Schwesternpower um ein Drittel reduziert

HCOB-Handballerinnen peilen mit Judit Lukács und Reka Katona-Lukács den Verbandsliga-Aufstieg an, Viktoria Lukács ist verletzt

Theoretisch könnten Spielertrainerin Judit Lukács (37), Reka Katona-Lukács (38) und Viktoria Lukács (26) bei den Landesliga-Handballerinnen des HC Oppenweiler/Backnang den kompletten Rückraum bilden. Praktisch wird die volle Ladung Schwesternpower in dieser Saison durch die schwere Knieverletzung des Nesthäkchens verhindert. Und in der neuen Runde, wenn das Team in die Verbandsliga aufgestiegen sein will, fehlt die Älteste: Reka Katona-Lukács hört im Sommer auf.

Beim HC Oppenweiler/Backnang wie einst schon in Oßweil vereint: Viktoria Lukács, Judit Lukács und Reka Katona-Lukács (von links). Foto: A. Becher

© Alexander Becher

Beim HC Oppenweiler/Backnang wie einst schon in Oßweil vereint: Viktoria Lukács, Judit Lukács und Reka Katona-Lukács (von links). Foto: A. Becher

Von Steffen Grün

2018 kam Judit Lukács noch alleine, als sie dem Ruf aus dem Murrtal folgte. Beim HCOB hofften die Verantwortlichen darauf, dass ihr das gelingen würde, was sie schon bei ihren vorherigen Stationen des Öfteren geschafft hatte: ein Team als Spielertrainerin mit Zweitliga-Erfahrung zum Aufstieg führen. Das Kalkül ging voll auf, mit der Verstärkung für den rechten Rückraum war Oppenweiler/Backnang nicht zu stoppen und holte mit 40:0 Punkten den Meistertitel in der Bezirksliga. Obendrein durfte sich der Verein den Bezirkspokal in die Vitrine stellen. Für Judit Lukács ist der gute Mix aus Talenten und Routiniers das Erfolgsrezept, denn „die jungen Spielerinnen brauchen die erfahrenen Spielerinnen, die auch die nötige Ruhe reinbringen“.

Noch stärker galt das als Neuling in der Landesliga, weshalb sich die Murrtalerinnen vor dieser Runde nach Verstärkungen im mittleren und gehobenen Altersbereich umschauten. In dieses Raster passten auch die zwei Schwestern der Spielertrainerin, womit das Trio wie zuvor schon in Oßweil wieder vereint war. Reka Katona-Lukács kam vom TSV Nordheim und war eigentlich als Linksaußen eingeplant, rückte allerdings rasch in die Rückraumreihe, weil sich Larissa Ziegler und Viktoria Lukács verletzten. Letztere, vom SKV Rutesheim geholt, zog sich im Pokal gegen Schwaikheim einen Kreuzband- und Meniskusriss zu. Sie fällt für die komplette Runde aus, geht aber abgeklärt mit der Situation um: „Ich kann mich glücklich schätzen, dass es meine erste schwere Verletzung ist.“

Bleibt auf dem Feld ein familiäres Duo übrig, das nur ein starkes Jahr trennt und deshalb schon zu Jugendzeiten in Ungarn oft zusammenspielte. „Wir verstehen uns auf dem Platz blind, wir haben weitestgehend dieselbe Denkweise“, sagt Judit Lukács über „Re“, wie sie ihre ältere Schwester nennt. Das immerhin auch bereits 26 Jahre alte Nesthäkchen Viktoria sei dagegen ein ganz anderer Spielertyp, in Oßweil gab es den Lukács-Dreierpack im Rückraum. Im Murrtal wird daraus nichts, weil Reka Katona-Lukács nach dieser Spielzeit die Turnschuhe an den Nagel hängt und aus dem Trio damit ein Duo wird, dessen Bleiben beim HCOB bereits feststeht.

Der Spielertrainerin macht es Spaß, mit den Schwestern in einem Team um Punkte zu kämpfen, „aber sie ärgern sich natürlich auch ab und zu über meine Entscheidungen“, verrät Judit Lukács und schmunzelt. Eine Gefahr für den familiären Frieden ist das aber nicht, „denn wir können es klar unterscheiden, ob wir als Trainerin und Spielerin oder als Schwestern miteinander reden“. Das bestätigt auch Viktoria Lukács, die über weite Strecken ihrer bisherigen Laufbahn entweder von der einen oder von der anderen Schwester trainiert wurde: „Wer Probleme mit der Trainerin hat, klärt es mit ihr direkt – das gilt für mich wie für alle anderen Spielerinnen.“ Die Verwandtschaft sei auf keinen Fall ein Vorteil, eher treffe es zu, dass mit noch etwas kritischerem Blick hingeschaut wird.

Bei Judit Lukács war’s vor zwölfeinhalb Jahren der Handball, der sie aus Ungarn nach Deutschland und hier zu den Schwaben zog, um für den Zweitligisten Waiblingen und später für Bietigheim, Pflugfelden, Oßweil und Schmiden zu spielen. Sie fasste aber auch beruflich Fuß, was für die beiden anderen der Hauptgrund war, aber „ich weiß, dass beide sehr glücklich mit dieser Entscheidung sind“, erläutert die HCOB-Spielertrainerin, die auch schon die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, auf die ihre Schwestern noch warten müssen. Ein Zurück in die alte Heimat ist eher nicht angedacht, in der neuen Heimat wartet in der Rückrunde eine interessante sportliche Herausforderung. Es geht darum, mit dem HCOB den Durchmarsch in die Verbandsliga zu schaffen. Die Aussichten sind bestens, denn die Murrtalerinnen sind mit 19:3 Zählern und damit den wenigsten Minuspunkten aller Klubs derzeit Zweiter. Sogar der Titel ist in Reichweite, doch der erneute Aufstieg ist das Hauptthema – und dafür reicht in dieser Runde ein Platz in den Top Vier, da die Spielklassenstruktur reformiert wird und der Weg in die Württembergliga versperrt ist.

„Das hat mich vor der Saison schon geärgert, dass es gar nicht möglich ist, in die Württembergliga aufzusteigen“, räumt Judit Lukács ein. Mittlerweile denkt sie, dass der Sprung in diese künftig eingleisige Liga vielleicht noch etwas zu früh gekommen wäre und der Zwischenschritt eine sinnvolle Sache ist. „Mittelfristig muss die Württembergliga das Ziel sein, aber kurzfristig müssen wir uns in der Verbandsliga etablieren“, betont die Spielertrainerin. Klappen muss es allerdings mit doppelter statt mit dreifacher Schwesternpower.

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Erstellt:
16. Januar 2020, 06:00 Uhr

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