Basketball-Play-offs

Yorman Polas Bartolo – der Basketball-Wirbelsturm

Ludwigsburgs Basketballer Yorman Polas Bartolo spielt mit 37 Jahren seine vielleicht beste Saison – auch gegen seinen Ex-Club aus Bonn im Halbfinale?

Eine Konstante bei den Riesen: Yorman Polas Bartolo (gelbes Trikot)

© Pressefoto Baumann/Julia Rahn

Eine Konstante bei den Riesen: Yorman Polas Bartolo (gelbes Trikot)

Von Joachim Klumpp

Yorman Polas Bartolo hat hohen Besuch. Die geliebte Mama aus Kuba ist zu Gast, nach langer Zeit. „Ich wollte, dass sie mich mal wieder Basketball spielen sieht, solange ich noch aktiv bin“, sagt der 37-jährige Profi der MHP Riesen Ludwigsburg. Ein Jahr hat er jüngst mit seiner Vertragsverlängerung schon mal drangehängt. Es ist dann die vierte Saison bei den Riesen – im schnelllebigen Basketballgeschäft fast so etwas wie ein Rentenvertrag. „Für mich ist es wichtig, dass ich mich im Verein wohlfühle und respektiert werde.“ Wie hier oder zuvor in Bonn, wo er ebenfalls vier Jahre lang war.

Und just gegen diese Mannschaft der Telekom Baskets geht es für die Riesen von Montag an in den Play-offs um den Einzug ins Finale. Polas Bartolo lässt keinen Zweifel an seinem Ziel: „Ich will Meister werden.“ Zum dritten Mal steht er mit den Ludwigsburgern im Halbfinale, nach dem überraschenden Durchmarsch gegen die favorisierten Oldenburger. „Wir waren sehr fokussiert und wollten Wiedergutmachung für die drei Niederlagen während der Saison“, sagt der Deutsch-Kubaner, der seinen Anteil am Weiterkommen hatte. Er konnte Oldenburgs Star Dewayne Russell zwar nicht komplett ausschalten, ihn aber zu Ballverlusten zwingen und selbst noch Akzente setzen (24 Punkte in der ersten Partie). Das war schon mal ein Ausrufezeichen.

Nicht das erste in der Bundesliga. Schon dreimal wurde er zum besten Defensivspieler der Liga gewählt. Als Kind wollte er Polizist werden und die Gesetze verteidigen, jetzt verteidigt er die Körbe. Vor der Saison hat ihn der neue Trainer Josh King, der sogar ein paar Tage jünger ist als er, zum Kapitän befördert. „Das ist auch eine Verantwortung“, sagt der Spieler, der die einzige Konstante ist, weil im Ludwigsburger Basketball die Spieler so rasch wechseln wie die Freundinnen eines Gigolos.

Ein Gigolo ist Polas Bartolo nicht, aber er erscheint stylish zum Gespräch. Mit großer Sonnenbrille und dickem Halsschmuck. Privat liebt er es ruhiger, achtet auf genügend Schlaf und gesundes Essen. Vielleicht ein Geheimnis, weshalb er von schweren Verletzungen verschont blieb. „Ich fühle mich nicht wie 37“, sagt er. Das Alter merkt man ihm auf dem Parkett auch nicht an. „Er ist ein absolutes Vorbild“, sagt King, „und er spielt vielleicht die beste Saison seiner Karriere.“

Der Liebe wegen ist er in Deutschland gelandet. Als er mit der kubanischen Nationalmannschaft zu einem Freundschaftsspiel auf die Kanaren reiste, lernte er seine Frau im Teamhotel kennen. Es folgten Besuche, dann kam die Heirat und der Umzug nach München. Da darf eine beliebte Anekdote nicht fehlen: Seine Gattin, die damals in der Nobelbar Schumann’s arbeitete, knüpfte über Nationaltorwart Manuel Neuer und Bastian Schweinsteiger sogar den Kontakt zu den Basketballern. Schließlich hat es zu einem Probetraining gereicht, aber nicht zu einem Vertrag. „Ich war damals noch nicht so bekannt hier und hatte auch noch keinen deutschen Pass.“

Der folgte 2015 – den kubanischen besitzt er parallel – und machte ihn wegen der Quotenregelung (jedes Team braucht sechs Deutsche auf dem Spielberichtsbogen) noch wertvoller. Sein ehemaliger Bonner Trainer Chris O’Shea hat einmal gesagt: „In erster Linie macht Yorman seine Mentalität zu einem überragenden Verteidiger. Er freut sich sehr auf die Aufgabe, den jeweils besten Offensivspieler des Gegners zu decken und ihm Punkte wegzunehmen.“ Das prädestiniert ihn gegen Bonn, die Kreise des MVP (wertvollsten Spielers der Saison) TJ Shorts einzudämmen. Seine Intensität hat ihm schon früh den Spitznamen El Ciclón, der Wirbelwind, verschafft. „Auf Kuba war ich in meinem Team einer der Jüngsten, da musste ich mich durchsetzen.“ Sein Credo? „Wer im Leben etwas erreichen will, muss dafür kämpfen“, sagt Polas Bartolo in einem Deutsch, das zwar nicht so perfekt ist wie sein Spiel, „aber ich versuche auch hier, mich ständig zu verbessern“.

Die achtjährige Tochter lebt in Hannover

Von seiner Frau ist er inzwischen getrennt (und neu liiert), als Bindeglied bleibt die gemeinsame achtjährige Tochter, die bei der Mutter in Hannover lebt, aber immer mal wieder zu Besuch kommt. Sie ist mit ein Grund, dass Polas Bartolo sich eine Zukunft in Deutschland vorstellen kann. Aber das ist offen wie ein Buch. Dem Basketball will er jedenfalls verbunden bleiben, vielleicht als Trainer. „Mal sehen, wie lange ich noch spiele.“ Der TV-Experte Denis Wucherer, der den Spieler noch aus der gemeinsamen Zeit in Gießen kennt, wagt eine Prognose: „Er ist ja relativ spät zum Leistungssport gekommen. Der hat noch fünf Jahre im Tank.“ Super-Plus-Benzin, wohlgemerkt.

Play-off-Halbfinale

TermineDie Best-of-three-Serie startet am Montag (19 Uhr) in Bonn, wo zwei Tage später auch die zweite Partie stattfindet. Die Riesen haben am 3. Juni definitiv ein Heimspiel. Die weiteren Termine – falls nötig – wären am 5. Juni nochmals in der MHP-Arena und am 7. Juni in Bonn. Anwurf ist jeweils um 20.30 Uhr.

HalbfinaleDie zweite Partie bestreiten Bayern München und Ratiopharm Ulm. Diese Serie beginnt am Sonntag und Dienstag in München, die Ulmer bestreiten am 2. Juni (19 Uhr) auf jeden Fall ein Heimspiel.

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Erstellt:
26. Mai 2023, 15:04 Uhr

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