Einzelkritik zur DFB-Elf
Woltemade spielt erst ganz schwach – und trifft trotzdem
In der WM-Qualifikation gegen Luxemburg enttäuschte die DFB-Elf über weite Strecken. Wir haben alle mindestens 15 Minuten eingesetzten DFB-Spieler mit einer Einzelkritik bewertet.
© Federico Gambarini/dpa
Die deutsche Auswahl tat sich gegen Luxemburg schwer.
Von Marco Seliger/dpa
Rumpelsieg statt Torefest: Der Weg zur WM bleibt für Julian Nagelsmann und die Fans der Nationalmannschaft eine Fußball-Qual. Ohne ihren verletzten Kapitän und Anführer Joshua Kimmich hat die DFB-Elf eine Blamage gegen Luxemburg nach einer indiskutablen ersten Halbzeit dank Doppelpacker Nick Woltemade noch abgewendet.
Der Mittelstürmer (49./69. Minute) erlöste die von vielen Ausfällen geplagte und in allen Belangen enttäuschende DFB-Elf im mit 9.214 Zuschauern ausverkauften Stade de Luxembourg mit seinen Treffern zum schmeichelhaften 2:0 (0:0)-Pflichtsieg gegen den punktlosen, aber mit viel Leidenschaft spielenden Außenseiter.
Eine gute Nachricht: Am Montag reicht ein Remis
Das von Nagelsmann einst vollmundig ausgerufenen Titelziel ist sieben Monate vor dem WM-Anpfiff nach einem mutlosen und uninspirierten Auftritt gegen die Nummer 97 der Welt unrealistisch.
Wir haben alle mindestens 15 Minuten eingesetzten Spieler der DFB-Elf mit einer detaillierten Einzelkritik bewertet. Diese lesen Sie in der Bilderstrecke.
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Oliver Baumann (Note 3): Der Keeper bekam wie schon beim Hinspiel gegen die Luxemburger in Sinsheim (4:0) vor einem knappen Monat kaum etwas auf den Kasten – was aber dieses Mal nur an der Ungenauigkeit der Abschlüsse der Luxemburger lag, die dieses Mal zu einigen guten Chancen kamen. Wenn der Hoffenheimer am Freitagabend gefordert war, war er aber auf dem Posten.
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Ridle Baku (Note 4): Der Leipziger rückte anstelle des verletzten Kapitäns Joshua Kimmich als Rechtsverteidiger in die deutsche Startelf. Baku machte seine Sache zumindest nicht so schlecht wie einige seiner Nebenmänner in der Defensive – aber noch lange nicht gut. Nach vorne zunächst mutlos und unwirksam, nach hinten kein Sicherheitsfaktor. Dann aber mit einer tollen Vorlage auf Nick Woltemade, den Torschützen zum 2:0.
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Jonathan Tah (Note 5): Was für eine Ehre – der Innenverteidiger durfte in Absenz von Kimmich erstmals als Kapitän der DFB-Elf auf den Platz. Dort zeigte der Abwehrmann des FC Bayern ausgerechnet in diesem besonderen Premierenspiel eine fast schon unterirdische Leistung. Tah war ein steter Unsicherheitsfaktor. Tiefpunkt war sein abenteuerlicher Rückpass - in auserwählten Fachkreisen Knochenbrecherpass genannt - auf Keeper Baumann, der fast zum 0:1 geführt hätte. Man muss es so hart sagen: Eine Leistung, die eines Kapitäns nicht würdig war.
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Waldemar Anton (Note 4,5): Der ehemalige VfB-Profi profitierte vom verletzungsbedingten Ausfall seines BVB-Teamkollegen Nico Schlotterbeck – und machte seine Sache in der Innenverteidigung zumindest etwas besser als sein Nebenmann Tah. Das war aber auch nicht schwer. Ergo: Auch Anton reihte sich ein in das deutsche Chaos in Hälfte eins – und war dafür mitverantwortlich.
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Aleksandar Pavlovic (Note 4,5): Der Konkurrent des überraschend nicht nominierten VfB-Taktgebers Angelo Stiller zeigte in Luxemburg im Mittelfeldzentrum eine schwache Leistung. Immerhin war Pavlovic meist noch ballsicher unterwegs, Struktur und besondere Momente kreierte er aber nicht. Pavlovic ging im deutschen Chaos in Hälfte eins mit unter – in der zweiten Halbzeit wurde es nicht viel besser.
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David Raum (Note 4,5): Zur Stammkraft ist der Kapitän von RB Leipzig in den vergangenen Monaten avanciert auf der Linksverteidigerposition – zum Verdruss von VfB-Profi Maximilian Mittelstädt, der es nun zum zweiten Mal nacheinander nicht in den DFB-Kader geschafft hat. Konkurrent Raum punktete dieses Mal nicht in eigener Sache. Bis auf seine Anweisungen und Gesten, die nicht immer einen tieferen Sinn ergeben, fiel er nicht auf. Zumindest nicht positiv.
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Leon Goretzka (Note 4,5): Der Routinier ist unter Julian Nagelsmann aktuell Stammspieler auf der Achterposition – und unterstrich in Luxemburg-Stadt am Freitagabend seine exponierte Stellung nicht. Goretzka war um Struktur und Ordnung bemüht. Er schaffte diese selten bis nie. Musste schon zu Beginn der zweiten Hälfte raus: Goretzka war akut gefährdet, die Gelb-Rote Karte zu sehen.
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Serge Gnabry (Note 5): Beim FC Bayern startet der Offensivmann durch, bei der DFB-Elf zuletzt auch. Jetzt, am Freitagabend in Luxemburg, machte Gnabry das nicht. Ein unterirdischer Auftritt in den ersten 25 Minuten, dann immerhin mit einer Doppelchance – und dann: Wieder nah am Unterirdischen. Seine Auswechslung nach 65 Minuten war folgerichtig.
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Florian Wirtz (Note 5): Nach schleppendem Saisonstart beim neuen Club FC Liverpool sucht das Offensivjuwel des deutschen Fußballs Konstanz, Form und Sicherheit – in der WM-Qualifikation am Freitagabend absolvierte Wirtz keine Schritte nach vorn in der Findungsphase. Ein Schuss in Minute 9, einer nach 28 Minuten, das war’s an Positivem. Ansonsten ungefährlich, mit den falschen Entscheidungen und einigen Ballverlusten.
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Leroy Sané (Note 4,5): Klartext gab es vom Bundestrainer in Richtung des Offensivmanns von Galatasaray Istanbul. Nagelsmanns Botschaft: Viele Chancen gibt es nicht mehr für Sané in der DFB-Elf, wenn er sein Talent nicht dauerhaft auf den Platz bringt. Am Freitagabend nun schöpfte Sané sein Potenzial erst einmal wieder nicht aus. Viele Ballverluste, falsche Laufwege, keine gefährlichen Aktionen – das war die erste Hälfte. Die zweite begann dann furios, mit einer tollen Vorlage über rechts zum 1:0 durch Nick Woltemade. Hinterher dann wieder schwach. Sané empfahl sich nicht für weitere Nominierungen.
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Nick Woltemade (Note 3): Vor einem knappen Monat erzielte der ehemalige VfB-Angreifer in Nordirland (1:0) sein erstes Länderspieltor, bei Newcastle United startet Woltemade ordentlich durch – in Luxemburg setzte der Stürmer nach seinem Höhenflug zunächst zum Sinkflug an. Ein miserabler Auftritt in Hälfte eins, Woltemade war kaum im Spiel – und wenn er es mal war, verlor er meist den Ball. Und dann, ja dann, begann die zweite Hälfte, und nach knapp vier Minuten war alles andere zwar nicht vergessen, aber zumindest auf der Anzeigetafel Makulatur. Woltemade erzielte nach Sané-Hereingabe gekonnt das 1:0. Hinterher wieder kaum zu sehen (allenfalls aufgrund seiner Größe). Tja, und dann knipste Woltemade wieder – zum 2:0 nach 69 Minuten. War da was vorher? Ja, eine schwache Leistung. Aber wer trifft, und das auch noch doppelt, der hat recht!
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Felix Nmecha (Note 3,5): Der BVB-Profi kam zu Beginn der zweiten Hälfte für Leon Goretzka in die Partie – und brachte immerhin ein bisschen Ordnung und Stabilität ins deutsche Spiel.
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Kevin Schade (Note 3,5): Der Offensivmann wurde nach 65 Minuten für Serge Gnabry eingewechselt. Der ehemalige Freiburger fiel nicht weiter auf.
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Malick Thiaw (Note 3): Der Abwehrmann wurde nach 79 Minuten eingewechselt und fiel nicht weiter auf.
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Jamie Leweling (Note 3): Der VfB-Offensivmann kam nach 79 Minuten ins Spiel. Nachdem er die vergangenen beiden Länderspiele verletzt verpasst hatte, durfte Leweling in Luxemburg also zumindest wieder ein bisschen Eigenwerbung betreiben im DFB-Dress. Allein: Der Stuttgarter konnte keine entscheidenden Akzente mehr setzen.
