Zwei Glücksfälle für den Nachwuchsbereich der TSG Backnang 1846

Bei den TSG-Basketballern trägt der 2015 aus Syrien geflohene Muhannad Saffour bereits für die U 14 die Hauptverantwortung, bald kommt die U 18 noch dazu. Der Kameruner Bomby Nyemb engagiert sich schon lange bei Backnangs Volleyballern und nun auch in der Kindersportschule.

„Ich will ein sehr guter Trainer werden“: Vom Ehrgeiz von Muhannad Saffour profitieren die jungen TSG-Basketballer. Fotos: Alexander Becher

© Alexander Becher

„Ich will ein sehr guter Trainer werden“: Vom Ehrgeiz von Muhannad Saffour profitieren die jungen TSG-Basketballer. Fotos: Alexander Becher

Von Steffen Grün

„Basketball ist mein Leben“, sagt Muhannad Saffour und ist deshalb sehr glücklich, sein mit Abstand liebstes Hobby als Spieler und Trainer bei der TSG Backnang auch in der neuen Heimat intensiv pflegen zu können. Das ist seit nunmehr rund dreieinhalb Jahren das Murrtal, nachdem sich der Syrer nach seiner Flucht zunächst immer wieder woanders zurechtfinden musste. „Der Krieg war der Hauptgrund, warum ich 2015 nach Deutschland gekommen bin“, sagt der 31-Jährige, der mit seiner damaligen Frau und dem Sohn fast einen Monat unterwegs war. Von Damaskus ging es in die Türkei, wo die Familie in ein Gummiboot kletterte, um die Fahrt nach Griechenland anzutreten. „Ende August war es auch gefährlich, aber nicht so gefährlich wie im Winter“, ordnet Muhannad Saffour das Risiko ein. Letztlich ging alles gut, auch auf dem weiteren strapaziösen und weitgehend zu Fuß bewältigten Weg.

Auch in Backnang auf Korbjagd gehen zu wollen, war für Muhannad Saffour selbstverständlich

Hierzulande war München die erste Station. Dann Ellwangen und Göppingen, ehe in Adelberg wichtige Weichen gestellt wurden: „Dort habe ich eine Ausbildung als Maschinen- und Anlagenführer gemacht.“ Zudem lernte er seine neue Freundin kennen und zog zu ihr nach Backnang. „Wir haben zusammen mittlerweile zwei Töchter“, sagt der stolze Papa, hinzu kommt jeweils noch ein Kind aus den vorherigen Beziehungen. Die Familie wohnt inzwischen in Burgstetten, aber der Verein ist derselbe geblieben. „Meine Freundin kannte die TSG“, berichtet Muhannad Saffour, wie er anfangs auf die Basketballabteilung in seiner neuen Heimat aufmerksam wurde. Auch hier auf Korbjagd gehen zu wollen, war für ihn selbstverständlich, denn bereits in Syrien war das immer seine Leidenschaft. Dieser Sport genießt in dem kriegsgeschundenen Land einen recht hohen Stellenwert und „ich war eine Weile auch in einem Verein, aber das war schwierig“, erinnert er sich. „In meiner Kindheit habe ich allerdings oft sieben, acht Stunden am Tag mit meinen Freunden gespielt.“

Muhannad Saffour freut sich mit der U 14 auf das Final-Four-Turnier am Samstag

In Backnang freute sich das damals vor dem Durchmarsch in die Bezirksliga stehende Team über den Zugang, der aber nur zwei Monate im Training mitmischte, als die Coronazeit begann. Als es wieder losging, war die neu gegründete Zweite in der Kreisliga B sein Einsatzgebiet, „derzeit kann ich aus gesundheitlichen Gründen nicht spielen“. Ihn plagen Gelenkschmerzen, die ihn aber nicht davon abhalten, zumindest als Coach rund sechs Stunden pro Woche für die TSG tätig zu sein. „Ich habe Ende 2021 als U-14-Co-Trainer angefangen“, erzählt „Mudy“, wie ihn alle nur nennen. „Als der Trainer weggezogen ist, habe ich das Team übernommen.“ Mit Erfolg, wie die starke Saison mit Platz eins in der Bezirksliga und dem Einzug ins Final-Four-Turnier übermorgen in Stuttgart zeigt. Seit einigen Monaten zählt der Syrer darüber hinaus auch zum Trainerstab der U-8- und U-10-Teams, um die sich insgesamt drei Leute kümmern. Der ständige Kontakt mit den Kindern und Jugendlichen habe ihm sehr „dabei geholfen, dass mein Deutsch immer flüssiger wurde“. Wobei das fast untertrieben ist, denn er beherrscht die schwierige Sprache längst nahezu perfekt.

Bei der U 10 ist für ihn nun Schluss, nach den Pfingstferien erwartet ihn stattdessen die U 18. Es ist die nächste Herausforderung für den Mann, der als Kind von einer Profikarriere träumte und diesen Traum nun an den Nachwuchs weitergibt. Muhannad Saffour ist an der Seitenlinie aber nicht minder ehrgeizig und freut sich über die Unterstützung des Vereins beim Erwerb der Lizenzen, denn „ich will ein sehr guter Trainer werden“. Den D-Schein hat er schon, im Herbst ist die C-Lizenz dran. „Er kommt von sich aus auf uns zu, das zeigt seinen Ehrgeiz“, sagt Abteilungsleiter Jörg Blaetter über die Weiterbildungsmaßnahmen und hält große Stücke auf den Coach. „Er ist sehr zuverlässig, macht einen tollen Job. Ich habe bislang nur Positives von ihm wahrgenommen.“

Bomby Nyemb hat sein Engagement auf die Kindersportschule ausgeweitet

Dasselbe gilt für Bomby Nyemb bei den Volleyballern der TSG Backnang. „Er ist seit Jahren ein fester Bestandteil unserer Abteilung und als zuverlässiger Nachwuchstrainer für uns nicht mehr wegzudenken“, betonte Vereinsurgestein Ernst Bachmann bereits im Oktober 2022, als unsere Zeitung den gebürtigen Kameruner porträtierte. Daran hat sich nichts geändert, der 38-Jährige hat sein Engagement aber auf die Kindersportschule (Kiss) ausgeweitet. „Pitt wusste, dass weitere Helfer bei der Kiss gebraucht werden“, berichtet Bomby Nyemb vom Gespräch mit dem Volleyballabteilungsleiter Hans-Peter Richter. Sein aktueller Teilzeitjob als Lehrer für Mathematik und Wirtschaft lässt ihm die Zeit, sich auch an dieser Stelle für die TSG einzusetzen und Kiss-Leiterin Svetlana Persicke zu unterstützen.

Bomby Nyemb hat sein Engagement bei der TSG auf die Kindersportschule ausgeweitet.

© Alexander Becher

Bomby Nyemb hat sein Engagement bei der TSG auf die Kindersportschule ausgeweitet.

„Das vorrangige Ziel ist es, die Kinder in Bewegung zu bringen“, erklärt er den Sinn dieses Angebots für Drei- bis Zehnjährige. „Wir bringen ihnen verschiedene Sportarten näher.“ Da kommt es Bomby Nyemb, der sein Heimatland wegen der angespannten Sicherheitslage vor elf Jahren verlassen hat, zugute, dass er selbst sehr vielseitig ist: „Ich habe mit Fußball angefangen, habe mich aber verletzt. Beim Basketball war das Training nicht so gut, deshalb bin ich beim Volleyball gelandet.“ Nun profitiert die TSG 1846 von den breit gefächerten Kenntnissen ihres Übungsleiters, den Claudia Krimmer als „Glücksfall“ bezeichnet. „Bomby ist sehr motiviert, zielstrebig, ehrgeizig und kann sehr gut mit Kindern umgehen“, präzisiert die Geschäftsführerin und stellvertretende Vorsitzende ihr Lob. Das alles hat er mit Muhannad Saffour gemein, weshalb dieses Duo beim größten Sportverein in Backnang längst nicht mehr wegzudenken ist.

Weitere Übungsleiter gesucht

DOSB-Lizenz „Sie sind herzlich willkommen, wir können sie dringlichst brauchen“, sagt Claudia Krimmer über alle Geflüchteten, die sich als Übungsleiter bei der TSG 1846 engagieren wollen. „Wir können sie aus- und weiterbilden“, betont die Funktionärin und denkt zum Beispiel an die DOSB-Lizenzen. Wer Interesse hat, meldet sich bei der Geschäftsstelle (Größeweg 20 in Backnang) oder ruft unter der 07191/86187 an, um nähere Informationen zu bekommen. Welches Sportangebot der Verein hat, erfahren Flüchtlinge auch unter www.tsg1846.de.

Kindersportschule Die Geschäftsstelle der TSG Backnang 1846 gibt unter der Telefonnummer 07191/86187 auch Auskünfte zur Kiss, die für Drei- bis Zehnjährige gedacht ist. Es gibt vier Altersgruppen (Minikids, Midikids, Maxikids und Junioren), die jeweils zwei Lebensjahre umfassen und auf die jeweils maximal 15 Kinder verteilt werden.

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Erstellt:
11. Mai 2023, 06:00 Uhr

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