Bayer mit fünf Offensiv-Zauberern erster Bayern-Rivale

dpa Leverkusen. Eine Woche vor dem direkten Duell zum Jahresabschluss verdrängt Bayer Leverkusen den FC Bayern München von der Tabellenspitze in der Fußball-Bundesliga. Das Bosz-Team könnte in dieser Saison ein echter Konkurrent für den Champions-League-Sieger werden.

„Lieber da als irgendwo anders“, sagt Leverkusens Trainer Peter Bosz über Tabellenplatz eins. Foto: Thilo Schmuelgen/Reuters/Pool/dpa

„Lieber da als irgendwo anders“, sagt Leverkusens Trainer Peter Bosz über Tabellenplatz eins. Foto: Thilo Schmuelgen/Reuters/Pool/dpa

Ein Derby und ein Spitzenspiel gegen den FC Bayern München trennen Bayer Leverkusen noch von der inoffiziellen Weihnachts-Meisterschaft - und das im ersten Jahr nach dem Abgang von Kai Havertz.

Ohne den 100-Millionen-Mann ist die Werkself in der Bundesliga noch ungeschlagen und seit Sonntag zum ersten Mal seit sechs Jahren oder 212 Spieltagen wieder Tabellenführer. Und spätestens seit dem Sprung an die Spitze durch das 4:1 (2:0) gegen 1899 Hoffenheim stellt sich die Frage: Stoppt ausgerechnet das ewige „Vizekusen“ nach acht Titeln in Folge die Meisterserie der Bayern?

Ersten Aufschluss darüber wird das direkte Duell am Samstag in Leverkusen geben. Davor muss Bayer in der Englischen Woche noch das Derby in Köln absolvieren, die Bayern empfangen die bislang ungeschlagenen Wolfsburger. Doch erste Titelträume blühen zweifellos schon unter dem Bayer-Kreuz. „Es ist ein super Gefühl und eine große Motivation, auf Platz eins zu stehen“, sagte der seit Wochen überragende Leon Bailey, der schon vor dem Spiel klargestellt hatte: „Wir wollen dieses Jahr einige große Dinge schaffen.“

Das scheint nicht ausgeschlossen, weil bei den personell sogar noch arg gebeutelten Leverkusenern in diesem Jahr die Balance im Team stimmt. Mit zehn Gegentoren hat Bayer die zweitbeste Abwehr der Liga. Und in der Offensive zaubern nach dem Abgang des trotz seiner Jugend schon dominanten und omnipräsenten Havertz gleich fünf unterschiedliche Stars regelrecht um die Wette: zwei pfeilschnelle Dribbler auf den Außenbahnen, ein schon als nächster Havertz gefeiertes Ausnahmetalent im Zentrum und gleich zwei echte Torjäger.

LEON BAILEY/MOUSSA DIABY: Auch Hoffenheims Trainer Sebastian Hoeneß kapitulierte vor den „zwei Pfeilen auf der Außenbahn“. Der Franzose Diaby (21) war in jedem zweiten Spiel an einem Tor beteiligt, am Sonntag legte er mit 35,29 km/h zudem den schnellsten Sprint der Saison hin. Der Jamaikaner Bailey (23) kam nach wochenlanger Quarantäne nach der Geburtstagsfeier von Sprint-Star Usain Bolt schwer in die Saison. In den vergangenen neun Spielen erzielte er dann neun Tore. „Die großen Spieler liefern immer, nicht nur ab und zu“, sagte Trainer Peter Bosz: „Leon hat das geschafft.“

FLORIAN WIRTZ: Der 17-Jährige hat Havertz in Rekordzeit vergessen lassen, schoss gegen Hoffenheim ein überragendes Tor und stellt einen Rekord nach dem anderen auf. Jüngster Torschütze der Bundesliga-Geschichte ist er zum Beispiel, jüngster Spieler in der Historie der deutschen U21 auch. Und er hat einen Trainer, der ihn gleichzeitig lobt und antreibt. „Ich bin auch beeindruckt von ihm“, sagte Bosz: „Aber er muss noch sehr viel lernen.“

LUCAS ALARIO/PATRIK SCHICK: Für viele Experten drohte der Abgang von Torjäger und Vize-Kapitän Kevin Volland zu einem großen Problem zu werden. Doch das Gegenteil ist der Fall. Der für 26,5 Millionen Euro als sein Ersatz geholte Patrik Schick (24) deutete sein Potenzial trotz noch etwas fehlender Bindung und siebenwöchiger Verletzung mehrfach an. Der ewige Joker Alario (28) trifft plötzlich mit großer Selbstverständlichkeit, zuletzt elfmal in elf Pflichtspielen. Bosz sieht die beiden zwar nicht zusammen auf dem Feld, doch ihr Jobsharing funktioniert großartig. Einer läuft die Gegner müde, der andere kommt dann und vollendet.

Mit dieser Offensive könnte Bayer die zuletzt müde wirkenden Bayern tatsächlich richtig herausfordern. Die Tabellenführung will Bosz nicht überbewerten. Er war 2017 mit Borussia Dortmund schon mal für neun Spieltage Erster und wurde sechs Spiele später beurlaubt. „Aber“, ergänzte er mit einem Schmunzeln, „wir stehen lieber da als irgendwo anders.“

© dpa-infocom, dpa:201214-99-682616/3

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Erstellt:
14. Dezember 2020, 07:32 Uhr

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