Debatte über Gehaltsverzicht bei Profis

dpa Dortmund. Müssen auch die Profis einen finanziellen Beitrag zu den Folgen der Coronakrise leisten und auf Teile ihres Gehalts verzichten? Diese Frage erregt derzeit die Gemüter. Entsprechende Gespräche werden in den Clubs bereits geführt.

Macht sich wegen der Corona-Krise Gedanken über einen Gehaltsverzicht beim FC Bayern: Manuel Neuer. Foto: Federico Gambarini/dpa

Macht sich wegen der Corona-Krise Gedanken über einen Gehaltsverzicht beim FC Bayern: Manuel Neuer. Foto: Federico Gambarini/dpa

Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder sprach von einem „Beitrag“ zur Überwindung der Krise, der Kölner Geschäftsführer Horst Heldt von „populistischen Scheißausdrücken“. In Fußball-Deutschland ist eine Diskussion über die Solidarität der Profis entbrannt.

Forderungen, wonach hoch bezahlte Stars in den schweren Zeiten der Corona-Pandemie auf Teile ihres Gehalt verzichten sollen, erregen Aufsehen. „Ich fände es in Ordnung, wenn Spieler, die ganz große Gehälter bekommen, zur Aufrechterhaltung des Spielbetriebes gegenüber ihrem Arbeitgeber, ihren Vereinen, ein bisschen zurückhaltender wären mit dem Geld“, sagte Söder der „Bild“.

Erste Reaktionen aus dem Sport ließen nicht lange auf sich warten - und waren kontrovers. „Ich weiß, dass Fußballprofis ein soziales Gewissen haben. Ich finde es unverschämt, das öffentlich zu diskutieren und infrage zu stellen“, kommentierte Heldt. Dagegen hält Christian Seifert die Vorschläge des bayerischen Ministerpräsidenten für nachvollziehbar. „Was Markus Söder gesagt hat, ist das, was viele Menschen denken“, sagte der Geschäftsführer der Deutschen Fußball Liga. Er wisse „von Clubs, die längst mit ihren Spielern darüber sprechen und vielleicht schon umgesetzt haben. Viele Akteure müssen ihren Beitrag leisten.“

Jupp Heynckes richtete im „Kicker“ gar einen moralischen Appell an die Profis und rief sie dazu auf, sich „in wirtschaftlicher Hinsicht solidarisch und partnerschaftlich zu zeigen. Sie müssen wissen, dass sie und ihre Berater nicht mehr bestimmen, wie viel Geld sie verdienen, wenn das jetzige System zerbricht. Verträge in diesen Größenordnungen gibt es dann nicht mehr“, sagte der ehemalige Profi und Erfolgscoach.

Der einstige DFL-Geschäftsführer Andreas Rettig sieht ebenfalls Handlungsbedarf: „Wenn wir keine Wege zu freiwilligen Agreements wie einem Gehaltsverzicht finden, werden viele Vereine sagen: Jetzt müssen wir anders reagieren. Dann werden die Clubs ihre Kader deutlich verkleinern“, sagte er der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Das könne auf Dauer „auch Arbeitsplätze der Kollegen gefährden“.

Samir Arabi argumentierte ähnlich. „Es gibt in dieser Situation keine Denkverbote mehr. Es geht um vielmehr als um Einzelschicksale“, sagte der Sport-Geschäftsführer des Zweitliga-Spitzenreiters Arminia Bielefeld in einem „Westfalen-Blatt“-Interview.

Eine juristische Handhabe, einem Profi trotz der durch die Corona-Pandemie verursachten finanziellen Einbußen weniger Gehalt zu zahlen, haben die Vereine nicht. „Ohne die Zustimmung eines Spielers, ist eine Kürzung des Gehalts nicht zulässig“, sagte der auf solche juristischen Fragen spezialisierte Rechtsanwalt Andrej Dalinger in einem Sport1-Interview. Wollen Spieler von sich aus auf Teile ihres Gehalts verzichten, müsse das mit jedem „einzelnen Spieler individuell“ ausgehandelt werden.

Fraglich sei jedoch, „ob sich viele Spieler, für die die Situation wegen ausbleibender Prämien- und Sonderzahlungen bereits mit Gehaltseinbußen verbunden ist, hierzu bereit erklären“, kommentierte der Jurist. BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke äußerte sich bereits am Sonntag in der ARD ähnlich skeptisch: „Das wird sicherlich abgeprüft werden. Aber ich bin, was das angeht, nicht der Zuversichtlichste.“

In einer Umfrage der „Bild“ unter den 18 Bundesliga-Spielführern äußerte sich nur Manuel Neuer zum Thema: „Wie jeder andere Mensch in dieser Zeit machen auch ich und die anderen Fußballprofis uns darüber Gedanken, wie man mit der Situation am besten umgehen kann“, sagte der Kapitän des FC Bayern und der Nationalmannschaft. Andere Kapitäne lehnten eine Stellungnahme mit Verweis auf laufende Gespräche in ihren Clubs ab. „Unsere Spieler können hierbei eine Rolle einnehmen, es ist aber noch zu früh, darüber zu spekulieren“, ließ der FSV Mainz wissen.

Erste Signale tragen dazu bei, dass sich die Diskussion versachlicht. Wie der DFB am Mittwoch mitteilte, werden die Nationalspieler zusammen insgesamt 2,5 Millionen Euro spenden. „Der Fußball steht momentan still und die Gesundheit über allem. Dementsprechend solidarisch möchte ich euch bitten, euren Teil beizutragen und ein Zeichen zu setzen. Wir als Nationalmannschaft sind vorausgegangen und haben 2,5 Mio für den guten Zweck gespendet und hoffen, dass viele von euch uns folgen“, sagte Bayern-Profi Leon Goretzka bei Instagram.

Laut DFB-Direktor Oliver Bierhoff habe das Team damit „ein Zeichen“ setzen wollen, „dass wir solidarisch sind, dass wir helfen wollen, dass wir Menschen unterstützen wollen“.

Darüber hinaus wollen die Spieler der TSG 1899 Hoffenheim einen finanziellen Beitrag zu einem Hilfsfonds leisten, der von ihrem Verein zur Unterstützung von Partnern, aber auch wichtigen Einrichtungen, Institutionen oder Sportclubs in der Rhein-Neckar-Region aufgelegt wurde. „Selbstverständlich werden auch wir Spieler unseren Beitrag zu dieser großartigen, solidarischen Aktion leisten“, kommentierte Kapitän Benjamin Hübner.

Zum Artikel

Erstellt:
18. März 2020, 07:31 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen