Urlaubskürzung okay: FCB will offene Rechnung begleichen

dpa München. Für das Geisterfinale in Berlin würden die Münchner Fußballstars sogar im Sommer etwas kürzer „die Beine hochlegen“. Die Motivation im Halbfinale gegen Frankfurts Cup-Spezialisten speist sich auch aus der bitteren Erinnerung an den 19. Mai 2018.

Vor zwei Jahren verlor der FC Bayern München das DFB-Pokalfinale gegen Eintracht Frankfurt. Foto: Peter Kneffel/dpa

Vor zwei Jahren verlor der FC Bayern München das DFB-Pokalfinale gegen Eintracht Frankfurt. Foto: Peter Kneffel/dpa

Hansi Flick lüftete ein gut gehütetes Geheimnis. Der Trainer des FC Bayern besitzt „mit einem Eintracht-Frankfurt-Fan in der Familie“ drei Dauerkarten des Münchner Gegners im Halbfinale des DFB-Pokals.

Aber diese Tatsache wird den 55-Jährigen natürlich am Mittwoch (20.45 Uhr/ARD und Sky) nicht davon abhalten, mit seinen Bayern eine offene Rechnung mit der Eintracht begleichen zu wollen. „Wir wollen das Spiel klar gewinnen und ins Finale einziehen. Das ist das Ziel“, verkündete Flick.

Zweifel am Erfolg hat er angesichts des aktuellen Bayern-Laufs in den Geisterspielen nicht: „Ich habe das Gefühl, die Mannschaft weiß auf den Punkt, was Sache ist. Sie ist in jedem Spiel zu hundert Prozent da.“ Genau das ahnt auch Eintracht-Coach Adi Hütter, der nahezu parallel zu Flick in Frankfurt erklärte: „Wir müssen einen perfekten Tag haben.“

So wie am 19. Mai 2018, als die Eintracht in Berlin mit einem 3:1 die Bayern-Stars im voll besetzten Olympiastadion düpierten und zu Pokalhelden wurden. „Man erinnert sich noch immer an das Pokalfinale in Berlin, das wir verloren haben“, bemerkte Kapitän Manuel Neuer und sagte mit dem Blick auf die Revanche: „Wir wollen das jetzt nicht erleben in der Allianz Arena. Wir wollen unbedingt ins Finale und die Möglichkeit haben, in Berlin wieder Pokalsieger zu werden.“

Den Geist von 2018 beschwört wiederum Hütter, der damals ebenso wie Flick beim Finale Zuschauer war. „Das war emotional ergreifend“, sagte der heutige Eintracht-Coach. „Diese Emotionen müssen wir mitnehmen!“ Sein Ziel heißt: „Das Unmögliche möglich machen.“

Die Bayern haben den 4. Juli längst dick im Kalender angestrichen. Das Datum soll für Deutschlands Rekordchampion einen großen Tag in dieser verflixten Corona-Saison markieren: Zum fast schon fixen 30. Meistertitel soll dann Pokalsieg Nummer 20 kommen. In der Summe - also 50 - würde das ein goldenes Münchner Titeljubiläum bedeuten.

Und es kann noch viel besser kommen. Ehrenpräsident Uli Hoeneß traut dem Team auch den ganz großen Coup in der Champions League zu. „Das ist ganz egal, ob Geisterturnier oder nicht: Wenn die Mannschaft so spielt wie in Leverkusen, wird sie dieses Jahr um jeden Titel mitspielen können“, sagte der 68-Jährige der „Abendzeitung“. Erst einmal geht es aber um das Frankfurt-Spiel. „Da müssen wir einfach gewinnen, dann kommen wir ins Endspiel“, betonte Hoeneß.

Mit offenen Rechnungen kennen sich die Bayern gut aus. Es ist erst zweieinhalb Wochen her, dass sie sich ebenfalls in der leeren Münchner Arena mit einem furiosen 5:2 gegen die Eintracht für das krachende 1:5 im letzten Spiel unter Ex-Trainer Niko Kovac in der Bundesliga-Hinrunde revanchierten. Es war der eindrucksvolle Beleg für die Entwicklung der Bayern unter Trainer Hansi Flick.

Kovac, auch das ist ein Teil der Bayern-Eintracht-Pokalgeschichte, hatte beim Frankfurter Triumph mit dem zweifachen Torschützen Ante Rebic als gefeierter Taktik-Fuchs auf der Eintracht-Bank gesessen.

Flick warnte vor der großen Erfahrung der Frankfurter Mannschaft in K.o.-Spielen, sei es in der Europa League oder dem Pokal: „Das ist schon eine Mannschaft, die einem wehtun kann.“ Ein Trumpf fehlt den Hessen, Flügelstürmer Filip Kostic ist nach einer dummen Roten Karte beim Viertelfinalerfolg gegen Werder Bremen gesperrt.

„Wir werden nichts herschenken und alles versuchen, um die Überraschung zu schaffen und unseren Traum vom Finale dennoch zu verwirklichen“, versprach Frankfurts Sportvorstand Fredi Bobic.

Die Bayern bewegen sich nach der Corona-Pause mit fünf Siegen und 17:4 Toren auf einem nahezu perfekten Niveau. „Es ist einfach ein geiles Gefühl, wie es läuft“, schwärmte Nationalspieler Leon Goretzka. Der neue Bayern-Leader verspürt einen hohen „Spaßfaktor“ auf dem Fußballplatz und forderte: „Da müssen wir weitermachen.“

Neuer bekam sogar schon die Frage gestellt, ob der Bayern-Jahrgang 2020 der beste des Jahrzehnts sei? „Man kann nicht sagen, ob wir die besten Bayern aller Zeiten oder des Jahrzehnts sind. Wir haben schon super Mannschaften gehabt“, antwortete der 34-Jährige, der schon 2013 zu den historischen Triple-Gewinnern unter Jupp Heynckes gehörte.

Für das Pokalfinale und die Aussicht aufs nächste Double oder sogar Triple würden die Bayern-Profis sogar einen kürzeren Sommerurlaub in Kauf nehmen. „Dann hätten wir eine Woche weniger Pause“, sagte Flick mit Blick auf das Bundesliga-Ende am 27. Juni und das Endspiel eine Woche später. Das „Beine hochlegen“, wie Flick sagte, müsste dann im Juli also kürzer ausfallen. Der Grund: Im August soll vermutlich mit einem Turnier die Champions League zu Ende gespielt werden.

Dass die Mannschaft dann gut einen Monat aus dem Spielrhythmus ist, sieht Hoeneß nicht als Problem an. „Für diese Mannschaft gibt es im Moment keine Hindernisse.“

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Erstellt:
9. Juni 2020, 12:58 Uhr

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