. Foto: Guido Kirchner/dpa

Musste als Trainer des FC Bayern München gehen: Niko Kovac. Foto: Guido Kirchner/dpa

Klare Ansage! Nach dem Bayern-Aus von Double-Gewinner Niko Kovac erteilt Karl-Heinz Rummenigge den Münchner Stars einen klaren Zwei-Siege-Auftrag in der Woche der Neuausrichtung.

Abseits der intensiven Fahndung nach einem geeigneten und möglichst rasch verfügbaren neuen Cheftrainer werden alle Kräfte und die gesamte Konzentration nach dem 1:5-Tiefpunkt in Frankfurt zunächst auf die dringend benötigte sportliche Wende mit Aushilfs-Chef Hansi Flick ausgerichtet. Im schnelllebigen Fußball-Geschäft - und erst recht beim nationalen Branchenführer in München - sind Erfolge alles.

„Die Leistungen und auch die Resultate unserer Mannschaft haben in den vergangenen Wochen nicht den Erwartungen entsprochen. Wir haben jetzt eine wichtige Woche vor uns mit dem Champions-League-Spiel am Mittwoch gegen Olympiakos Piräus, wo wir uns mit einem Sieg für das Achtelfinale qualifizieren wollen. Am Samstag erwartet uns dann mit dem deutschen Clasico gegen Borussia Dortmund ein sehr wichtiges Spiel in der Bundesliga, das es auch zu gewinnen gilt“, sagte Rummenigge am Montag der Deutschen Presse-Agentur.

Weniger konkret äußerte sich der 64-Jährige am Tag eins nach Kovac auf Nachfragen zur Neubesetzung des Cheftrainer-Postens, möglichen Kandidaten und einem Zeitfenster bei der Trainersuche. Zu „Gerüchten und Spekulationen“ nehme er keine Stellung, wehrte Rummenigge ab.

Gegen Piräus und den BVB wird der bisherige Kovac-Assistent Flick als Interimscoach fungieren. Und womöglich darüber hinaus? „Hansi Flick genießt unser Vertrauen, und ich denke, dass er im Moment genau der richtige Mann ist“, antwortete Rummenigge.

Zwei Tage vor dem angestrebten vorzeitigen Achtelfinaleinzug gegen Piräus herrschte an der Säbener Straße erstaunliche Ruhe. Die Ablaufplanung seines bisherigen Chefs tastete Flick nicht an. Kovac hatte Manuel Neuer und Co. am Montag trainingsfrei gegeben. Flick kann damit nur die Abschlusseinheit am Dienstag nutzen, um das Team in der praktischen Arbeit auf dem Platz neu auszurichten.

Es gehe aber nicht so sehr um das ABC des Fußballs, wie Leon Goretzka bemerkte, auch wenn „aktuell die Basics im Spiel“ verloren gegangen seien. Passspiel und Zweikampfverhalten hätten „alle im Repertoire“, versicherte der deutsche Nationalspieler in einem Sky-Interview.

Muss Flick bei seiner ersten Startelf-Zusammenstellung nur die richtigen Hebel umlegen? „Es gibt elf Schalter, die man umschalten muss. Jeder Einzelne muss seinen eigenen anschalten. Ich glaube, dass das der Weg ist, um solch schwierige Situationen zu bewältigen“, sagte Goretzka. Kapitän Neuer, dessen schonungslose Analyse nach dem Unterzahl-Debakel in Frankfurt („Es ist kein riesiges Wunder, was passiert ist“) quasi einem internen Handlungsaufruf gleichkam, wies Zweifel an einer intakten Belegschaft zurück: „Es ist so, dass wir in der Mannschaft nicht gespalten sind. Wir haben einen Zusammenhalt.“

Das Alibi Kovac ist aber nun weg. Der 48 Jahre alte Kroate machte im Krisengespräch mit Rummenigge, Präsident Uli Hoeneß und Sportdirektor Hasan Salihamidzic am Sonntag stilvoll den Weg frei. Kovac nannte die Trennung „die richtige Entscheidung für den Club“.

Aus Rummenigges Sicht bestand „Handlungsbedarf“. Der besteht beim FC Bayern freilich weiterhin, und zwar auf allen Ebenen: beim Team, in der Trainerfrage und auch auf der Führungsebene, die gerade jetzt vor einer historischen Zäsur steht. Der 67-jährige Hoeneß zieht sich am 15. November aus vorderster Front zurück. Der langjährige Adidas-Chef Herbert Hainer (65) und der Anfang 2020 in den Vorstand einziehende Ex-Kapitän Oliver Kahn (50) sind die neuen Macher der Zukunft.

Bei der mitten in der Saison besonders diffizilen Suche nach dem passenden Kovac-Nachfolger wird Hoeneß auch als demnächst einfaches Aufsichtsratsmitglied eingebunden bleiben, wie Rummenigge erklärte. „Ich möchte zunächst einmal festhalten, dass Uli Hoeneß, Hasan Salihamidzic und ich gemeinsam und einvernehmlich mit Niko Kovac entschieden haben, die Zusammenarbeit zu beenden. Und auch in Zukunft werden Uli, Hasan und ich in Abstimmung mit dem Aufsichtsrat wichtige Entscheidungen gemeinsam diskutieren und beschließen.“

Kandidaten werden öffentlich zuhauf genannt, vom Leipziger Mastermind Ralf Rangnick über vereinslose und international namhafte Trainer wie José Mourinho oder Massimiliano Allegri bis hin zu der reizvollen Variante mit Erik ten Hag, der aktuell bei Ajax Amsterdam europaweit anerkannte Arbeit leistet und dazu als ehemaliger Coach der zweiten Münchner Mannschaft über eine Bayern-Vergangenheit verfügt.

Was Kovac fehlte - taktische Versiertheit sowie das Zutrauen und den Rückhalt etlicher Stars - sollte der Neue mitbringen, um in München wieder eine Kontinuität auf dem Trainerposten herzustellen. Die volle Rückendeckung aller Vereins-Entscheider gehört auch mit ins Profil.

„Dass zur Trainerfrage öffentlich spekuliert wird, ist völlig normal und ist auch Aufgabe der Journalisten. Aber es wird wohl auch jeder Verständnis dafür haben, dass ich mich zu Gerüchten und Spekulationen in der Öffentlichkeit nicht äußern werde“, erklärte Rummenigge.

Zur akuten Beruhigung der Lage soll Flick beitragen. Der 54-Jährige ist beliebt bei den Spielern. Als langjähriger Assistent von Bundestrainer Joachim Löw kennt der einstige Bayern-Profi Spieler wie die 2014-Weltmeister Neuer, Thomas Müller oder Jérôme Boateng gut. In die erste Reihe drängt es Flick eher nicht, er wirkt viel lieber im Hintergrund.

„Der Job passt mir“, sagte er im Sommer während der USA-Reise zu seinem Aufgabenfeld als Kovac-Assistent. Sein Credo lautet: „Als Trainer bist zu für die Spieler da.“ Als Aushilfschef hat er schon funktioniert, auch wenn das sehr lange zurückliegt: Beim deutschen Viertelfinal-Erfolg gegen Portugal bei der Europameisterschaft 2008 ersetzte er den gesperrten Löw erfolgreich am Spielfeldrand.

DFB-Direktor Oliver Bierhoff traut Flick nach vielen gemeinsamen Nationalmannschaftsjahren die knifflige Aufgabe zu. „Qualität und Kompetenz hat er. Ich glaube nicht, dass er Angst davor hat“, sagte Bierhoff am Montag zur plötzlichen Rolle Flicks im öffentlichen Rampenlicht. Die Münchner könnten „dankbar sein, dass er da ist, dass sie mit ihm eine Lösung haben“. Im Sommer mit einem Plan B vorgebaut zu haben, könnte sich für die Münchner Bosse aktuell auszahlen.

Hansi Flick soll die Bayern erstmal wieder in die Spur bekommen. Foto: Uwe Anspach/dpa

Hansi Flick soll die Bayern erstmal wieder in die Spur bekommen. Foto: Uwe Anspach/dpa

Zum Artikel

Erstellt:
4. November 2019, 15:49 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Lesen Sie jetzt!