NHL-Draft: Stützle auf Draisaitls Spuren

dpa Los Angeles. An dritter Stelle beim NHL-Draft ausgewählt zu werden hat vor Tim Stützle nur Leon Draisaitl geschafft - und der ist inzwischen der wertvollste Spieler in der besten Eishockey-Liga der Welt. Das will Stützle auch schaffen. Erstes Ziel: direkt der Sprung in den Kader.

Tim Stützle steht bei einem Trainingslehrgang der deutschen Eishockey-Nationalmannschaft im September auf dem Eis. Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa

Tim Stützle steht bei einem Trainingslehrgang der deutschen Eishockey-Nationalmannschaft im September auf dem Eis. Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa

Als er beim NHL-Draft so früh ausgewählt worden war wie einst Eishockey-Topstar Leon Draisaitl, war für Tim Stützle an Schlaf erst einmal nicht zu denken.

Schon an dritter Stelle entschieden sich die Ottawa Senators für den jungen deutschen Stürmer. Stützle hält damit gemeinsam mit Draisaitl den Bestwert bei den Männern für die früheste Auswahl eines deutschen Sportlers in einer der nordamerikanischen Profiligen.

„Natürlich ist es eine große Ehre für mich. Was Leon letztes Jahr in der NHL gemacht hat, ist etwas Außergewöhnliches. Deswegen muss ich sagen, dass es für mich ein zusätzlicher Ansporn ist“, sagte der 18-Jährige, als er am Mittwochmittag zum wiederholten Male zur für ihn aufregenden Nacht Rede und Antwort stand.

Der NHL-Draft war für ihn einige Minuten lang spannend wie eine Quizshow gewesen - bis Moderator Alex Trebek der legendären Sendung „Jeopardy!“ seinen Namen nannte und er wusste: Die Senators aus Kanadas Hauptstadt sind sein neues Team. „Wer ist Tim Stützle?“ war die als Frage formulierte Antwort auf die Quizfrage, wen Ottawa im Draft ausgewählt hatte.

„Das war toll, er hat nette Worte gesagt“, sagte Stützle. In Mannheim hatte er mit Familie und Teamkollegen der Adler die Rechtevergabe an den Talenten in der stärksten Eishockey-Liga der Welt verfolgt. Über das schicke weiße Hemd mit schwarzer Fliege hatte er sich Sekunden nach der Entscheidung ein Senators-Trikot mit seinem Namen und der Nummer 88 auf dem Rücken gestreift. Zeit, all die Glückwünsche zu lesen oder mit seinen Eltern zu reden, hatte er kaum. Das Handy stand nicht still. Erst um sechs Uhr morgens sei er zu Hause gewesen.

Draisaitl hatte seinen Nachfolger am Dienstag noch angerufen und nach eigener Aussage „viel Glück“ gewünscht. Der 24 Jahre alte Kölner zeigte sich nach einer privaten Trainingseinheit in seiner Heimatstadt begeistert vom Abschneiden der deutschen Talente. „Das ist für das deutsche Eishockey natürlich riesig“, sagte Draisaitl nach der Einheit - wohlwissend, dass es in Deutschland zuletzt eher schlechte Nachrichten gegeben hatte. Zum Hickhack um den erneut verschobenen Saisonstart der Deutschen Eishockey Liga aufgrund der Corona-Krise wollte sich Draisaitl aber nicht mehr äußern.

In der NHL soll die neue Saison am 1. Januar beginnen. Da möchte es Stützle in den Kader des Teams geschafft haben, das die vergangene Saison als Vorletzter in der Eastern Conference beendete und die Playoffs klar verpasste. „Mein Ziel ist, so schnell wie möglich nach Ottawa zu gehen und dort meinen Traum zu verwirklichen“, sagte Stützle. „Ich glaube, dass es klappen kann in Ottawa, vor allem weil sie auch so eine junge Mannschaft haben und alles am Umwerfen sind.“

Dem 18-Jährigen aus Tönisvorst am Niederrhein schwebt eine ähnliche Karriere wie die von Draisaitl vor. Draisaitl ist nach seinem Draft 2014 kontinuierlich zum aktuell vielleicht besten Spieler der Welt aufgestiegen. In der abgelaufenen Saison wurde der Stürmer der Edmonton Oilers Top-Scorer der NHL und sogar zum wertvollsten Spieler der Liga gewählt. „Das ist auch mein Ziel, so zu sein“, sagte Stützle. Die Basketballerin Satou Sabally war von den Dallas Wings vor dieser Saison beim Draft an zweiter Stelle ausgewählt worden und hatte damit den Rekord aufgestellt.

Lukas Reichel dagegen gibt sich etwas mehr Zeit für den Sprung in die beste Liga der Welt. Auch der Angreifer von den Eisbären Berlin wurde in der ersten Runde ausgewählt - an 17. Stelle von den Chicago Blackhawks. Er hofft, in zwei Jahren in der NHL auf dem Eis zu stehen. Entgegen der Hoffnungen wurde dagegen John Jason Peterka (derzeit von Red Bull München an Red Bull Salzburg verliehen), nicht in der ersten Runde gezogen.

Doch in der zweiten Runde am Mittwoch war es auch für ihn so weit: Er wurde von den Buffalo Sabres ausgewählt. Das Team aus dem US-Bundesstaat New York tauschte für den 18 Jahre alten Stürmer mit den San José Sharks das Recht für die insgesamt 34. Position bei der Rechtevergabe an den Talenten. „Das ist ein echt gutes Gefühl, dass sie für mich nach oben getauscht haben und mich haben wollten“, sagte Peterka bei einer Videopressekonferenz. „Mein Ziel ist, so schnell wie möglich in der NHL zu spielen und den Sabres zu helfen.“

Der Deutsche Eishockey-Bund hofft, dass die deutschen Top-Talente in den kommenden Jahren das Nationalteam prägen. „Für unsere Spieler ist ein Traum in Erfüllung gegangen, der Basis für eine große Zukunft sein kann“, sagte DEB-Präsident Franz Reindl.

© dpa-infocom, dpa:201007-99-851907/8

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Erstellt:
7. Oktober 2020, 07:12 Uhr

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