Wenn Schweizer Fußballer über Autos sprechen

Wenn Schweizer Fußballer über Autos sprechen

Pirmin Schwegler von Hannover 96 hat eine alte Metapher im Fußball wiederbelebt – er formulierte sie nach dem 0:4 von Hannover gegen die Bayern: „Das war wie Lamborghini gegen VW-Trabbi. Und der Lamborghini war halt vollgetankt.“ Die Autometapher ist wieder da! Sportreportern meiner Generation ist sie bestens vertraut, Mittelfeldmotoren, hochgeschalteten Gängen und Turbostürmern sei Dank. Bei Schweglers Ausführungen aber geriet ich ins Schleudern. Ich begriff sie nämlich nur nach längerem Nachdenken und Auseinanderklamüsern.

Zuerst war ich gedanklich in Italien, wo der Lamborghini ja wohl herkommt. Ich vermute das nur, weil ich eher selten bis gar nicht Lamborghinis kaufe, worin ich mich vom gemeinen Bundesligaprofi unterscheide. Der VW-Trabbi hingegen verursachte bei mir geografische Fehlzündungen. VW ist für mich klar in Wolfsburg verortet, was früher mal als Zonenrandgebiet durchging. Das wiederum weiß ich, weil ich dort mal ein Auto gekauft habe – und dabei keinen einzigen Bundesligaprofi getroffen habe. Das liegt daran, dass der Profi im Allgemeinen kaufen lässt, und das nicht in Wolfsburg. Wenn er bei Volkswagen persönlich aufkreuzt, riskiert er einen Volksauflauf.

Aber zurück zum VW-Trabbi. Bei Trabbi fällt mir Zwickau ein und DDR, und das passt ja durchaus zu Zonenrandgebiet. Pirmin Schwegler ist Schweizer, und deshalb sei ihm nachgesehen, nicht zu wissen, dass ein Trabbi kein VW ist und umgekehrt. Mich hat er aber zunächst verwirrt. Ich bin tatsächlich alle Möglichkeiten durchgegangen, habe aber neben Käfern, Golfs und Lupos keinen Trabbi von VW ausmachen können. Der Trabant ist eine hundertprozentige DDR-Errungenschaft. Ich erinnere mich noch sehr klar an einen englischen TV-Reporter, der beim Fall der Mauer live reportierte und sich entzückt zeigte über die „funny little cars“, die komischen kleinen Autos, die da in den Westen strömten.

Und dass Pirmin Schwegler keinen Unterschied zwischen Wessi-Autos und Ossi-Trabbis wahrnimmt, weil ihm da verständlicherweise die historische Trennschärfe fehlt, macht ihn mir außerordentlich sympathisch. Weil es ganz nebenbei den Verdacht entkräftet, dass man in der DDR nur deswegen eine Revolution veranstaltet hat, um statt Trabbis bald VWs zu fahren. In der Wahrnehmung von Pirmin Schwegler ist das ein und dasselbe Auto. Der VW-Trabbi eben.

Hannover gegen Bayern also ist wie komische kleine Autos (von VW) gegen superteure italienische Sportwagen. Okay. Hab ich kapiert. Aber warum vollgetankt? Das macht den doch unnötig schwerer, wie ich als Formel-1-Sonntagnachmittagsexperte zu wissen glaube. Deswegen machen die doch Tankstopps, wie die Trinkpause für Rennautos genannt wird. Und schon haben wir die Autometapher für den Halbzeittee oder die Hitzepause: Tankstopps für die Spieler. Zeit übrigens, dass man das Ganze mal umdreht und Fußballmetaphern im Autobusiness Einzug halten. Ich lese, und gebe es etwas ungerne zu, Autotests. Und schlage jetzt vor, den nächsten Vergleichstest Ferrari und Porsche zu überschreiben mit: „Wie Balotelli gegen Buchwald“.

Wenn ich gerade keine Autotests lese, gucke ich zu viel Serien im Fernsehen, und auch da tauchte der Lamborghini neulich auf: als Lambo in „Dogs of Berlin“. Wenn ich den Drehbuchschreibern glauben darf, können Kenner Lambos am Klang erkennen. Ich kann das auch: beim luftgekühlten VW-Käfer. Nur bei Elektroautos kann ich es gar nicht. Die klingen nämlich alle gleich, sprich: gar nicht. So ein kalifornischer Tesla etwa rauscht und säuselt nur. Und versägt an der Ampel jeden Lambo. Wenn also demnächst Bayern mal wieder gegen Real Madrid verliert, könnte man das so erklären: „Das war wie BMW-Trabbi gegen Tesla.“ Wobei man den Tesla nicht mal volltanken muss.

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Erstellt:
17. Dezember 2018, 03:12 Uhr

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