Vuelta-Sieg 2011 zuerkannt - Froome profitiert vom Blutpass

dpa Bagnères-de-Bigorre. Der aktuell verletzte Froome wird nachträglich zum Vuelta-Sieger 2011 erklärt. Der Brite profitiert davon, dass der ursprüngliche Sieger Juan José Cobo nachträglich enttarnt wird. Ein Coup zur rechten Zeit für die UCI. Verstummen nun die Diskussionen über den Blutpass?

Hat mit acht Jahren Verspätung den Gewinn der Spanien-Rundfahrt 2011 zugesprochen: Chris Froome. Foto: Martin Rickett/PA Wire

Hat mit acht Jahren Verspätung den Gewinn der Spanien-Rundfahrt 2011 zugesprochen: Chris Froome. Foto: Martin Rickett/PA Wire

Es dürfte ein nettes Präsent gewesen sein, das der viermalige Tour-de-France-Champion Chris Froome in seine Reha-Klinik übermittelt bekam.

Der Brite, der nach seinem schlimmen Sturz bei der Dauphiné-Rundfahrt zumindest wieder ein Bein auf dem Hometrainer belasten kann, erhält nachträglich den Sieg bei der Spanien-Rundfahrt 2011 zugesprochen.

Ein Grand-Tour-Erfolg mit acht Jahren Verspätung? Wie kann das sein? Der Blutpass macht es möglich. Der ursprüngliche Sieger Juan José Cobo war vom Radsport-Weltverband UCI wegen Abnormalitäten im Biologischen Pass disqualifiziert worden und hat auf einen Einspruch vor dem Internationalen Sportgerichtshof CAS verzichtet, wie die UCI am Donnerstag bestätigte. Die in der Schweiz ansässige UCI hat Froome in ihren Ergebnislisten bereits als Sieger aufgeführt.

Cobo war am 13. Juni wegen eines Verstoßes gegen die Anti-Doping-Bestimmungen in den Jahren 2009 und 2011 für drei Jahre gesperrt worden. Der längst zurückgetretene Spanier hatte einen Monat Zeit, das Urteil anzufechten. Für den geständigen Dopingsünder Stefan Schumacher ist Cobo nur „ein Bauernopfer, während andere protegiert werden“. Das habe mit glaubwürdigem Anti-Doping-Kampf nichts zu tun.

Die UCI hält sich in dem Fall bedeckt. Womöglich mag es Zufall sein, dass die Überführung von Cobo ans Tageslicht kam, als zunehmend über Sinn und Unsinn des Blutpasses heftig diskutiert wurde. Zehn Jahre ist das Instrument bereits im Einsatz, regelmäßig werden dabei die Blutparameter der Radprofis registriert, was ein kostspieliges Unterfangen ist und in erster Linie von den Teams bezahlt wird. 140 000 Euro müssen die Rennställe pro Jahr dafür berappen.

Die Erfolge waren bislang überschaubar. Der dänische Ex-Doper Michael Rasmussen konnte beispielsweise aufzeigen, dass seine Werte trotz Dopings nicht verdächtig waren. Und die Operation Aderlass hat gezeigt, dass das Netzwerk des Arztes Mark S. durch staatsanwaltschaftliche Ermittlungen und nicht etwa durch auffällige Blutwerte aufgedeckt wurde.

„Ich glaube nicht, dass der Blutpass nur ein PR-Gag ist“, sagt der deutsche Tour-Starter Nils Politt. Experte Fritz Sörgel stimmt dem zu. „Das Instrument taugt. Es zwingt die Täter immer mehr in die Ecken. Aber es taugt halt hauptsächlich, um die kleinen Fische zu erwischen“, sagte der Pharmakologe der Deutschen Presse-Agentur.

Ob Cobo nun ein kleiner Fisch ist oder nicht - für Manager Ralph Denk vom Bora-hansgrohe-Team steht die abschreckende Wirkung im Vordergrund. „Besser geht es ja nicht, dass es eine Nachkontrolle nach x Jahren gibt und man etwas findet“, sagt Denk. Keiner wisse, was es in zehn Jahren für Methoden gibt. „Und dann finden sie etwas. Dann wird meine Name durch den Dreck gezogen. Mein Umfeld, mein Leben ist ruiniert. Das ist schon gut und total abschreckend.“

Dass allerdings Froome der Nutznießer ist, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Vor zwei Jahren war der Brite mit erhöhten Salbutamol-Werten bei der Vuelta aufgeflogen und nach langem Hin und Her unmittelbar vor dem Start der Tour de France freigesprochen worden.

Seiner Genesung dürfte der nun siebte Grand-Tour-Erfolg (viermal Tour, einmal Giro, zweimal Vuelta) nicht abträglich gewesen sein. Im neuen Jahr will Froome wieder angreifen. In diesem Jahr wird es wohl nichts mehr. Froome war beim Critérium du Dauphiné in Roanne mit hoher Geschwindigkeit in eine Mauer gerast und hatte sich dabei den rechten Oberschenkel, den Ellbogen und einige Rippen gebrochen. Aktuell befindet sich der Brite in der Reha. Läuft alles nach Plan, kann er laut Teamchef Dave Brailsford Ende August mit der Belastung auf dem Rad anfangen. Der Vuelta-Sieg 2011 soll schließlich nicht der letzte Erfolg des 34-Jährigen gewesen sein.

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Erstellt:
18. Juli 2019, 12:02 Uhr

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