Was den VfB so faszinierend macht

BKZ-Podium: Autor Michael Ohnewald porträtiert in seinem Buch 16 Personen mit speziellem Bezug zum Fußball-Bundesligisten

Eine „Annäherung an die Seele des Stuttgarter Fußballclubs“ verspricht Michael Ohnewald in seinem Buch „Mensch VfB“, aus dem der Autor beim BKZ-Podium im Beisein des VfB-Präsidenten Wolfgang Dietrich einige Auszüge zum Besten gab. Der 54-Jährige widmet sich nicht vorrangig den sportlichen Erfolgen und Enttäuschungen, sondern porträtiert 16 Persönlichkeiten: Frühere und aktuelle Spieler, Trainer und Funktionäre, Schaffer im Hintergrund, Fans und einen Journalisten.

Lustige Anekdoten, anrührende Geschichten: Der preisgekrönte Autor Michael Ohnewald gab vor etwa 100 Gästen im BKZ-Druckhaus Auszüge aus seinem Buch zum Besten.Fotos: A. Becher

© Sportfotografie Alexander Becher

Lustige Anekdoten, anrührende Geschichten: Der preisgekrönte Autor Michael Ohnewald gab vor etwa 100 Gästen im BKZ-Druckhaus Auszüge aus seinem Buch zum Besten.Fotos: A. Becher

Von Steffen Grün

Für die beiden Protagonisten des Abends ist dieser Auftritt in der „Zeitungsarena“, wie BKZ-Verleger Werner Stroh den von etwa 30 000 Kilogramm Papier umrahmten Veranstaltungsort im Druckhaus treffend nennt, so etwas wie ein Heimspiel. Der preisgekrönte Autor Michael Ohnewald wohnt zwar mittlerweile in Hoheneck, arbeitete aber einige Jahre als BKZ- Redakteur. Und Wolfgang Dietrich, der 2016 zum VfB-Präsidenten gewählt wurde, mag zwar in Stetten zur Welt gekommen sein, verbrachte aber seine Kindheit und Jugend in Steinbach und sagt über Backnangs nordöstlichen Stadtteil: „Ich habe den Ort geliebt – das war Heimat.“ Bei den SVS-Heimspielen verkaufte der Bub belegte Brötchen und Kaltgetränke, „bei den Duellen gegen Oberbrüden oder Oppenweiler ging es richtig ab“. Wenn es die Zeit erlaubt, fährt der 70-Jährige bis heute in Mundelsheim von der Autobahn ab und gondelt über Aspach, Strümpfelbach und Zell nach Steinbach, um sich in seiner alten Heimat umzuschauen.

„Sie sind demnach Murrtaler und nicht Remstaler, das ist hier sehr wichtig“, sagt BKZ-Redaktionsleiter Kornelius Fritz mit einem Schmunzeln und leitet als Moderator des Abends vor rund 100 Besuchern zum eigentlichen Thema über: Es soll ja nicht um die alten Animositäten zwischen den beiden Kreisteilen gehen, sondern darum, „was diesen Verein so faszinierend macht“. Diesen VfB eben, der allen, die ihr Herz rettungslos an ihn verloren haben, eine scheinbar immerwährende Berg- und Talfahrt zumutet. Derzeit ist mal wieder harter Abstiegskampf im Oberhaus angesagt, aber Ohnewald „wollte ein Buch jenseits der Hektik des Fußballgeschäftes schreiben“. Das Auf und Ab in der Tabelle spielt in seinem Buch allenfalls eine Nebenrolle – im Mittelpunkt stehen 13 Männer und 3 Frauen, die exemplarisch für alle sind, die mit dem VfB jubeln und leiden. Die meint der Autor, wenn er sagt, dass „die große rote Seele von vielen kleinen roten Seelen gespeist wird“. Die Auswahl der kleinen roten Seelen, die Ohnewald in seinem Werk vorstellt, „war ein Stück weit willkürlich“, räumt er ein, „ich wollte eine gute Mischung finden“.

Dass ihm das gelungen ist, beweist bereits der erste Teil der Lesung. Es geht um Jasmin Bechle, die durch ihre Liebe zum Verein auch die Liebe ihres Lebens gefunden hat. „Das war einfach Schicksal, ohne den VfB wären wir beide uns nicht begegnet“, sagt die in Murr lebende junge Frau, die seit ihrem Reitunfall 2010 unweit von Großaspach im Rollstuhl sitzt. Von Weitem hat ihr späterer Freund Tobi schon länger ein Auge auf sie geworfen, als er sich beim 5:1 gegen Hoffenheim am 5. März 2016 ein Herz fasst und in der Pause zu einem Kiosk marschiert. Ohnewald beschreibt, was dann passiert: „Er bittet um einen Stift und kritzelt seine Nummer auf die Stadionzeitschrift, die er einem Security-Mann in die Hand drückt, der gerne den Postboten gibt. Kennen wir uns?, schreibt sie per WhatsApp zurück. Noch nicht, antwortet er.“ Das ändert sich bald, beim VfB-Spiel in Darmstadt funkt es. In absehbarer Zeit will er von Tuttlingen nach Murr ziehen.

Es ist eine anrührende Geschichte, während es beim Porträt von Loni Braun lustig wird. 35 Jahre war die Sekretärin die Konstante beim VfB, bei dem auf anderen Positionen die Inkonstanz die Konstante ist. Von 1981 bis 2016 begleitete sie 31 Trainer, 5 Präsidenten – „und gelegentlich auch Paola Trapattoni“, so Ohnewald. Deren Mann war 2005 als Trainer gekommen und Brauns Job war es, die Italienerin in ein zu den Sponsoren gehörendes Möbelhaus nach Backnang zu begleiten. Als sie die Trainergattin dort beobachtete, „konnte sie sich freilich vor Lachen kaum auf den Beinen halten“, heißt es im Buch: Sie „testete jede Matratze auf eine Weise, die fast zwangsläufig den Schluss nahelegen musste, dass der gute Giovanni nicht nur am Spielfeldrand leidenschaftlich agierte.“ Nach nur acht Monaten wurde der Trainer aber schon wieder entlassen. Seine bittersüße Rache: Er behielt das Leihmobiliar einfach. „Umgehend zog er aus seiner Wohnung aus, bestellte ein Transportunternehmen und nahm die von seiner Paola ausgewählten Möbel aus Backnang zum Leidwesen des Sponsors nach Italien mit. Da war der Maestro nicht so kleinlich.“

Wie es zur unglücklichen Liaison zwischen dem VfB und Schäfer kam

Es ist nicht die einzige Enthüllung im Buch. Ohnewald klärt auch auf, wie es zu der unglücklichen Liaison zwischen dem VfB und dem vom Erzrivalen Karlsruhe geholten Coach Winfried Schäfer kommen konnte. Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder rief den Journalisten Oskar Beck an, mit dem er sich nach unliebsamen Artikeln immer wieder gezofft und das Kriegsbeil später wieder begraben hatte. Wen er denn nehmen würde, wenn er jetzt einen Trainer suchen würde, fragte MV den Kolumnisten. „Wie wäre es mit dem Feuerkopf, Winfried Schäfer?“, antwortete Beck, der kurz zuvor im Rahmen einer Story erfahren hatte, dass es dessen großer Traum war, einmal den VfB zu trainieren. Dieser Traum erfüllte sich, war aber ein kurzer.

„Dieser Verein ist anders als andere Vereine“, hat Ohnewald im Zuge seiner Recherchen erkannt und meint dies uneingeschränkt positiv. Er denkt an die vielen Menschen, die mit den Roten fiebern, aber auch an Stars wie Mario Gomez, den er als „sehr liebenswerten Menschen“ erlebt hat: „Wir hatten drei Stunden und es kam ständig jemand wegen einem Selfie. Er hat das mit einer Riesengeduld gemacht.“

Morgen wäre es wichtiger, wenn der Stürmer mal wieder seine Treffsicherheit zeigt. Es geht zu den Bayern und BKZ-Redaktionsleiter Fritz gab dem VfB-Präsidenten Dietrich in Anlehnung an das sensationelle 4:1 in München im Mai einen Wunsch mit auf den Weg: „Wir wären dieses Mal auch mit einem 1:0 zufrieden.“

Das Buch „Mensch VfB“ ist für 19,90 Euro in der BKZ-Geschäftsstelle in der Postgasse 7 in Backnang zu folgenden Öffnungszeiten erhältlich: Montag bis Freitag von 8 bis 17.30 Uhr und Samstag von 8 bis 12 Uhr.

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Erstellt:
26. Januar 2019, 06:00 Uhr

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