Vor allem der Kopf muss mitspielen

Kunstradfahrerin Viola Brand greift mit neuer Kür oben wieder an

Alles eine Kopfsache. Fast alles. Denn zum Kunstradfahren gehören auch Kraft, Geschick und ein sehr gutes Gefühl für Körper und Balance. Das weiß Viola Brand. Trotzdem sagt die Europameisterin vom RSV Unterweissach: „Bei mir muss der Kopf mitspielen. Ich bin keine, die locker aufs Rad steigt und sagt: Jetzt schauen wir halt mal. Dafür bin ich zu ehrgeizig.“

Wagt sich im Wettkampf künftig am Maute-Sprung: Die Weissacherin Viola Brand. Foto: A. Becher

© Sportfotografie Alexander Becher

Wagt sich im Wettkampf künftig am Maute-Sprung: Die Weissacherin Viola Brand. Foto: A. Becher

Von Uwe Flegel

Bei der Kreismeisterschaft in Obertürkheim vor wenigen Tagen war es soweit: Zum ersten Mal wagte die 24-Jährige in einem Wettkampf den Maute-Sprung. Ergebnis: „Ich bin ihn nicht gestanden. Ich habe aber mit beiden Füßen den Lenker getroffen. Das hat mich gefreut.“ Nicht so begeistert hat sie, dass zwar der Absprung vom Sattel stimmte, nicht jedoch die Landung auf den zwei rund drei Zentimeter breiten Griffen hundertprozentig klappte. Viola Brand war einen Tick aus der Balance. Manchmal sind es Millimeter, die im Sport entscheiden. Viel wichtiger war für die in Miedelsbach wohnende Studentin allerdings, dass sie den Sprung in ihrer Kür präsentiert hat. Schließlich hatte sie sich bei der Übung eben jenes Elements vor drei Jahren im Training das erste Mal in ihrer Karriere schwerer verletzt, als die Landung schief ging und ein übler Sturz nachfolgte.

Der Mittelfußbruch ist körperlich längst verarbeitet und spielt mental keine große Rolle mehr. Wobei Brand gesteht, dass der Sprung, der nach dem Bundestrainer und Erfinder des Übungsteils Dieter Maute benannt ist, „schon etwas Überwindung kostet. Denn man verlässt für einen Moment das Fahrrad.“ Entsprechend froh ist der Sportler, wenn er danach nicht mit beiden Füßen auf dem Boden, sondern auf den Griffen des Lenkers steht. Der Weissacherin gelingt das noch nicht immer, aber immer öfter. „Am 23. April“, kennt sie ganz genau das Datum, an dem ihr das Element im Training das erste Mal gelang, ohne mit einem Seil am Rücken abgesichert zu sein Nun geht es darum, den Sprung zu stabilisieren und bei Wettkämpfen zu beherrschen. „Für mich wär’s ein persönlicher Erfolg, diese Übung gemeistert zu haben“, gesteht eine Sportlerin, die mit 24 Jahren bereits Europameisterin ist, die schon Deutsche Meisterin und Vize-Weltmeisterin war.

In Obertürkheim kam nun ein Sieg bei einer Kreismeisterschaft dazu. Kein großes Ding. Normalerweise. Wenn allerdings Weltmeisterin Iris Schwarzhaupt und Mattea Eckstein, die Dritte der deutschen Meisterschaft des Vorjahres, auf den Plätzen zwei und drei landen, dann ist es mehr als nur ein Achtungserfolg.

Erst recht weil Stuttgart für die Unterweissacherin eine Art Wiedereinstieg war. „Ich bin ein halbes Jahr keinen Wettkampf mehr gefahren“, erzählt Viola Brand und berichtet: „So nervös war ich vor einer Kreismeisterschaft schon lange nicht mehr.“ Wobei das ein Stück weit im Maute-Sprung begründet liegt. Wieso aber geht Brand das Risiko ein, obwohl das Element schwer ist und noch Verletzungsrisiken mit sich bringt? „Er geht schnell und gibt Zeit, andere Übungsteile zu erweitern. Dadurch kann ich insgesamt mehr Punkte aufstellen.“ Statt zum Beispiel eine halbe Runde im Handstand zu fahren, bleiben nun genügend Sekunden um eine ganze Runde zu bewältigen.

Im Kampf um Titel muss die fünfminütige Kür immer anspruchsvoller werden. Dieses Jahr will die RSV-Sportlerin bei den Höhepunkten ein Programm zeigen, das für 198 Punkte reicht. Zum Vergleich: Europameisterin wurde sie vergangenen Juni mit 186,58 Zählern. Damals der Weltrekord. Den hat mittlerweile allerdings Iris Schwarzhaupt inne, die im September 191,45 Punkte erzielte. Nun stellt die Weltmeisterin gar 200 Zähler auf. Und: Mit Ex-Weltmeisterin Milena Slupina sowie Weltcup-Gesamtsiegerin Maren Haase gibt’s noch wenigstens zwei weitere Deutsche auf Weltklasseniveau. „Auf dem Level, auf dem wir fahren, kommt es auf die Tagesform und Kleinigkeiten an“, erklärt Brand.

Wie eng es hierzulande an der Spitze zugeht, erlebte sie vergangene Saison. Mit dem Sieg bei der Europameisterschaft gut gestartet, hatte danach meist die Konkurrenz die Nase vorne. Bei der WM war die Vize-Weltmeisterin aus dem Täle nur Zuschauerin. Für Viola Brand auch eine mentale Sache, da sie bereits ab Februar gefordert und dann am Ende nicht stabil genug für alle Top-Ereignisse gewesen sei. „Ich hatte irgendwann mal keine Lust mehr, wollte keine Kür mehr fahren, sondern neue Übungen probieren.“ Wie den Maute-Sprung. Auf der faulen Haut hat die 24-Jährige die letzten Monate jedenfalls nicht gelegen: „Ich habe voll trainiert und freue mich jetzt wieder auf Wettkämpfe.“ Irgendwie klar, schließlich ist der Kopf nun wieder frei. Und das ist bekanntlich die Hauptsache.

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Erstellt:
12. Juni 2019, 06:00 Uhr

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