Gogol und Mäx: Akrobatik auf dem Klavier im Backnanger Bürgerhaus

Mit ihrem virtuosen Musikstücken bringen Gogol und Mäx das Publikum zum Toben. Das Komödiantenduo wagt es zum großen Vergnügen des Publikums, seine Musikinstrumente auf vielfältige und unterhaltsame Weise zu zweckentfremden.

Das Interagieren der beiden Komödianten miteinander ist herrlich und dazu braucht es nicht vieler Worte. Foto: Tobias Sellmaier

© Tobias Sellmaier

Das Interagieren der beiden Komödianten miteinander ist herrlich und dazu braucht es nicht vieler Worte. Foto: Tobias Sellmaier

Von Simone Schneider-Seebeck

Backnang. Denjenigen, die ihre Musikinstrumente mit Liebe und Hingabe pflegen, aufopferungsvoll polieren und den winzigsten Kratzer für ein nicht wiedergutzumachendes Sakrileg halten, denen sei gesagt: Bleibt fort. Besucht nie, aber auch niemals eine Veranstaltung mit Gogol und Mäx. Der Abend kann nachhaltig verstörend sein.

Für alle anderen gilt: Ja, tut es. Denn die beiden Komödianten verstehen es, nicht nur musikalische Klassiker mit Humor zu würzen, sondern wagen es dazu noch, ihren Musikinstrumenten nicht nur Töne zu entlocken, sondern sie auf außergewöhnliche Weise zu zweckentfremden.

Wer käme denn schon auf die Idee, herabhängend vom Piano vierhändig zu spielen? Oder eine Tuba für einen Seiltanz zu nutzen? Dabei ahnt das geneigte Publikum beim Betreten des Saales noch gar nicht, was alles passieren kann. Recht bodenständig und bieder kommt das Bühnenbild daher, mit dunkel geblümter Tapete, der obligatorischen Vase auf dem Piano, gestreng oder vielleicht sogar etwas gelangweilt blicken der junge Mozart und der bereits gesetztere Bach aus ihren Bilderrahmen. Voll besetzt ist der Saal; besonders freut sich Kulturamtsleiter Johannes Ellrott über die zahlreichen Familien mit Kindern, die an diesem Abend den Weg ins Backnanger Bürgerhaus gefunden haben.

Die ersten Lacher ertönen bereits, als das Duo noch nicht einmal begonnen hat

Christoph Schelb als Gogol betritt würdevollen Schrittes die Bühne. Wie es sich für einen Maestro gehört, im Frack. Er kündigt das erste Stück an. Um ihn herum wuselt Mäx (Max-Albert Müller), mit wildem weißem Haarschopf, der ihm eine frappierende Ähnlichkeit zu Doc Brown verschafft (die Älteren werden sich vielleicht noch an „Zurück in die Zukunft“ erinnern). Ähnlich erfindungsreich ist er zudem. Die beiden haben noch nicht einmal begonnen, schon ertönen die ersten Lacher, als Mäx dem Maestro den Klavierhocker akribisch zurechtrückt. Und während dieser seinen Mozart doch recht rasant interpretiert, zeigt auch Mäx seine künstlerische Ader. Wer hätte auch gedacht, dass sich Bürsten hervorragend als Drumsticks eignen? Und so wird bald auch das Klavier Gegenstand akrobatischer Kunststücke, bis die beiden schließen obenauf liegen und vierhändig und spiegelverkehrt (!) ein Stück aus „Carmen“ zum Besten geben.

Immer wieder versucht Gogol, etwas Ernst in das Konzert hereinzubringen. Mit stoischer Gelassenheit kündigt er die Musikstücke an, sämtlich „Piano solo“, was Mäx jedoch nicht kümmert. Er spielt auf Glocken, dem Glockenspiel – das sich übrigens auch hervorragend mit dem Geigenbogen streichen lässt – verschiedenen Blasinstrumenten, selbst auf Eigenkonstruktionen aus Schlauch und Trichter. Er erweist sich als musikalisches Multitasking-Talent, spielt mit einer Hand Klavier, während er gleichzeitig das Alphorn bläst.

Begleitet Mäx den Maestro, dann kann es sein, dass sie zwischendurch vollkommen auseinanderdriften, sogar unterschiedliche Stücke spielen, doch am Ende wieder zusammenfinden. Gern versucht er sich dann an seiner Version von „La Cucaracha“, bevor Gogol wieder einmal vergeblich versucht, ihn zum Schweigen zu bringen.

Selbst der seriöse Maestro tanzt im rosafarbenen Tutu und mit Schirmchen

Die Komik entsteht dabei in erster Linie aus den beiden Gegenpolen. Während der eine doch nur seine Stücke spielen wird, unterwandert ihn der andere. Gesprochen wird dabei so gut wie gar nicht. Es kommen immer nur die Ankündigungen – das „solo“ übernimmt schnell das Publikum – und von Mäx höchstens ein gemurmeltes „La Cucaracha“ oder „Zugabé, Zugabé“.

Doch diese Mimik! Das verschmitzte Grinsen, wenn Mäx doch wieder etwas eingefallen ist, um sein geliebtes Musikstück an die Zuhörer zu bringen. Und dazu die akrobatischen Einlagen der beiden. Da ist sich auch der seriöse Maestro nicht zu schade, im rosafarbenen Tutu und mit Schirmchen auf dem Stab zu tanzen.

Es braucht nicht vieler Worte, um komisch zu sein: das Interagieren der beiden Komödianten miteinander, das Unerwartete, das beim Publikum so manchen Ausruf des Mitleids oder des Schreckens hervorbringt und immer wieder natürlich von Herzen kommendes Gelächter ob der absurden Einfälle. Kein Wunder, dass Gogol und Mäx am Ende des äußerst kurzweiligen Abends mit lang anhaltenden Standing Ovations gefeiert werden.

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Erstellt:
5. Dezember 2022, 06:00 Uhr

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