Neu im Kino: „Das Fest geht weiter“

Die Grünen, die Linken, die Liebe

Robert Guédiguians Film „Das Fest geht weiter“ ist voller lebhaftem Humanismus und Optimismus.

Rosa (Ariane Ascaride) und Henri (Jean-Pierre Darroussin)

© Film Kino Text

Rosa (Ariane Ascaride) und Henri (Jean-Pierre Darroussin)

Von Martin Schwickert

Von einer Sekunde zur nächsten fielen am 5. November 2018 in Marseille zwei Häuser in sich zusammen. Acht Menschen wurden unter den Trümmern begraben. Das tragische Unglück rüttelte die Stadt auf. Die Menschen im Viertel Noailles gingen auf die Straße, um gegen die unhaltbaren Zustände zu demonstrieren, und zwei Jahre später wurde Michèle Rubirola als Kandidatin des linken Bündnisses überraschend zur Bürgermeisterin gewählt.

Robert Guédiguians Film „Das Fest geht weiter“ beginnt mit den Bildern der Katastrophe: dem tosenden Geräusch der zusammenstürzenden Häuser, der Staubwolke, die durch die Straße rollt, dem Trümmerberg, in dem die Rettungskräfte nach Überlebenden suchen. Die Aufnahmen bilden den erzählerischen Nährboden für eine Geschichte, in der zwei Frauen aus verschiedenen Generationen mit dem privaten Leben und ihrem politischen Engagement hadern.

Will sie Bürgermeisterin werden?

Rosa (Ariane Ascaride) hat ihr Leben lang als Krankenschwester gearbeitet, nach dem frühen Tod des Ehemanns die beiden Söhne allein großgezogen und sich nebenher in der Kommunalpolitik engagiert. Nun überlegt sie als Kandidatin der Grünen für das Amt der Bürgermeisterin zu kandidieren. Aber dafür müsste sich ihre Partei mit den anderen linken Kräften einigen – und davon sind die Parteien auch vier Jahre nach dem Unglück in der Rue d‘Aubagne weit entfernt.

Ihr ältester Sohn Sarkis (Robinson Stévenin) hat sich Hals über Kopf in Alice (Lola Naymark) verliebt. Die junge Schauspielerin arbeitet mit den Menschen im Viertel an einer Gedenkveranstaltung für die Opfer des Unglücks. Ihr Vater Henri (Jean-Pierre Darroussin) hat gerade seinen Buchladen aufgegeben und will nun seine elterlichen Versäumnisse nachholen. Zunehmend freundet er sich mit der zukünftigen Schwiegermutter der Tochter an und Rosa kann es kaum fassen, dass sie sich auf ihre alten Tage noch einmal verliebt.

Mit großer Zärtlichkeit

Wie alle Filme von Robert Guédiguian ist auch „Das Fest geht weiter“ fest im linken Milieu verankert. Aber gerade diese vermeintliche „Blasen-Perspektive“ macht die Qualität des Films aus. Denn auch wenn der 71-jährige Regisseur seine Werke selbst als „Agitprop“ bezeichnet, liegt diesen weniger das Primat einer Ideologie zugrunde als das lebendige Interesse an Menschen, die sich um politische wie soziale Veränderungen bemühen. Von diesem lebhaften Humanismus, einem überraschenden Optimismus und dem Willen zur Poesie ist auch „Das Fest geht weiter“ durchdrungen.

Dass die Charaktere von einem erfrischenden Idealismus angetrieben werden, mag aus heutiger Sicht vielleicht etwas altmodisch erscheinen. Aber auch wenn die Nachrichtenbilder anderes suggerieren: Es gibt diese Menschen nach wie vor, für die gesellschaftliches Engagement ganz selbstverständlich zum Leben gehört. „Das Fest geht weiter“ begleitet einige davon mit einer großen Zärtlichkeit für die unheroischen Figuren, ihre Sorgen, Nöte, Sehnsüchte – und ihre große Lebensfreude.

Das Fest geht weiter. Frankreich/Italien. Regie: Robert Guédiguian. Mit Ariane Ascaride, Lola Naymark, Jean-Pierre Darroussin. 106 Minuten. Ab 12 Jahren

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Erstellt:
11. Juni 2025, 15:10 Uhr

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