Backnanger Bürgerhaus: Violinistin Arabella Steinbacher eröffnet die Konzertsaison

Violinistin Arabella Steinbacher und das Württembergische Kammerorchester eröffnen die Konzertsaison mit Mozart, Dvořák und Robert Fuchs. Für ihr brillantes Spiel gibt es Bravorufe.

Arabella Steinbacher spielt seit ihrem dritten Lebensjahr Geige. In Backnang tritt sie zusammen mit dem Württembergischen Kammerorchester Heilbronn auf.  Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Arabella Steinbacher spielt seit ihrem dritten Lebensjahr Geige. In Backnang tritt sie zusammen mit dem Württembergischen Kammerorchester Heilbronn auf. Foto: Alexander Becher

Von Thomas Roth

Backnang. Auch wenn Mozarts A-DurViolinkonzert vielen Liebhabern klassischer Musik hinlänglich bekannt sein dürfte, lohnt es sich für die Besucher der Konzerte im Backnanger Bürgerhaus stets, eine Stunde früher zu erscheinen, um die treffliche und inzwischen üblich gewordene Künstler-, Werk- und Komponisteneinführung zum Konzert des Abends nicht zu versäumen. So erfährt man doch immer wieder Dinge, die man so noch nicht wusste. Und dies wird höchst unterhaltsam präsentiert.

Jasmin Bachmann, die aus Murrhardt stammende und in Esslingen lebende Musikvermittlerin beim SWR, bringt dem Publikum, oft unterlegt durch Hörbeispiele, in pointierter Sprache und durchaus mit einer Prise Humor die Musik, die Komponisten und die ausführenden Akteure nahe. So auch beim Eröffnungskonzert der neuen Saison im Bürgerhaus mit dem Württembergischen Kammerorchester (WKO) unter der Leitung des US-Amerikaners Case Scaglione. Dass der Abend ein besonderer werden würde, war ohnehin klar, die Einführung steigerte die Erwartungshaltung und – um es vorwegzunehmen – das Publikum war am Ende erfüllt von einem wunderbaren Musikerlebnis.

1960 von Jörg Färber gegründet, hat sich das Heilbronner Orchester längst zu einem internationalen Player entwickelt. Das spiegelt sich auch darin wider, dass eine Violinvirtuosin vom Rang einer Arabella Steinbacher immer wieder mit dem Württembergischen Kammerorchester konzertiert. Dem 20-köpfigen Streicherensemble wird gern ein energetischer und leidenschaftlicher Musizierstil attestiert. Sowohl bei Robert Fuchs’ 3. Serenade in e-Moll als auch bei Dvořáks E-Dur-Serenade ist die dynamische Variabilität des Orchesters eindrucksvoll zu erleben. Eine große Stärke des Klangkörpers ist die kultivierte, lupenreine Klangfeinheit im Piano- bis Mezzofortebereich.

Hohe Streichertöne umschmeicheln die Cello- und Bassmelodie

Dies ist gleich zu Beginn bei der eher unbekannten Fuchs-Serenade zu erleben, wenn hohe Streichertöne die Cello- und Bassmelodie umschmeicheln. Genau wie auch im dritten Satz, der mit seinem „walking groove“ fast zu einem ruhigen Tänzchen einlädt und durch die eingängige Melodieführung an Johann Strauss erinnert – und hier nicht, wie die Komposition ansonsten, eher an Johannes Brahms und einen gewissen ungarischen Gestus. Laut und furios geht es dann im Finalsatz zu. Scagliones interpretatorische Absichten und seine zurückgenommene Art der Kommunikation mit seinen Musikern sind allein durch seine Körperhaltung und je nachdem seinen minimalistischen Bewegungen auch für das Publikum sogleich zu erkennen. Der Maestro und sein Orchester sind im wahrsten Sinn des Wortes ein harmonisch eingespieltes Team.

Dieser Teamgeist zeigt sich auch bei Mozarts A-Dur-Violinkonzert, dem anspruchsvollsten und vielleicht auch schönsten seiner Violinkonzerte. Mozart und A-Dur sei eine Liebesbeziehung, so Jasmin Bachmann in ihrer Einführung. Es ist wohl so. Man denke nur an den langsamen Satz des Klarinettenkonzerts.

Steinbacher spielt eine Stradivari

Die Münchener Geigerin Arabella Steinbacher hat das langsame, liebliche, kantilenenhafte Intro des ersten Satzes gespielt und bereits da mit ihrem Geigenton die Herzen des Publikums berührt. Sie spielt, standesgemäß möchte man sagen, eine Stradivari, die „ex Benno Walter“, und zelebriert, immer dienlich, dynamisch angepasst, stilsicher und belebend begleitet vom WKO, dieses Mozart’sche Königswerk. Es klingt makellos, ob sie nun die „Seufzerfiguren“ (Bachmann) des zweiten Satzes spielt oder die orientalischen türkischen Töne im dritten Satz, einem eher unbeschwerten Rondo. Interessant, wer es nicht kannte, wie die Cellisten mit dem Holz des Bogens auf die Saiten schlagend für die Percussion sorgen. Arabella Steinbacher ist selbstverständlich über jeden technischen Zweifel erhaben, brilliert in den Solokadenzen, die sie nicht nur mühelos meistert, sondern musikalisch interpretiert. Bravorufe für Arabella Steinbacher, aber auch für eine insgesamt fantastische Aufführung des Violinkonzerts in A-Dur, KV219 von Wolfgang Amadeus Mozart.

Einen Ausschnitt aus der zweiten Solosonate von Eugene Ysaye spielt Steinbacher vor der Pause als Solozugabe – aufgrund des technischen Schwierigkeitsgrads für das Publikum sehr beeindruckend und daher ein gern genommenes Zugabenstück.

Mit Dvořák endet ein rundumgelungener Auftakt der Konzertreihe

Der Abend im Backnanger Bürgerhaus klingt aus mit Antonín Dvořáks Serenade in E-Dur, einem anspruchsvollen Werk mit zum Teil überraschenden harmonischen Wendungen, bei dem vielleicht der vierte Satz ob seiner wunderschönen Kantilenenhaftigkeit hervorzuheben ist. Auch hier zeigt das Württembergische Kammerorchester noch einmal, wie dynamisch, vielseitig und transparent sein Klang ist. Das Publikum dankt es mit langem Beifall.

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Erstellt:
4. Oktober 2022, 06:00 Uhr

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