Sieg bei Tottenham: Anderes Trikot verleiht Werner Flügel

dpa London. Timo Werner beendet seine Durststrecke und schießt Leipzig zum Favoriten gegen Tottenham. Die Leistung in London hat gezeigt, dass das Team auf einem neuen Level angekommen ist.

Matchwinner beim Leipziger Sieg in London: Timo Werner (l). Foto: Robert Michael/dpa-Zentralbild/dpa

Matchwinner beim Leipziger Sieg in London: Timo Werner (l). Foto: Robert Michael/dpa-Zentralbild/dpa

Nach dem Ende seiner Tor-Krise und einem glanzvollen Auftritt blieb Timo Werner nahezu allein zurück.

Während seine Teamkollegen von RB Leipzig nach dem 1:0 (0:0) im Achtelfinal-Hinspiel der Champions League bei Tottenham Hotspur glückselig Richtung Bus schlenderten, hockte der Held des Abends bei der Dopingkontrolle. Sein eiskalt verwandelter Elfmeter verschaffte Leipzig eine gute Ausgangsposition für das Rückspiel und beeindruckte selbst seinen besten Kumpel. „Es ist nicht einfach, in so einer Situation einen Elfmeter zu schießen. Großer Respekt, dass er den reinhaut“, befand Mittelfeld-Arbeiter Konrad Laimer.

Fünf Spiele hatte Werner nicht getroffen. Für einen Angreifer mit seiner Quote eine kleine Ewigkeit. Zweifel plagten ihn im eindrucksvollen neuen Spurs-Stadion dennoch nicht. „Man muss mit seinen Nerven klarkommen. Es hat ein bisschen gedauert, bis ich schießen konnte. Es kamen ein paar Sachen, die den Pegel hochschrauben. Aber ich habe versucht, cool zu bleiben“, meinte Werner. Der 23-Jährige blieb entspannt und sorgte bei RB für große Erleichterung.

Denn bis zum Siegtor hatte Leipzig nicht nur eine herausragende Leistung geboten, sondern auch reihenweise Großchancen vergeben. Dass die Mannschaft ruhig geblieben ist, sah Trainer Julian Nagelsmann stolz als wichtigen Entwicklungsschritt. „So eine Situation ist ein Klassiker für Ungeduld. Das war sehr reif von dieser jungen Mannschaft“, meinte der 32-Jährige. „Sie haben der Bühne angemessene Seniorität reingebracht. Wenn der Trainer schon keinen Bart hat, spielt wenigstens die Mannschaft erwachsen.“

Tatsächlich war nichts von der Unsicherheit zu spüren, die Leipzig in der Vergangenheit gerade in Anfangsphasen gegen namhafte Gegner wie Dortmund oder Bayern oft gezeigt hatte. Stattdessen spielte RB bei seiner Achtelfinal-Premiere so, als sei man schon seit einem Jahrzehnt in der Königsklasse dabei. „Wir waren von der ersten Sekunde an da und haben unser wahres Gesicht gezeigt“, sagte Laimer. Der immens wichtige Österreicher musste mit einer Schulterverletzung raus, gab aber mit Blick auf das Spiel auf Schalke am Samstag (18.30 Uhr/Sky) leichte Entwarnung.

In das Rückspiel am 10. März geht Leipzig nun als Favorit. Das sah selbst der Boss so. „Die Mannschaft hat einen souveränen Auftritt hingelegt. Mit dem Resultat können wir sehr gut ins Rückspiel gehen“, sagte der Vorstandsvorsitzende Oliver Mintzlaff. Die Chancen stünden nun bei 60:40. Zudem sei man mittlerweile so weit, dass man mit Rotation eine gute Leistung zeigen könne.

Es war sogar eine bemerkenswerte Leistung, mit der das Team Nagelsmann in die Geschichtsbücher spielte. Mit 32 Jahren und 211 Tagen ist er der jüngste Trainer, der in der Champions League je in der K.o.-Runde ein Spiel gewonnen hat. „Wir haben uns nicht einschüchtern lassen und können stolz sein. Jetzt wollen wir das Ganze im Rückspiel veredeln“, betonte Laimer.

Womöglich trifft dann Werner sogar erstmals im eigenen Stadion. Denn seine bisherigen sieben Tore in der Königsklasse schoss der Stürmer allesamt auswärts. Der wieder geweckte Torinstinkt dürfte ihn jedenfalls befreien. Auch wenn man seine Durststrecke im Club herunterspielt. „Ich sehe das nicht so dramatisch. Natürlich lebt ein Stürmer von seinen Toren, aber wir haben nie über eine Krise gesprochen“, sagte Mintzlaff.

Dass der vom FC Liverpool umworbene Werner ausgerechnet bei seinem ersten Spiel in England wieder getroffen hat, ist reiner Zufall. Viele Fans der Mannschaft von Jürgen Klopp hat es jedenfalls verzückt - und Werner gab das Kompliment gern zurück. „Ich weiß, dass Liverpool im Moment das beste Team in der Welt ist und wenn man mit dem Team in Verbindung gebracht wird, macht einen das stolz“, sagte der Stürmer bei Sky und schränkte dann ein: „Ich muss mich noch verbessern, noch viel lernen, um auf diesem Niveau zu spielen.“

An einem glanzvollen Abend fiel nur die Dienstkleidung von RB Leipzig etwas aus der Reihe. So liefen Werner, Christopher Nkunku und Nationalspieler Lukas Klostermann mit anderer Trikot-Werbung auf als der Rest der Mannschaft. Das Logo das Hauptsponsors war weiß, nicht rot und gelb wie bei den Mitspielern. „Ich habe mit den Zeugwarten gesprochen. Auf dem Weg vom Hotel ist die Kiste mit den komplett richtigen Trikots abhandengekommen. Da müssen wir mal auf die Suche gehen, wo die hin ist. Die zwei Spürnasen sind schon unterwegs, damit wir im Rückspiel die richtigen Trikots anhaben“, sagte der gelöst wirkende Trainer Julian Nagelsmann. Es sollte die einzige Panne während des beeindruckenden Auftritts bleiben, der RB im Rückspiel die Favoritenrolle beschert.

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Erstellt:
20. Februar 2020, 07:18 Uhr

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