Schreckensszenario? Was beim Bundesliga-Abbruch droht

dpa Frankfurt/Main. Der Spielbetrieb in der Bundesliga ist wieder angelaufen, doch ein Abbruch-Szenario ist längst nicht vom Tisch. DFL und Vereine wollen bis zur kommenden Woche eine Lösung finden. Klar scheint: Bei einem Abbruch geht es kaum ohne Verlierer.

Die Deutsche Fußball Liga und die Clubs müssen eine Lösung für einen möglichen Abbruch finden. Foto: Arne Dedert/dpa

Die Deutsche Fußball Liga und die Clubs müssen eine Lösung für einen möglichen Abbruch finden. Foto: Arne Dedert/dpa

Die Erleichterung über den gelungenen Neustart hat einen brisanten Zwist in der Fußball-Bundesliga wohl nur kurz verdrängt. Was passiert eigentlich, wenn die Saison wegen der Coronavirus-Pandemie doch noch abgebrochen werden muss?

Bei den Vereinen herrschte Uneinigkeit, die Deutsche Fußball Liga (DFL) vertagte die Frage zunächst - eine Entscheidung soll nun bis spätestens nächste Woche fallen. Die Deutsche Presse-Agentur blickt auf die Konstellationen in anderen Sportligen und beantwortet die wichtigsten Fragen rund um einen möglichen Saisonabbruch:

Wie stehen DFL und Vereine zu einem möglichen Abbruch?

Die riesigen Bemühungen der DFL zeigen, dass ein Abbruch nur dann erfolgen soll, wenn es die Corona-Situation überhaupt nicht mehr anders zulässt. DFL-Geschäftsführer Christian Seifert stellte schon früh klar, dass es bei der Fortsetzung mit Geisterspielen auch darum geht, die Liga auch zukünftig in ihrer bisherigen Form erhalten zu können. „Es steht mehr auf dem Spiel als nur ein paar Fußballspiele“, betonte der Funktionär. Nach „Kicker“-Recherchen wären 13 der 36 Proficlubs von der Insolvenz bedroht, wenn durch einen Abbruch TV-Gelder fehlen oder zurückgezahlt werden müssen.

Warum ist der 30. Juni so wichtig?

Die Spielerverträge sind zunächst bis zu diesem Termin gültig, BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke befürchtet zudem „riesige Regressforderungen“, wenn man die Saison nicht bis Ende Juni beendet habe. „Man muss aufpassen, dass sich nicht jetzt Entwicklungen abspielen im Fußball, die wir nie wieder zurückgebracht kriegen“ mahnte Watzke.

Sportrechts-Experte Thomas Summerer geht davon aus, dass zumindest das Problem der Spielerverträge einfach lösbar ist. „Meines Erachtens verlängern sich die Arbeitsverträge wegen der Corona-Pandemie automatisch bis zum Ablauf des Tages, an dem ein Club in der Saison 2019/2020 sein letztes Pflichtspiel bestreitet“, sagte Summerer der Deutschen Presse-Agentur. Die DFL hat inzwischen auch eingeräumt, die Saison, falls notwendig, Anfang Juli zu beenden.

Wie haben andere Sportligen den Abbruch gestaltet?

Höchst unterschiedlich. Die Deutsche Eishockey Liga (DEL) brach ihre Saison unmittelbar vor den Playoffs ab, einen Meister gab es nicht. Bei den Handballern wurde Tabellenführer THW Kiel nach der sogenannten Quotientenregelung als Meister gekürt. Dabei werden bei jedem Team die Pluspunkte durch die absolvierten Spiele geteilt und anschließend mit 100 multipliziert. Bei den Handball-Frauen hingegen wurde trotz Abbruchs kein Meister gekürt.

In den Niederlanden und in Frankreich wurden nach strengen politischen Auflagen auch die Fußball-Ligen vorzeitig abgebrochen. Während Paris Saint-Germain als französischer Meister gekürt wurde, gibt es in der Eredivisie keinen nationalen Champion. Dafür gab es in den Niederlanden auch keine Absteiger, in Frankreich schon. Summerer rät zu einer Lösung, die möglichst wenig Angriffsfläche bietet. „Wenn man es mit der Chancengleichheit und dem Fair Play ernst meint, sollte es keine Verlierer geben. Folglich wäre die beste Lösung die Variante, dass es keine Absteiger gibt, sondern die Bundesliga in der kommenden Saison um zwei Aufsteiger aufgestockt wird“, sagte er.

Was spricht für einen Abbruch?

Derzeit scheint sich die Situation beruhigt zu haben. Seit zwei Positivtests bei Dynamo Dresden vor eineinhalb Wochen wurden keine weiteren Fälle bei Clubs der 1. und 2. Liga bekannt, der Spielbetrieb ist ohne große Schwierigkeiten angelaufen. Doch die Ruhe ist trügerisch, nach dem ersten Spieltag sind die Spieler von der Isolation in ihre Familien zurückgekehrt. Dazu kommt: Gibt es nun positive Corona-Tests, droht möglicherweise nicht nur dem Team des Infizierten eine zweiwöchige Quarantäne, sondern auch dem davor letzten Gegner. Die lokalen Gesundheitsämter entscheiden.

Welche Wertungsmöglichkeiten gibt es im Fall der Fälle?

Meister küren oder Saison ohne Meister, Abstieg beibehalten oder aussetzen, Liga unverändert lassen oder aufstocken: Bei einem Abbruch sind viele Möglichkeiten denkbar. Für Clubs wie Paderborn und Bremen könnten solche Formalien dann darüber entscheiden, in welcher Liga der Club in der kommenden Spielzeit antritt. Vereine, die mit der Lösung nicht zufrieden sind, können dagegen vorgehen. „In Deutschland besteht zwischen den Proficlubs und der DFL eine Schiedsvereinbarung. Ein Club wäre demnach klagebefugt und könnte das Ständige Schiedsgericht für Vereine und Kapitalgesellschaften der Lizenzligen anrufen“, sagte Summerer.

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Erstellt:
20. Mai 2020, 07:41 Uhr

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