Schalkes Horror-Serie: Trainer Baum „das ärmste Schwein“

dpa Gelsenkirchen. Der FC Schalke verliert weiter und nähert sich immer mehr dem Liga-Negativrekord von Tasmania Berlin. 31 Spiele blieben die Berliner in der Saison 1965/66 ohne Sieg. Bei Schalke sind es nun 24. Der Abstiegskampf hat längst begonnen.

Auch Trainer Manuel Baum konnte die Negativserie beim FC Schalke 04 nicht stoppen. Foto: Martin Meissner/Pool AP/dpa

Auch Trainer Manuel Baum konnte die Negativserie beim FC Schalke 04 nicht stoppen. Foto: Martin Meissner/Pool AP/dpa

Das liebste der vielen Wortspiele mit seinem Namen hatte Manuel Baum unter der Woche verkündet. „Der Baum schlägt auf Schalke Wurzeln“, das würde ihm gefallen.

Ob es zu der Schlagzeile irgendwann kommen wird, ist offen. Nachdem sein Team die fast schon tasmanische Horror-Serie auf nun 24 Spiele ohne Sieg ausgebaut hat und sogar ans Tabellenende stürzte, musste der Trainer des FC Schalke 04 in den Medien und sozialen Netzwerken am Wochenende viele andere Baum-Wortspiele über sich ergehen lassen.

Dass Schalke gegen den Baum fahre. Oder dass der Baum auf Schalke rechtzeitig vor Weihnachten wahlweise geschlagen werde, bald falle oder brenne. Für seinen Spieler Mark Uth ist der Trainer aber nicht der Schuldige, sondern „im Endeffekt das ärmste Schwein bei uns“.

Baum selbst hat in den knapp zwei Monaten seiner Amtszeit zahlreiche Sprüche und Vergleiche bemüht. Doch nach Scherzen ist auf Schalke spätestens nach dem 0:2 gegen Wolfsburg niemandem mehr zumute. Denn nach einem Viertel der Saison steckt der stolze Traditionsverein, der 2018 noch Vize-Meister wurde und vor anderthalb Jahren im Achtelfinale der Champions League stand, bis zum Hals im Abstiegskampf.

„Wir sind mittendrin statt nur dabei“, sagte der frustrierte Ex-Nationalspieler Uth und redete sich den Frust von der Seele. „So macht's einfach keinen Spaß. Ich habe das Gefühl, dass wir zwei Mann weniger sind. Ich bin so bedient und sauer, ich würde am liebsten in die Kabine gehen und weinen“, sagte Uth und stellte sich am Ende die wichtigste aller Fragen: „Wir spielen sehr schlechten Fußball. Und ich weiß nicht, wie wir so ein Spiel gewinnen wollen.“

Mehr als 300 Tage, fast ein ganzes Jahr also, warten die Königsblauen nun auf einen Sieg in der Bundesliga. Der legendäre Sieglos-Rekord von Tasmania Berlin, von dem man annahm, dass er nie wackeln würde, ist nur noch sieben Spiele entfernt. Der Sturz auf Rang 18 am Sonntag war folgerichtig.

Baum hat nur die jüngsten sechs Spiele zu verantworten. Doch seine Amtszeit lief bisher unter dem Motto: Jung, dynamisch, erfolglos. Der 41-Jährige arbeitet akribisch, verbreitet Optimismus, doch die nur drei Punkte unter seiner Regie sind noch immer die Bilanz eines Absteigers. Teammanager Sascha Riether lobte die Arbeit des Nachfolgers von David Wagner, gestand aber ein: „Wenn man die Spiele sieht, fragt man sich natürlich: Was trainieren die unter der Woche?“

Vermutlich steht Baum auf Schalke noch nicht akut zur Disposition. Zu groß waren die Baustellen, die er übernehmen musste. Womit aber mehr und mehr auch Sportchef Jochen Schneider in den Fokus der Kritik rücken dürfte. Der - wenn auch unter großem finanziellen Zwang - zusammengestellte Kader funktioniert nicht, das Festhalten an Wagner über die Sommerpause hinaus erwies sich eindeutig als Fehler. Sollte der von Schneider geschätzte Baum sich nachhaltig als falsche Lösung erweisen, wird es auch für den Sportvorstand eng werden.

Eine baldige Trendwende ist nicht nur wegen Mönchengladbach und Leverkusen als nächsten Gegnern derzeit nicht absehbar. Ex-Nationalspieler Dietmar Hamann äußerte als Sky-Experte gar das Gefühl, „dass Schalke sich seinem Schicksal ergeben hat. Ich weiß nicht, wo Besserungen herkommen sollen. So wie sie sich im Moment verkaufen, ist es wirklich peinlich.“ Und Teammanager Riether hatte vielleicht schon ein üble Vorahnung, als er versprach: „Wir geben alles und werden weitermachen. Bis zum bitteren Ende.“

Bis dahin wird Manuel Baum noch einige Wortspiele ertragen müssen. Und der Weg zum Wurzelschlagen ist noch ein sehr weiter.

© dpa-infocom, dpa:201122-99-421825/3

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Erstellt:
22. November 2020, 11:10 Uhr

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