Nagelsmann setzt neue Reize: „Natürlich habe ich Bock“

dpa Leipzig. Jung, talentiert und tatendurstig - die DNA seines Vereins will der Trainer in Leipzig nicht verändern. Allerdings weiß Julian Nagelsmann um die Leistungsschwankungen seiner jungen Profis. Um weiter an Grenzen gehen zu können, verändert er immer wieder das Umfeld.

Muss Leistungsschwankungen seines Kaders berücksichtigen: RB Leipzigs Trainer Julian Nagelsmann reagiert auf den Spielverlauf. Foto: Daniel Karmann/dpa

Muss Leistungsschwankungen seines Kaders berücksichtigen: RB Leipzigs Trainer Julian Nagelsmann reagiert auf den Spielverlauf. Foto: Daniel Karmann/dpa

Stillstand ist für Julian Nagelsmann ein Fremdwort. Der junge Trainer ist immer auf der Suche nach einem neuen Blickwinkel, nach neuen Reizen, neuen Herausforderungen.

Auch wenn er das Wort Meisterschaft meidet, das verlorene Halbfinale mit RB Leipzig in der Champions League gegen Paris St. Germain hat den 33-jährigen Fußballlehrer noch hungriger gemacht.

„Es ist schön, dass wir im Halbfinale waren, aber wenn du da bist, willst du auch ins Finale kommen. Deswegen stellt sich auch keine Zufriedenheit ein. Und wenn keine Zufriedenheit herrscht, hast du auch den Drang, besser zu werden und Dinge in der Zukunft besser zu machen. Diesen Drang hat meine Mannschaft und ich“, sagte Nagelsmann vor dem Bundesligastart an diesem Sonntag (15.30 Uhr) gegen den 1. FSV Mainz 05.

Ein Titel bleibt ein Thema für Nagelsmann und seine Truppe. „Natürlich habe ich Bock, diese Motivationsschwierigkeiten hast du nur, wenn du eine extreme Zufriedenheit hast“, betonte er. Der 2016 mit 28 Jahren jüngste Cheftrainer der Bundesliga hat zur beginnenden Saison neue Mitstreiter an Bord. Von seinen Co-Trainern Dino Toppmöller und Xafer Zembrod erwartet er auch mal andere Ansätze für sich und sein Team. Von seinem neuen Berater von SportsTotal erhofft er sich ein anderes Feedback - und das immer auch mit Kritik. Er will sein Auftreten, seinen Umgang mit Spielern jederzeit hinterfragt wissen.

Das spüren auch die Profis, die ihre persönliche Entwicklung oft auch der fruchtbaren Arbeit von Nagelsmann verdanken. Diese vorgelebte Selbst-Reflexion kommt im Team gut an - umgekehrt verlangt Nagelsmann das von seinen Akteuren. Die Nationalspieler Lukas Klostermann oder Dayot Upamecano betonten bei ihren Vertragsverlängerungen, dass der Trainer ein wichtiger Grund dabei war. Genauso war es zuletzt beim Verbleib von Angelino.

Allerdings hat der schnelle Erfolg von RB auch seinen Preis. Die Philosophie des Clubs, entwicklungsfähige Spieler auf höchstem Niveau auszubilden und dadurch einen Mehrwert zu schaffen, ist nur schwer umsetzbar. Nagelsmann fehlen aufgrund der Dauerbelastungen in den verschiedenen Wettbewerben plus Nationalmannschafts-Abstellungen einfach die Trainingszeiten für die Entwicklung. Daher kalkuliert er Leistungsschwankungen mit ein. Dies unterscheide RB auch deutlich von den Branchenführern Bayern München und Borussia Dortmund, die mehr Erfahrung und Konstanz im Kader haben.

Nagelsmann hat seine Zielsetzung im Vergleich zu seinem Amtsantritt modifiziert. Im vergangenen Sommer hieß es noch: „Das Ziel ist es, etwas Blechernes zu holen - Metall oder Gold.“ Nun formuliert der Trainer nicht mehr so plakativ: „Die Zielsetzung ist selbsterklärend und oft kommuniziert: Es hat sich gegenüber dem letzten Jahr nichts geändert.“ Allerdings: „Wir haben gewisse finanzielle Rahmenbedingungen, deswegen wäre es gut, sich für die Champions League zu qualifizieren, rein aus monetärer Sicht.“

Dazu gehört auch das Überstehen der Gruppenphase - und mehr. „Das ist klar und simpel definiert, daran lass ich mich und die Jungs Ende des Saison messen“, sagte er. Zudem fordere er eine bessere Vorstellung im DFB-Pokal. In der Meisterschaft wäre Nagelsmann mit Platz eins bis vier zufrieden.

RB-Kapitän Marcel Sabitzer geht da offensiver ran: Die Champions League zu gewinnen, sei unrealistisch. „Der Pokalwettbewerb ist realistischer, und die Meisterschaft ist jetzt auch nicht so einfach. Es wird schwer. Aber irgendwann ist es natürlich mein Ziel, einen Titel zu holen“, sagte der 26 Jahre alte Österreicher.

© dpa-infocom, dpa:200919-99-625027/2

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Erstellt:
19. September 2020, 11:17 Uhr

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