Wenn der Gästecoach zu Fuß kommt

Der Fußball-Oberligist TSG erwartet mit dem Tabellenzweiten Normannia Gmünd die Überraschungself der Liga, die vom Backnanger Zlatko Blaskic trainiert wird. Der 41-Jährige freut sich aufs Duell mit seinem Ex-Verein sowie aufs Wiedersehen mit vielen alten und guten Freunden.

Kehrt als Trainer des 1. FC Normannia Gmünd zur TSG zurück: Der Backnanger Zlatko Blaskic. Foto: Eibner

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Kehrt als Trainer des 1. FC Normannia Gmünd zur TSG zurück: Der Backnanger Zlatko Blaskic. Foto: Eibner

Von Uwe Flegel

Zlatko Blaskic schüttelt den Kopf, schmunzelt und antwortet anschließend schon etwas ernster: „Ich sehe uns nicht in dieser Rolle.“ Dann folgen noch drei Worte: „Das ist Quatsch.“ Dabei sagen die Fakten etwas völlig anderes. Vor dem morgigen Gastspiel bei der TSG Backnang (Anpfiff 14 Uhr) sind Aufsteiger Normannia Gmünd und sein Backnanger Trainer nicht nur Tabellenzweiter der Fußball-Oberliga. Die Elf aus dem Remstal ist neben Spitzenreiter SG Sonnenhof Großaspach nach sechs Spieltagen auch noch das einzig unbesiegte Team.

Duell mit der Heimat, dem Wohnort und dem Ex-Verein

Beim Versuch, den ersten Heimsieg der Saison zu landen, wartet auf den Etzwiesenklub also eine richtig schwere Aufgabe. Nicht nur weil die Gäste bislang die Überraschungsmannschaft der Liga schlechthin sind. Auch weil der gegnerische Coach die TSG im wahrsten Sinn des Wortes in- und auswendig kennt. „Es ist das Spiel gegen meine Heimat, meinen Wohnort, meinen Ex-Verein“, sagt der 41-Jährige zu der Partie und kündigt an: „Zum Stadion werde ich tatsächlich zu Fuß laufen. Parkplätze gibt es vor dem Stadion so oder so nicht genug.“

Debüt als Cheftrainer einer gegnerischen Mannschaft im Etzwiesenstadion

Dafür wird sein erster Auftritt als Cheftrainer einer gegnerischen Mannschaft im Etzwiesenstadion von zahlreichen Bekannten begleitet. „Es kommen viele Freunde und meine Familie zum Spiel. Ich freue mich auf die Partie, freue mich auf viele bekannte Gesichter.“ Wobei sich die nicht nur unter den Zuschauern finden. Sie stehen bei der TSG auch auf dem Platz oder als Sportliche Leiter, Vorstandsmitglieder und in anderen Funktionen in der Verantwortung. „Ich kenne hier jeden und habe zu allen einen guten Draht. Egal ob es Dieter Schaupp, Marc Erdmann, Joachim Pfisterer, Mike Pfennigwerth oder Oguzhan Biyik ist.“

Viel Lob vom gegnerischen Trainer für Ex-Schützling Julian Geldner

Verwunderlich ist das nicht. Der frühere kroatische Junioren-Nationalspieler, der murraufwärts beim FV Sulzbach in der D-Jugend mit dem Fußball begonnen hat, schnürte schon als B-Jugendlicher für die TSG zwei Jahre lang die Kickstiefel. Später war er drei Runden als Landesliga-Spieler und anschließend noch vier Spielzeiten als A-Jugend-Coach sowie als Trainer der zweiten Mannschaft am Ball. Ersteres führte von der Bezirks- in die Verbandsstaffel, Zweiteres in die Bezirksliga. In beiden Fällen mit dabei war Julian Geldner, mittlerweile Kapitän der Backnanger Oberliga-Elf. „Respekt, welchen Weg Juli gemacht hat“, erkennt Gmünds Coach an und erzählt: „Ich kann mich noch gut erinnern, als er als 16- oder 17-Jähriger vor mir saß und sagte, dass er zurück zu seinem Heimatverein Erbstetten wechseln will.“ Blaskic redete ihm das aus und sagt heute: „Er ist ein Beispiel dafür, wenn das Elternhaus stimmt, der Ehrgeiz passt und ein Spieler genau hinhört, wenn ihm seine Trainer was sagen.“

Abschiebung nach Kroatin wurmt Blaskic noch heute

Ebenfalls nicht vergessen hat der 41-Jährige, dass zwischen den Jugend- und den Aktivenjahren in Backnang auch schwierige Zeiten lagen. Schließlich ist er keiner, der bereits mit goldenem Löffel im Mund geboren wurde. Als Neunjähriger musste er mit Vater, Mutter und dem älteren Bruder vor dem Krieg in Kroatien zum Onkel nach Sulzbach an der Murr fliehen. Dann hatte sich die Familie gerade etwas aufgebaut, der Wechsel des talentierten Zlatko von der TSG in die B-Jugend des VfB Stuttgart war bereits in trockenen Tüchern, sein Bruder studierte, doch das Ausländeramt schob die bestens integrierte Familie trotzdem ab. Noch heute ärgert ihn das maßlos: „Das war schon unglaublich, darüber kann ich auch rückblickend nur den Kopf schütteln.“

Nach fünf Jahren zurück nach Deutschland

Sein Glück war, dass sein Talent auch den Spähern des kroatischen Traditionsvereins Dinamo Zagreb nicht verborgen geblieben war. Dort wurde er zum Jugend-Nationalspieler, sammelte in der zweiten Mannschaft seine ersten Erfahrungen im Aktivenbereich und kehrte als 21-Jähriger trotzdem wieder ins Murrtal zurück. Über die SG Sonnenhof Großaspach, ein halbes Jahr als Zweitligaprofi bei Kickers Offenbach, erneut Großaspach und den FSV 08 Bissingen landete der technisch versierte und schussstarke Offensivmann im Sommer 2010 ein zweites Mal bei der TSG und sagt heute über den Etzwiesenverein: „Insgesamt hatte ich hier zehn fantastische Jahre, kenne dort immer noch jede handelnde Person, jede Kabine, jeden Stein. Dort fühle ich mich immer willkommen und habe sehr viele Freundschaften geschlossen. Daran ändert auch das Spiel am Samstag nichts.“

Die Frage nach der Favoritenrolle bleibt unbeantwortet

Ob der Backnanger, der in Gmünd nunmehr im vierten Jahr Trainer ist und die Normannia vor knapp drei Monaten in die Oberliga zurückführte, sein Team beim Gastspiel vor seiner eigenen Haustür in der Favoritenrolle sieht? Blaskic weicht aus: „In der Oberliga ist jedes Spiel eng.“ Sein Ex-Verein sei stark bei Kontern und bei Standards. Aber es spielt doch der Zweitplatzierte beim Zehnten? „Die Tabelle interessiert noch nicht. Wichtig ist für uns als Aufsteiger nur, dass wir neun Zähler Vorsprung auf einen Abstiegsplatz haben.“ Selbst Spitzenreiter Aspach hat nur zwei Punkte mehr.

Rund ums TSG-Heimspiel gegen den Furoresaufsteiger aus dem Remstal

Sportchef Marc Erdmann „In einem Heimspiel will man immer die drei Zähler dabehalten. Wir selbstverständlich auch, zumal wir unbedingt den ersten Heimsieg der Saison schaffen wollen. Auswärts ist es für uns zuletzt ja gut gelaufen. Erst beim FSV 08 Bissingen, nun in Nöttingen. Die Leistung dort war sehr gut und der Sieg verdient. Er hätte sogar noch höher als 2:0 ausfallen können. Chancen dazu waren da. Positiv war auch, wie stabil wir gestanden sind. Gegen Gmünd müssen wir erneut an unsere Leistungsgrenze gehen. Die Normannia ist zwar ein Aufsteiger, steht aber völlig zu Recht auf Rang zwei. Hinten lässt der FCN wenig zu und vorne hat er mit Spielern wie Alexander Aschauer eine Topoffensive. Zudem bin ich mir sicher, dass Zlatko Blaskic die richtigen Worte finden wird, damit seine Elf vom ersten Moment an da ist.“

Das Personal Bei Backnang verringert sich die Liste an Ausfällen zusehends. Vor dem morgigen Heimspiel steht einzig der verletzte Niklas Benkeser als sicherer Ausfall fest. Alle anderen sind fit. „Es ist schön, dass unser Trainer Mario Klotz aus dem Vollen schöpfen kann und die Qual der Wahl hat“, sagt Erdmann und erklärt: „Für die Leistung ist es sicherlich förderlich, wenn Konkurrenzkampf herrscht.“ Damit spielt Erdmann auch darauf an, dass mit Robin Schwemmle, David Müller und Leon Leuze einige zuvor verletzte Akteure wieder fit sind und eventuell sogar Alternativen für die Stammformation sein könnten. Zudem, so Erdmann, dränge Zugang Finn Becker in die Anfangsformation.

Der Gegner Mit Gmünd gastiert ein Verein im Etzwiesenstadion, der bei der TSG gut bekannt ist. Zuletzt spielten beide Teams aber selten in einer Liga, da die Normannia vor allem in der Verbandsliga beheimatet war. Außerdem gibt es bei der Elf aus dem Remstal neben Trainer Blaskic noch weitere Akteure mit TSG-Vergangenheit. Dazu zählt Gmünds Sportlicher Leiter Stephan Fichter. Er war Kapitän, als Backnang unter Trainer Markus Lang im Juni 2017 das erste Mal in die Oberliga aufstieg. Ebenfalls bei der TSG schon am Ball waren Linksverteidiger Adnan Rakic und Mittelfeldmann Fabian Kianpour, die beide wegen Verletzung sowie Gelb-Rot-Sperre morgen aber fehlen.

Der Abgang Für Andrew Owusu ist bei der TSG bereits wieder Schluss. Der Verein und der Zugang haben sich nach nur wenigen Tagen zu trennen. Grund dafür war, dass der 23-Jährige gegenüber Mario Klotz seinem Frust freien Lauf gelassen hatte, weil ihn der Trainer bei der 1:2-Heimniederlage im Derby gegen Owusus Ex-Verein Aspach nicht eingesetzt hatte. Owusus Vorgehen wollten Erdmann nicht hinnehmen, denn „Teamgeist und Zusammenhalt werden bei uns groß geschrieben, um unsere Ziele erreichen zu können.“

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Erstellt:
8. September 2023, 06:00 Uhr

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