DFB-Elf bei der EM

Party, Eistonne, Spanien

Nach ihrer epischen Willensleistung gegen Frankreich wartet im EM-Halbfinale der Weltmeister Spanien auf die DFB-Frauen.

Moment des Glücks – die deutschen Spielerinnen nach dem letzten Schuss im Elfmeterschießen.

© IMAGO/Beautiful Sports

Moment des Glücks – die deutschen Spielerinnen nach dem letzten Schuss im Elfmeterschießen.

Von Marco Seliger

Die Musik klang vertraut. Schon in der Kabine in Basel und auf dem Weg zum Bus dröhnte aus den Boxen, die die deutschen Spielerinnen trugen, Liedgut von Wolfgang Petry und Falco – was sich auf der nächtlichen Rückfahrt nach Zürich im Bus und im Eingangsbereich des Teamhotels so fortsetzte. Petry war im Trainingslager vor der EM zu Besuch gewesen und trällerte mit den Nationalspielerinnen seine Hits. In Wien wiederum war die DFB-Elf vor ein paar Monaten rund um ein Testspiel in einem Falco-Musical. „Ganz oder gar nicht“ (Petry) und „Rock Me Amadeus“ (Falco) stehen seither auf der internen Liste oben. Und wenn nicht in der Nacht von Samstag auf Sonntag, wann sonst sollte man feiern und lauthals singen, lässt sich nach dem epischen Erfolg im Elfmeterschießen gegen Frankreich im EM-Viertelfinale von Basel wohl sagen.

Irgendwie mussten alle Beteiligten diesen Wahnsinn ja verarbeiten, die Adrenalinausschüttung zog sich bis zur Ankunft in Zürich. „Wir wissen noch gar nicht, was wir geschafft haben“, hatte die Außenstürmerin Klara Bühl vorher noch ungläubig in Basel gesagt. Die deutsche Elf trotzte da dem französischen Weltklasse-Ensemble, und das nach mehreren Nackenschlägen im Spiel.

Der Schnelldurchlauf geht so: Nach 13 Minuten zerrte die untröstliche Innenverteidigern Kathrin Hendrich am Zopf von Griedge Mbock. Rot wegen Tätlichkeit, Elfmeter, 0:1. Nach 20 Minuten musste die Linksverteidigerin Sarai Linder verletzt runter, noch ein Ausfall in der dezimierten Abwehr. Nach dem 1:1 von Sjoeke Nüsken (25.) verschoss die Mittelfeldspielerin später einen Foulelfmeter (69.). Aber das deutsche Team machte immer weiter. „Ich habe uns noch nie so laufen sehen“, sagte Bühl.

Und Nüsken taugte als Sinnbild. Auch sie lief und kämpfte immer weiter, ehe sie im Elfmeterschießen doch noch traf. „Mir fehlen wirklich die Worte, so ein Spiel habe ich noch nie mitgemacht“, sagte sie. Nüsken fehlt nun im Halbfinale gegen Spanien an diesem Mittwoch in Zürich (21 Uhr/ARD) gelbgesperrt, gab aber trotzdem die Marschroute für das restliche Turnier aus: „Wir wollen jetzt das Ding nach Hause holen.“

Mentalität schlägt Qualität

Mit der Mentalität von Samstag scheint gegen die bei der EM stark aufspielenden spanischen Weltmeisterinnen etwas drin zu sein. Der Auftritt gegen die Französinnen diente als Blaupause für die berühmten deutschen Tugenden, die Christian Wück so gerne betont. „Ich habe der Mannschaft vor dem Spiel gesagt, dass Mentalität Talent schlägt“, sagte der Bundestrainer, der seinem Team dann im Kreis vor dem Elfmeterschießen noch kundtat, dass man jetzt nach so einer Willensleistung samt famoser Einstellung gar nicht mehr verlieren könne.

Jetzt kommt mit Spanien die größtmögliche Herausforderung – und vorher Entspannung für Körper und Geist. „Ich glaube, wir brauchen drei Tage Eistonne und Erholung und dann schauen wir, ob wir noch elf Spielerinnen aufstellen können“, sagte der selbst völlig geschaffte Bundestrainer in Basel.

Die Sorgen in der Defensive sind nach der Roten Karte gegen Hendrich, der Gelbsperre der Sechserin Nüsken und der Verletzung von Linksverteidigerin Linder nicht kleiner geworden. Immerhin: Rechtsverteidigerin Carlotta Wamser kehrt im Halbfinale nach Rotsperre zurück. Eine eingespielte Abwehrreihe wird Wück aber nicht aufs Feld schicken können. Innenverteidigerin Janina Minge richtete dennoch eine Kampfansage an die Weltmeisterinnen: „Man hat gesehen: Wir sind zu Großem fähig. Ich bin mir sicher, dass wir Spanien packen.“

Klara Bühl hat dafür auch schon einen austarierten Plan entwickelt. Mit Blick auf die beiden frühen Roten Karten in den vergangenen beiden Spielen, antwortete sie auf die Frage, wie man denn am besten gegen Spanien spiele, dies: „Am besten zu elft.“

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Erstellt:
20. Juli 2025, 15:56 Uhr

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