Solidaritätswelle für Ringer Afkari - Bach „überaus besorgt“

dpa Berlin. Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung ist entsetzt. IOC-Präsident Thomas Bach zeigt sich besorgt. Der Fall Navid Afkari erregt nicht nur die Sportwelt. Der zum Tode verurteilte iranische Ringer erfährt auch politisch Zuspruch.

Äüßerte sich besorgt zum Fall Afkari: IOC-Präsident Thomas Bach. Foto: Greg Martin/IOC/dpa

Äüßerte sich besorgt zum Fall Afkari: IOC-Präsident Thomas Bach. Foto: Greg Martin/IOC/dpa

Eine internationale Solidaritätswelle soll im Fall des zum Tode verurteilten iranischen Ringers Navid Afkari politischen Druck aufbauen.

„Als Athleten- und Sportgemeinschaft müssen wir uns schützend vor ihn stellen. Wenn der friedliche Protest eines Athleten mit Folter und Hinrichtung erwidert wird, dürfen wir nicht schweigen“, forderte der Geschäftsführer von Athleten Deutschland, Johannes Herber, und erweiterte den Unterstützerkreis an Politikern und Sportlern. IOC-Präsident Thomas Bach sprach davon, sich dem Athleten Afkari „nahe“ zu fühlen. Man sei „überaus besorgt“.

Auch der Deutsche Olympische Sportbund beobachte „mit größter Sorge die Situation“ um den unter zweifelhaften Umständen zum Tode verurteilten Afkari, sagte DOSB-Präsident Alfons Hörmann. „Wir schließen uns den weltweiten Forderungen von Politik und Sport an die iranische Führung an, den Vollzug der Strafe auszusetzen und dem Angeklagten einen fairen Prozess als eines der grundlegenden Menschenrechte zu gewähren.“

Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Bärbel Kofler, zeigte sich über das Todesurteil entsetzt. „Ich appelliere an die Verantwortlichen in Iran, die Todesstrafe gegen Navid Afkari auszusetzen und ihm, wie auch seinen Brüdern Vahid und Habib, ein faires Gerichtsverfahren zu ermöglichen, das rechtsstaatlichen Grundsätzen entspricht. Dazu gehört, dass Geständnisse nicht unter Folter erzwungen werden!“, teilte Kofler mit.

Afkari, der als Talent galt, hat nach Angaben der iranischen Justiz bei einer Demonstration 2018 in der südiranischen Stadt Schiras einen Sicherheitsbeamten getötet. Er habe die Tat gestanden, hieß es. Der Sportler, seine Familie und Menschenrechtsorganisationen führen dagegen an, das Geständnis sei durch Folter erzwungen worden.

Das Geständnis sowie Aufnahmen der angeblichen Tat wurden im iranischen Staatsfernsehen sowie im Videoportal Aparat gezeigt. Afkari wurde daraufhin zu Tode verurteilt. Seine beiden Brüder, die mit ihm zusammen an den Protesten gegen das islamische Regime teilgenommen hatten, erhielten hohe Gefängnisstrafen. Das Urteil ist vom obersten Gerichtshof des Landes bestätigt worden und somit rechtskräftig. Es soll aber erst in sechs Jahren vollstreckt werden.

Verbände wie das IOC oder der Ringer-Weltverband sowie ihre Sponsoren müssten „ihren Einfluss nutzen, um Navid vor dem Tod zu bewahren. Ein Land, das Menschenrechte derart mit den Füßen tritt, kann nicht Teil der globalen Sportgemeinschaft sein, die sich der Wahrung der Menschenwürde verschreibt“, schrieb der Beauftragte für Internationale Sportpolitik bei Athleten Deutschland, Maximilian Klein. Herber forderte: „Wir rufen alle Athletinnen und Athleten dazu auf, sich mit Navid Afkari zu solidarisieren.“

IOC-Präsident Bach erklärte, dass man zum Olympischen Komitee des Landes und dem nationalen Ringerverband Kontakt aufgenommen habe. Diese würden ihr „Äußerstes“ tun, um eine Lösung im Fall Afkari zu fördern. Der deutsche Spitzenfunktionär wies allerdings auch darauf hin, dass das IOC die Souveränität und das Justizsystem eines souveränen Landes respektiere.

Die iranische Justiz wies Kritik am Todesurteil gegen Afkari zurück. „Viele mischen sich einfach in Angelegenheiten ein, von denen sie weder genaue Informationen haben noch die notwendige juristische Kompetenz besitzen“, sagte Justizsprecher Gholam-Hussein Ismaili am Mittwoch. Afkari habe einen Menschen ermordet und das Urteil gegen ihn im Iran laute nicht Todesstrafe, sondern „Ghissas“, so der Sprecher laut Nachrichtenportal Alef. „Ghissas“ ist im islamischen Recht das Prinzip der Wiedervergeltung, Blutrache oder Auge um Auge.

Die Kampagne „Rettet Navid Afkari“ läuft aber längst. Sogar US-Präsident Donald Trump forderte die iranische Führung auf, den Ringer nicht hinzurichten.

© dpa-infocom, dpa:200910-99-504939/4

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Erstellt:
10. September 2020, 15:04 Uhr

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