European League of Football

Stuttgart Surge bleibt ohne Punkte – das sind die Gründe

Cheftrainer Jordan Neuman erklärt die 0:6-Niederlage seines Teams bei den Paris Musketeers – und sieht auch das Positive: „Es war ein Weckruf zur richtigen Zeit.“

Aus der Balance: Surge-Receiver Daniel Pedro wird von der Verteidigung der Paris Musketeers gestoppt.

© Imago/Eibner

Aus der Balance: Surge-Receiver Daniel Pedro wird von der Verteidigung der Paris Musketeers gestoppt.

Von Jochen Klingovsky

Jordan Neuman hat ein gutes Gedächtnis. Nach der Frage, wann denn das letzte Mal ein von ihm trainiertes Team in einem Spiel ohne Punkte geblieben war, muss der Trainer der American Footballer von Stuttgart Surge nicht lange überlegen. „So etwas“, sagt er, „passiert nicht oft. Es ist fast zehn Jahre her.“

Es war am 7. Mai 2016, als die Schwäbisch Hall Unicorns und ihr damaliger Coach Jordan Neuman gegen die Swarco Raiders Tirol mit 0:34 unterlagen. Und an noch etwas kann sich Neuman ziemlich genau erinnern: „Es war kein schönes Gefühl.“ Seither? Gab es zwar die eine oder andere Niederlage für Neuman und seine Mannschaften, aber keine Zu-Null-Pleite mehr. Bis am Sonntag, als er mit Stuttgart Surge bei den Paris Musketeers 0:6 verlor und feststellte, dass sich eines nicht verändert hat: „Auch das ist kein schönes Gefühl gewesen.“

Busfahrt endet erst um 4 Uhr morgens

Ergebnisse, bei denen eine Mannschaft weder ein Field Goal noch einen Touchdown erzielt oder den Gegner in dessen eigener Endzone gestoppt hat, kommen in der European League of Football (ELF) immer mal wieder vor. Zuletzt am 13. Spieltag der vergangenen Saison, als die Milano Seamen (0:30 bei den Raiders Tirol), die Fehervar Enthroners (0:46 bei den Vienna Vikings) und die Barcelona Dragons (0:56 bei den Stuttgart Surge) keine Punkte schafften. Was so gut wie nie passiert: dass ein Topteam wie Surge leer ausgeht. Auch deshalb waren die Zeit nach dem Spiel in Paris und die Busfahrt zurück nach Stuttgart bis um 4 Uhr morgens für Jordan Neuman und seine Co-Trainer arbeitsreich. „Bei der Frage, woran es lag, können wir es uns nicht leisten zu raten“, sagt der Surge-Coach, „wir mussten den Grund finden.“ Am Ende kam heraus: Es gab nicht nur einen.

Das Laufspiel, beim 33:20-Auftaktsieg gegen Frankfurt Galaxy noch die große Stärke, kam überhaupt nicht in Gang. Der beste Lauf endete schon nach neun Yards. Zusammen mit den vielen Strafen, die das Surge-Team kassierte, führte dies dazu, dass Quarterback Reilly Hennessey auf dem Weg zu einem neuen ersten Versuch immer wieder große Distanzen zu überbrücken hatte – was ihm oft nicht gelang. „Er hatte sicher nicht seinen besten Tag“, sagt Jordan Neuman, „wenn es mal die Chance gab, einen Pass anzubringen, fehlte ihm immer mal wieder die Genauigkeit.“

Dazu kam, dass Receiver Jeff Cotton sich schon im zweiten Angriff eine Muskelverletzung zugezogen hatte und ausfiel, weshalb Hennessey eine seiner wichtigste Anspielstationen fehlte. Und auch die Offensive Line war nicht so stabil wie noch in der Woche zuvor gegen Frankfurt. „Es gab keinen Mannschaftsteil, der gegen die Musketeers, die sehr stark verteidigt und viel Druck gemacht haben, funktioniert hat, dazu zähle ich ausdrücklich auch das Coaching-Team“, sagt Jordan Neuman, „das war enorm schade, denn unsere Defensive hat einen hervorragenden Job gemacht. Leider haben wir das nicht ausnutzen können.“ Zweifel kommen deshalb trotzdem nicht auf.

Hamburg Sea Devils mit prominentem Namen

Der Surge-Coach macht sich zwar Sorgen, weil er befürchtet, dass Jeff Cotton mehrere Wochen ausfallen könnte, er betont aber auch: „Ich vertraue meinem Team zu 100 Prozent. Vielleicht war das der Weckruf zur richtigen Zeit. Paris gehört zu den zwei, drei besten Teams der ELF, das ist das Niveau, auf dem auch wir spielen wollen. Am Sonntag haben wir das nicht geschafft. Doch es ist besser, diese Erfahrung jetzt zu machen – und nicht erst in acht oder zehn Wochen.“ Zumal das Programm schwierig bleibt.

Am Samstag (18 Uhr) wartet bei den Hamburg Sea Devils, die im Bremer Weserstadion spielen, die nächste Herausforderung. Das Team hat sich mit einem prominenten Namen verstärkt, gegen Stuttgart Surge wird Quarterback Taulia Tagovailoa – der Bruder von NFL-Superstar Tua Tagovailoa (Miami Dolphins) – sein erstes Spiel machen. Er gehört zu den erfolgreichsten College-Quarterbacks der Geschichte, und soll nun das Herz der Hamburger Offensive werden. „Er wird einen Hype auslösen, mit ihm sind große Hoffnungen verbunden. Die Sea Devils sind ein starker Gegner, der ebenfalls über eine sehr gute Defense verfügt“, sagt Jordan Neuman, „dazu kommt, dass es für uns eine kurze Woche wird, da wir schon am Freitag mit dem Bus nach Bremen fahren. Dieses Duell wird sicher kein Selbstläufer.“

Erst recht nicht nach dem Negativerlebnis in Paris. Wie es in Bremen ausgeht? Ist offen. Sicher dürfte beim Blick auf die Statistik nur eines sein: Surge wird nicht noch mal ohne Punkte bleiben.

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Erstellt:
26. Mai 2025, 16:18 Uhr

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