Die Band Bölter stellt Sinn- und Identitätsfragen

Das Trio präsentiert in der Gemeindehalle in Großerlach seine Debütscheibe „Therapie“ im Rahmen der Winterkulturtage.

Gitarrist und Sänger Philip Bölter, Bassist Steffen Knauss und Drummer Heiko Peter sind zusammen das Trio Bölter. Foto: Jörg Fiedler

© Jörg Fiedler

Gitarrist und Sänger Philip Bölter, Bassist Steffen Knauss und Drummer Heiko Peter sind zusammen das Trio Bölter. Foto: Jörg Fiedler

Von Carmen Warstat

Großerlach. Bölter – das sind der Frontmann, Gitarrist, Harper und Sänger Philip Bölter, der Bassist Steffen Knauss und der Drummer Heiko Peter. Im Rahmen der Winterkulturtage stellte das Trio seine Debütscheibe „Therapie“ vor und hatte auch Neues im Gepäck, denn „die Therapie muss ja weitergehen“, so der Songwriter Bölter.

Der Konzert-Opener und Titelsong der Bölter-CD von 2022 „Therapie“ setzt sich mit Problemen der Digitalisierung auseinander. Nachdenklich und fast belehrend spricht der Text von „Narzissten in Ekstase“ und stellt, wie mancher der folgenden Songs es ähnlich auch tun wird, Sinn- und Identitätsfragen – „Wer bist du und wer willst du sein?“ Die Klassifizierung auf dem Tonträger ordnet die Musik dem Indie-/Alternative-Genre zu, was man irreführend finden kann, weil sie dafür dann doch entsprechende Renitenz, Auflehnung, Opposition oder Härte vermissen lässt, zumindest in den Texten. Da ist viel „vielleicht“ und „manchmal“, es ist ein Tasten und Fragen, natürlich legitim und sicher anregend, aber eben auch ein wenig brav.

Musikalisch sieht das schon anders aus. Hier haben sich drei virtuose Instrumentalisten gefunden, die in Bluesrock und Folk zu Hause sind, leidenschaftlich improvisieren können und der kalt wirkenden Gemeindehalle allmählich ordentlich einzuheizen wissen. Philip Bölter entlockt seinen Dobro-Gitarren neben brillanten Bluesrock-Sounds auch unter die Haut gehende Tex-Mex-Klänge und er beherrscht ein wundervolles Picking, das, sobald der Zuhörer zu schwärmen und zu schwelgen beginnen möchte, übergehen kann in ein aggressiveres Hybrid-Picking, welches noch faszinierender ist. So vermag die Intensität dieser Musik den Texten dann doch eine Tiefe zu verleihen, die ergreifend wirkt. Und genau so muss es ja auch sein, eben das ist Songwriting. Philip Bölters Stimme – sehr sicher und vielseitig – klingt am eindringlichsten bei den stilleren Songs wie „Hörst du mir zu“, einem leisen Highlight des Abends, das von Verlust und Traurigkeit spricht, ohne in abgrundtiefe Verzweiflung zu driften. Und er kann, wie auf dem Tonträger in „Man muss nehmen, was man kriegen kann“ zu hören ist, auch ironisch-sarkastisch werden.

Zudem ist der Frontmann der Band ein geborener Entertainer. Es ist ihm anzumerken, dass er nicht zum ersten Mal auf einer Bühne steht. Gewitzt und originell wird das Publikum einbezogen. Die Reaktionen lassen nicht lange auf sich warten. Große Begeisterung auf der einen und zurückhaltende Beobachtung auf der anderen Seite – das Publikum ist so vielschichtig wie das Programm, die Stimmung indes hervorragend. Manche tanzen hingebungsvoll, und viele interagieren gern mit der Band: Stampfen und Klatschen und Singen sind gefragt, und enthusiastisch wird geliefert.

Bühnenerfahren und mit allen musikalischen Wassern gewaschen überzeugen auch der Backnanger Drummer Heiko Peter und der Bassist Steffen Knauss. Insbesondere auch ihre Soli sind grandios und mitreißend. Knauss liefert atemberaubende Läufe und Peter glänzt mit einer technischen Perfektion, die hierzulande ihresgleichen sucht. So ist den Musikern von Bölter denn ein außergewöhnlicher Abend zu verdanken, ein Abend der staunen ließ darüber, was für komplexe Klangerlebnisse schon zu dritt erzeugt werden können, ein Abend, der etwas von ihren musikalischen Wurzeln preisgab: Viele Minuten lang und sehr cool improvisierten sie über Led Zeppelins „Whole Lotta Love“ und alle Bravheit war vergessen. „Mit dem Krach können wir euch unmöglich nach Hause schicken“, entschied Philip Bölter. So gab’s zum Abschied ein stilles Lied für die „liebe(n) Freunde der Nacht“.

Zu Beginn der Veranstaltung hatte Großerlachs Bürgermeister Christoph Jäger das Publikum und die Band sowie den veranstaltenden Förderverein Sport&Kultur Großerlach begrüßt. Jäger, selbst Singer-Songwriter, habe Bölter eines Abends live erlebt und beschlossen, die Band nach Großerlach zu holen. Nicht ausverkauft, aber gut besucht war das Konzert in der Gemeindehalle des kleinen Orts. Der Bürgermeister kommentierte dies mit den Worten: „Wir haben Spaß mit denen, die da sind, alle anderen sind selbst schuld.“

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Erstellt:
20. März 2023, 06:00 Uhr

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