Strobel hat erlebt, was Seitz vor sich hat

Sportprofis in Backnang: Handballer schwärmt trotz Verletzung von der WM im eigenen Land, im Oktober ist die Turnerin dran

Zunächst fällt Spitzenturnerin Elisabeth Seitz und Handball-Nationalspieler Martin Strobel beim Besuch in Backnang nur eine naheliegende Gemeinsamkeit ein: „Wir sind beide Sportler.“ Die Talkrunde offenbart dann aber ähnliche Erfahrungen, die der Profisport so mit sich bringt, wie im Umgang mit Verletzungen. Und: 2019 ist für beide das Jahr der Heim-WM. Für Strobel war das Turnier im Januar mit einer Knieverletzung abrupt beendet, für Seitz wird es in Stuttgart im Herbst ernst.

Martin Strobel ist nach seinem Kreuzbandriss schon wieder zuversichtlich, Elisabeth Seitz fiebert der WM in Stuttgart entgegen. Foto: A. Becher

© Pressefotografie Alexander Beche

Martin Strobel ist nach seinem Kreuzbandriss schon wieder zuversichtlich, Elisabeth Seitz fiebert der WM in Stuttgart entgegen. Foto: A. Becher

Von Steffen Grün

Die Konstellation mit einer Turn-WM in Baden-Württembergs Hauptstadt und einer Handball-WM in Deutschland im selben Jahr hatte es 2007 schon einmal gegeben. Damals holten die Jungs um Bundestrainer Heiner Brand den Titel, dieses Mal mussten sie sich mit dem vierten Platz begnügen. Müßig, zu überlegen, ob vielleicht noch mehr drin gewesen wäre, hätte sich Spielmacher Martin Strobel im Hauptrundenduell mit Kroatien keinen Kreuz- und Innenbandriss im linken Knie zugezogen. Der 32-Jährige erinnert sich trotzdem gerne an die Titelkämpfe: „Ein Turnier im eigenen Land ist für alle Sportler ein besonderes Highlight, das bleibt lange im Kopf. Es war eine unglaubliche Erfahrung.“

Ein Erlebnis, das Elisabeth Seitz noch vor sich hat und dem sie entgegenfiebert: „Eine Heim-WM in Stuttgart war immer mein Traum, denn 2007 kam für mich zu früh.“ 13 Jahre alt war sie damals, nun ist sie 25 und hat noch einiges vor, auch wenn Turnerinnen mit Mitte 20 oft nachgesagt wird, die Karriere neige sich ihrem Ende zu. „Bei der WM in Stuttgart und bei den Olympischen Spielen in Tokio 2020 bin ich auf alle Fälle noch voll dabei“, versprach die Frontfrau des MTV Stuttgart den etwa 100 Besuchern beim Teamsportabend bei Intersport Hettich, der von Tim Grothaus moderiert wurde und den der Physiotherapeut Rüdiger Lüftner mit einem Vortrag über seine Arbeit mit Profi- und Breitensportlern eingeläutet hatte. Das eine bedingt das andere, weil in der Hanns-Martin-Schleyer-Halle vom 4. bis zum 13. Oktober die Tickets für das weltgrößte Sportereignis in Japans Hauptstadt vergeben werden. „Wir wollen als Mannschaft die Qualifikation schaffen und dann will ich auch zu meinen dritten Olympischen Spielen“, verkündet Seitz, die bereits in London 2012 und in Rio de Janeiro 2016 im Zeichen der Ringe turnte und am Stufenbarren erst Sechste und dann Vierte wurde. „Ich habe mit Olympia noch eine Rechnung offen“, sagt die 25-Jährige und schmunzelt. Unschwer zu erraten, dass eine Medaille der ganz große Traum ist. Mit Bronze an ihrem Lieblingsgerät bei den Weltmeisterschaften in Doha im vergangenen Jahr hat die gebürtige Heidelbergerin gezeigt, dass sie das Potenzial dazu hat.

Für Strobel geht es nach seiner schweren Knieverletzung erst einmal darum, wieder fit zu werden. Der Genesungsprozess liege im Plan. „Im September oder Oktober möchte ich wieder in den Spielbetrieb eingreifen.“ Solange muss HBW Balingen-Weilstetten ohne sein Aushängeschild auskommen und an den letzten acht Zweitliga-Spieltagen die Rückkehr in das Oberhaus unter Dach und Fach bringen. „Ich stehe dem jungen Team mit Rat und Tat zur Seite“, erklärt der gebürtige Rottweiler, wie er seinem Klub, den er als Profi von 2008 bis 2013 nach Lemgo verlassen hatte, auch verletzt helfen kann. Im Herbst will Strobel dann wieder in der Eliteklasse zum Sprungwurf ansetzen. „Ob es noch einmal für die Nationalmannschaft reicht, muss ich abwarten.“ 147 Länderspiele mit 170 Toren und der Europameistertitel sowie die olympische Bronzemedaille 2016 sind aber ohnehin schon große Erfolge.

Was Martin Strobel nicht hat, was im Handball – vom Kempa-Trick abgesehen – aber auch nicht verbreitet ist, ist eine nach seinem Namen benannte Technik. Anders ist es bei Elisabeth Seitz, die wie unter anderem auch Eberhard Gienger mit seinem Salto ein eigenes Element erschaffen hat. „Der Seitz“ ist ein Flugteil am Stufenbarren vom unteren zum oberen Holm mit einer ganzen Längsachsendrehung. Ein gutes Beispiel für das, was der Handballer in der Talkrunde meint, wenn es ihn „beeindruckt, wozu der Körper imstande ist“. Für eine große Qualität hält es Strobel auch, wie Turner auf Knopfdruck ihr Können zeigen müssen. „Wir haben dagegen 60 Minuten Zeit.“ Umgekehrt ist Handball für Seitz eine der Sportarten, die sie am meisten interessieren. „Ich habe mir schon oft Spiele von Bittenfeld angeschaut.“

Ein besonderes Augenmerk im eigenen Verein und mittlerweile auch im Nationalteam richtet die Spitzenturnerin auf eine potenzielle Nachfolgerin, die in Allmersbach im Tal wohnt und bei der TSG Backnang ausgebildet wurde: Emelie Petz. Die 16-Jährige sei „ein großes Talent, eines der größten in Deutschland. Sie muss gesund bleiben, dann stehen ihr alle Türen offen“. Wie wichtig es ist, dass der eigene Körper mitmacht, wissen Elisabeth Seitz und Martin Strobel aus eigener Erfahrung.

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Erstellt:
26. April 2019, 06:00 Uhr

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