Handball-WM der Frauen

Vorbild Fußball: Helfen bekannte Männermarken der Frauenhandball-Bundesliga?

Immer mehr Clubs, die aus der Männer-Bundesliga bekannt sind, spielen auch in der Frauen-Bundesliga Fußball. Würde das auch den Handballerinnen helfen und die Attraktivität erhöhen?

Borussia Dortmund (mit Dana Bleckmann/li.) gegen Frisch Auf Göppingen (mit Luisa Scherer): Ein Duell zweier aus dem Männersport bekannten Traditionsmarken.

© IMAGO/Frank Zeising

Borussia Dortmund (mit Dana Bleckmann/li.) gegen Frisch Auf Göppingen (mit Luisa Scherer): Ein Duell zweier aus dem Männersport bekannten Traditionsmarken.

Von Jürgen Frey

HSG Blomberg Lippe gegen HSG Bensheim/Auerbach, Erster gegen Zweiter: Das ist aktuell das Topspiel in der Handball-Bundesliga der Frauen. Branchenkenner fallen deshalb nicht ungläubig vom Stuhl. Dass diese beiden Teams attraktiven Handball zeigen und oben mitmischen, ist alles andere als eine Sensation. Doch Menschen außerhalb der Handball-Bubble verbinden mit den beiden Vereinsnamen eher weniger sportlichen Hochgenuss.

THW gegen SCM bei den Frauen hätte etwas

Das wäre bei einer Partie der Frauenteams beispielsweise des THW Kiel gegen den SC Magdeburg anders. Dies sind top Adressen im Männerhandball, aber eben bei den Frauen nicht vertreten. „Natürlich würde die Strahlkraft solch große Marken auch der Frauenhandball-Bundesliga gut tun, genauso wie wir uns bei den Männern den FC Bayern München als Marke wünschen würden“, sagt Axel Kromer, der Geschäftsführer von Männer-Zweitligst HBW Balingen-Weilstetten und ehemaliger Sportvorstand des Deutschen Handballbundes (DHB), vor dem Start der Frauen-WM am 26. November (18 Uhr/Porsche-Arena) mit dem Duell Deutschland gegen Island.

Attraktive Marken bedeuten höhere Attraktivität, mehr Aufmerksamkeit für den Wettbewerb, größeres Medieninteresse, mutmaßlich mehr Zuschauer und dadurch auch höhere Einnahmen. Im Fußball hat eine solche Entwicklung längst stattgefunden. International sorgen Frauenspiele zwischen dem FC Bacelona und Real Madrid für ein ausverkauftes Camp Nou.

In Deutschland spielen in der Frauen-Bundesliga immer mehr Clubs, die aus der Männer-Bundesliga bekannt sind. Von den 14 Vereinen haben nur Carl Zeiss Jenau und SGS Essen kein Männerteam in der ersten oder zweiten Liga. Beide Teams stehen auf einem Abstiegsplatz, der VfB Stuttgart ist ein heißer Kandidat einen ihrer Plätze in der kommenden Saison einzunehmen.

Frisch Auf mit Alleinstellungsmerkmal

In der Frauen-Handball-Bundesliga gibt es mit Frisch Auf Göppingen dagegen nur ein einziges Team, das auch in der Männerhandball-Bundesliga vertreten ist. Dazu noch mit Borussia Dortmund eine Topmarke aus dem Fußball. Die Füchse Berlin, bei den Männern Deutscher Handball-Meister, spielen in der Zweiten Frauenhandball-Bundesliga. „Wir versuchen die Frauen da mitzunehmen, wo wir können und versuchen zu helfen, wo wir helfen können, beispielsweise durch die Ausrichtung von Doppel-Spieltagen oder durch die Gewinnung von gemeinsamen Partnern“, sagt Bob Hanning, der Geschäftsführer der Männer.

Das Kernproblem seien aber die Finanzen. Anders als beim Fußball stehen einem Männerhandball-Bundesligisten naturgemäß weitaus weniger finanzielle Mittel zur Verfügung. Und was der Talentschmied aus der Bundeshauptstadt unmissverstänlich klar gemacht: „Ich schiebe kein Geld aus dem männlichen Nachwuchs in den Frauen-Bereich. Da bin ich sehr klar und ehrlich.“

Genau in diese Richtung gehen auch die Aussagen von Jürgen Schweikardt: „So einen Frauen-Bundesligisten unter unserem Namen würde ich schon cool finden, aber letztendlich geht es an der Realität vorbei, weil alles eine Geldfrage ist“, sagt der Geschäftsführer. Bei seinem TVB Stuttgart gibt es neben dem Bundesligateam noch drei weitere aktive Mannschaften – in der dritten Liga, in der Verbandsliga und in der Bezirksliga. Zudem wird viel in das männliche Nachwuchscenter und zehn Jugendmannschaften investiert.

Fehlende Hallenkapazitäten als Problem

Ein weiterer Spielbetrieb im weiblichen Bereich sei laut Schweikardt schlicht und ergreifend nicht denkbar. Der Fußball habe so viel mehr an finanziellen und personellen Möglichkeiten: „Mit 300, 400 Leuten auf der Geschäftsstelle lassen sich ganz andere Projekte realisieren. Von den fehlenden Hallenkapazitäten bei uns mal ganz abgesehen.“

Der ehemalige Frauen-Bundestrainer Dago Leukelfeld sieht das Installieren von Ablegern von Männer-Bundesligisten im weiblichen Bereich – unabhängig von diesen materiellen Zwängen – sehr kritisch. „Etwas Künstliches zu schaffen, bringt gar nichts. Der Frauenhandball ist ein regionales Phänomen, dieses muss über Jahre hinweg gewachsen sein.“

Dies ist bei Frisch Auf der Fall. Dort hat auch die weibliche Sparte seit Jahrzehnten Tradition. Und das im höherklassigen Bereich. „Handball-Hauptstadt“ nennt sich Göppingen voller Stolz.

Allerdings war die Kooperation zwischen Männern und Frauen unterm Hohenstaufen schon intensiver. Seit zwei Jahren geht nicht einmal mehr die Players’ Night gemeinsam über die Bühne, die Männer wollten zum Saisonauftakt lieber dem männlichen Nachwuchs ein Schaufenster bieten, als den Frauen. Genauso wenig gibt es eine Zusammenarbeit bei der Vermarktung.

Schnitt in Göppingen bei 2321 Fans pro Heimspiel

Was nichts daran ändert: Mit 2321 Besuchern im Schnitt hatten die Frisch-Auf-Frauen in der vergangenen Saison deutschlandweit den besten Zuschauerschnitt.

„Frisch Auf ist ein gutes Beispiel. Die Frauen profitieren dort von den bestehenden Strukturen der Männer, können etwa die EWS-Arena nutzen – wir hätten sich nichts dagegen, wenn mehr Handballclubs diesem Schritt folgen würden“, sagt Christoph Wendt, der Geschäftsführer der Handball-Bundesliga Frauen (HBF).

Derzeit deutet wenig darauf hin – von Planspielen der HSG Bensheim/Auerbach, eventuell unters Dach der Rhein-Neckar Löwen zu gehen, mal abgesehen. „Eine Kooperation mit einem etablierten Männerverein kann eine große Chance sein – wenn sie partnerschaftlich und mit Augenmaß erfolgt“, sagt HSG-Geschäftführerin Romina Heßler. Die Löwen wären ein starker Partner mit medialer Reichweite, Strahlkraft und Infrastruktur. Aber klar sei auch: Die „Flames“ würden ihre eigene Marke, Geschichte und Fans mitbringen. „Das wäre kein Anhängsel, sonder ein gemeinsames Projekt auf Augenhöhe“, sagt Heßler.

Doch zunächst hofft sie, wie alle aus der Branche, auf eine erfolgreiche WM der deutschen Nationalmannschaft. „Ich hoffe, der Bock wird umgestoßen und wir stoßen ins Halbfinale vor. Das wäre super Rückenwind für die Liga“, betont HBF-Chef Wendt.

Heim-WM 2025

Spielplan Deutschland spielt in der Vorrunde in der Stuttgarter Porsche-Arena gegen Island (26. November), Uruguay (28. November) und Serbien (30. November, alle 18 Uhr). Außerdem spielen in Stuttgart Serbien – Uruguay (26. November, 20.30 Uhr), Island – Serbien (28. November, 20.30 Uhr) und Island – Uruguay (30. November, 15.30 Uhr). Die ersten drei qualifizieren sich für die Hauptrunde, die am 2., 3. und 6. Dezember in der Dortmunder Westfalenhalle ausgetragen wird. Das Viertelfinale geht am 9. Dezember in Dortmund über die Bühne. Das Halbfinale (12. Dezember) sowie das Spiel um Platz drei und das Finale (jeweils 14. Dezember) in der Rotterdamer Ahoy Arena.

StuttgartNeben den Spielen der deutschen Vorrundengruppe C finden auch die Partien der Gruppe G in der Stuttgarter Porsche-Arena statt. Am 27. November Brasilien – Kuba (18 Uhr) und Schweden – Tschechien (20.30 Uhr), am 29. November Brasilien – Tschechien (18 Uhr) und Kuba – Schweden (20.30 Uhr) und am 1. Dezember Tschechien – Kuba (18 Uhr) und Schweden – Brasilien (20.30 Uhr). Weitere Infos und Tickets: www.worldhandball25.com (jüf)

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Erstellt:
24. November 2025, 06:12 Uhr

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