Daimler Sinfonieorchester in Backnang: Warme Klaviertöne füllen den Saal

Das Daimler Sinfonieorchester mit seinem Pianisten Marcel Mok gibt Rahmen eines vom Lions Club organisierten Benefizkonzertes Werke von Brahms und Dvořák zum Besten. Die Zuhörerinnen und Zuhörer danken es mit starkem Applaus und stehenden Ovationen.

Die Musikerinnen und Musiker des Daimler-Konzerns begeistern das Publikum im Bürgerhaus. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Die Musikerinnen und Musiker des Daimler-Konzerns begeistern das Publikum im Bürgerhaus. Foto: Alexander Becher

Von Miklós Vajna

Backnang. Das Daimler Sinfonieorchester ist ein großer Klangkörper mit einem breiten Klang, in dem Liebhabermusiker mit großem Engagement und dezenten Intonationsproblemen spielen. Wenn dann aber die Instrumente harmonieren, können glückliche Momente voller Glanz und Schmelz entstehen. So auch beim Auftritt der etwa 60 Musikerinnen und Musiker im Backnanger Bürgerhaus.

Im Foyer gibt es vor dem Benefizkonzert des Lions Clubs mit dem Daimler Sinfonieorchester noch eine kleine Stärkung zum geselligen Einstimmen, man begrüßt sich, die Stimmung unter den Gästen ist freudig erwartungsvoll. Der Walter-Baumgärtner-Saal füllt sich zusehends. Dann nimmt das Orchester auf der Bühne Platz und gönnt sich die notwendige Zeit zum präzisen Intonieren der Instrumente. Thomas Gruber, der Präsident des Lions Club Backnang, begrüßt, dankt fürs Kommen und die Spenden und weist darauf hin, dass es im Daimler-Konzern nicht nur kompetente Ingenieure, sondern auch musische Talente gibt, die sich zu regelmäßigen musikalischen Proben zusammenfinden. Der Lions Club Backnang hat es sich zur Aufgabe gemacht, mindestens einmal im Jahr eine kulturelle Veranstaltung in der Region zu organisieren. Nach zwei coronabedingten Absagen konnte der Verein nun endlich wieder ambitionierten Künstlern eine Plattform bieten.

Soloinstrument können mit virtuosen Einlagen brillieren

In der ersten Hälfte des Konzerts erklingt das Klavierkonzert Nr. 1 op. 15 von Johannes Brahms. Die Klavierkonzerte der damaligen Zeit hatten die gewohnte, leicht nachvollziehbare Formanlage: Orchestervorspiel mit Vorstellung der musikalischen Themen, Weiterführung der Themen im Klavier, Verarbeitung im Wechselspiel, gemeinsames Steigern und immer die Möglichkeit für das Soloinstrument, mit virtuosen Einlagen zu brillieren. Man erfreute sich an den Einfällen, die dies mit neuen, raffinierten Impulsen belebten, und an der effektvollen Behandlung des Klaviers.

Das Brahmssche Klavierkonzert dagegen beginnt mit einem Paukenwirbel und danach mit rezitativisch zu einem schroffen Gebirge sich auftürmenden Klangmassen und auch die folgende ruhige Passage ist keine eingängige Melodie, sondern folgt den wechselnden emotionalen Zuständen. Das einsetzende Klavier spannt rhapsodische Bögen und Steigerungen, die virtuosen Passagen gehen im Orchestergetümmel unter und es gibt keine Kadenz, in der der Pianist seine Fingerfertigkeit zeigen kann. Kein Wunder, dass die Zeitungskritik (Quelle Wikipedia: Signale für die musikalische Welt) die zweite Aufführung im Gewandhaus in Leipzig umfassend verrissen hat, musikalisch und inhaltlich, und auch Johannes Brahms als ausführender Pianist genügte nicht den Ansprüchen des Kritikers.

Bravorufe aus dem Publikum

Marcel Mok, ein gebürtiger Stuttgarter mit taiwanesisch-chinesischen Wurzeln, ist ein Glücksgriff für das Klavierkonzert: Klaviertechnisch bewältigt er mit Leichtigkeit die kompakten und virtuosen Ansprüche, geht sensibel jeder musikalischen Regung nach und hat die nötige Leidenschaft, um der Musik von Johannes Brahms gerecht zu werden. Mit einem vollen, warmen Klavierton, der mühelos den Saal füllt und in dem die Vollgriffigkeit des Akkordspiels immer klar und durchsichtig bleibt und Raum lässt für die ausdrucksstarke Kantilene, erklingt auch die vom begeisterten Publikum mit Pfiffen und Bravorufen eingeforderte Zugabe „Abschied“ aus den Waldszenen op. 82 von Robert Schumann.

In der Konzertpause erwähnt Thomas Gruber, dass sowohl Marcel Mok als auch das Daimler Sinfonieorchester im Sinne des Benefizkonzerts ohne Gage spielen. Er stellt die begünstigten Organisationen, den Kinder- und Jugendhospizdienst Sternentraum und die Lebenshilfe Rems-Murr, vor. Die jeweiligen Vorsitzenden informieren über ihr Tätigkeitsfeld und die Verwendung der Spendengelder.

Viel Körpereinsatz vom Orchester

Als reines Orchesterwerk gibt es danach die 7. Sinfonie d-moll op. 70 von Antonín Dvořák mit kämpferischem Charakter und patriotischen Intentionen. Matthias Baur leitet sein Orchester mit viel Körpereinsatz und ist in ständiger Bewegung. Mit großen, weit ausholenden Armbewegungen aktiviert er die musikalischen Steigerungen und Entwicklungen und setzt dynamisch energetische Akzente. Da sticht der Zeigefinger drohend gen Himmel und manches Mal ist zu befürchten, dass der Dirigentenstab ins Orchester geschleudert werden könnte. Die Musiker sind dementsprechend hellwach und gehen konzentriert mit.

Bravorufe, starker Applaus, Beifallsgejohle und stehende Ovationen sind der Dank des Backnanger Publikums für das Benefizkonzert. Thomas Gruber überreicht Blumen und Wein und als Zugabe erklingt noch einmal ein Teil des dritten Satzes, froh beschwingt, zuversichtlich und tänzerisch mitreißend.

Daimler Sinfonieorchester

Geschichte Seit über vier Jahrzehnten ist das Daimler Sinfonieorchester Stuttgart im Konzern und außerhalb des Konzerns musikalisch aktiv. 1978 hatte alles begonnen mit einer kleinen Gruppe Musikbegeisterter im Unternehmen. Als Dirigent zeichnete sich Siegfried Benz aus, der auch Führungskraft im Konzern war. Vor über zwei Jahrzehnten übernahm Matthias Baur den Dirigentenstab, der als professioneller Musiker neue Akzente setzte. Aus dem Kammerorchester erwuchs ein Sinfonieorchester.

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Erstellt:
14. Oktober 2022, 06:00 Uhr

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