Die Sinnsuche endet in der Katastrophe

Die Junge Bürgerbühne Backnang führt im Bandhaus-Theater mit „Nichts. Was im Leben wichtig ist“ ein Stück mit drastischen Themen auf. Es basiert auf einem Jugendroman der dänischen Autorin Janne Teller aus dem Jahr 2000. Die Premiere ist am 18. Mai.

Die Jugendlichen stehen resigniert vor dem „Berg der Bedeutung“. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Die Jugendlichen stehen resigniert vor dem „Berg der Bedeutung“. Foto: Alexander Becher

Von Annette Hohnerlein

Backnang. Ist irgendetwas im Leben von Bedeutung? Nein, sagt Pierre Anthon. Ja, sagen seine Klassenkameraden. Und sie denken sich etwas aus, um den jungen Nihilisten von ihrer Ansicht zu überzeugen. Sie treffen sich in einem alten Sägewerk und jeder muss sich nach und nach von Dingen trennen, an denen er hängt, die also eine Bedeutung für ihn haben. Diese werden zu einem Berg aufgetürmt. Es entwickelt sich eine Challenge, mit jeder Runde werden die Gaben drastischer, denn die Gruppe verlangt von Mal zu Mal schmerzhaftere Opfer. Was mit einem Fahrrad, einem Fußball, einem Kruzifix und einem Gebetsteppich begann, endet damit, dass ein Mädchen seine Unschuld, ein anderes seinen Hund und ein Junge einen Finger opfern muss.

Es ist ein drastischer Stoff, den sich die zwölf jungen Darsteller und ihr Regisseur Jakob Dambacher-Walesch da vorgenommen haben. Nicht umsonst spricht das Bandhaus-Theater auf seiner Homepage eine Triggerwarnung aus: „Im Stück werden körperliche und sexualisierte Gewalt, Tierquälerei und Tod thematisiert und teilweise dargestellt.“ Wie passt das zu einem Ensemble mit teils minderjährigen Darstellern? „Mit Nichtprofis und jungen Erwachsenen muss man nicht alles zeigen, was möglich ist, wir haben manches ein bisschen verfremdet“, sagt der Regisseur, betont aber auch: „Wir wollten das Stück nicht weichspülen, sondern wir haben versucht, das in einem gemeinsamen Prozess zu erarbeiten.“

Bei einer Probe hat das Ensemble die Aufgabe, eine Prügelei darzustellen – in Zeitlupe. „Nehmt die ganze Bühne ein!“, ruft Dambacher-Walesch, während sich die Darsteller an den Haaren ziehen, ins Gesicht schlagen und zu Boden gehen. Der Regisseur gibt Anweisungen zum Ausdruck, zur Körperhaltung, zur Positionierung auf der Bühne. Immer wieder findet ein Austausch mit den Schauspielern statt. So gewinnt die Szene von Wiederholung zu Wiederholung allmählich an Kontur.

Die Schauspieler kommen teils aus Stuttgart und Umgebung

Weitere Themen

Zwölf Theaterbegeisterte zwischen 14 und 27 Jahren, Schüler, Studenten und Berufstätige, haben sich für diese Produktion der Jungen Bürgerbühne zusammengefunden. Manche nehmen eine weite Anfahrt zu den Proben auf sich, sie kommen nicht nur aus dem Raum Backnang, sondern auch aus Stuttgart, Bad Cannstatt, Marbach und Pleidelsheim. Einige haben schon Schauspielerfahrung gesammelt, etwa in der Theatergruppe ihrer Schule, andere stehen zum ersten Mal auf der Bühne. „Es ist nicht so relevant, ob jemand schon gespielt hat“, sagt Dambacher-Walesch, der als Kulturvermittler und Theaterpädagoge für das Theaterhaus in Stuttgart arbeitet. Den jungen Schauspielerinnen und Schauspielern wird einiges an Flexibilität abverlangt, denn die meisten müssen mehrere Personen spielen und sind gleichzeitig auch Erzähler. „Das Switchen zwischen den Rollen ist eine Herausforderung“, lobt der Regisseur die Konzentrationsfähigkeit seiner Truppe.

Das Stück „Nichts. Was im Leben wichtig ist“ basiert auf einem Jugendroman der dänischen Autorin Janne Teller aus dem Jahr 2000. Die Autorin wurde dafür mehrfach ausgezeichnet, gleichzeitig ist das Buch umstritten. Dambacher-Walesch hat die Textfassung für die Bandhaus-Produktion auf der Basis der Bühnenfassung des Stoffs von Andreas Erdmann erstellt. Für den Regisseur ist das Thema hochaktuell, obwohl das Stück schon einige Jahre alt ist. „Es ist eine Parabel auf die aktuelle Situation der Jugendlichen. Die vielfältigen Probleme führen zu Hoffnungslosigkeit und Perspektivlosigkeit bei den Heranwachsenden“, stellt er fest. Gleichzeitig zieht er einen ermutigenden Schluss: „Das Stück enthält aber auch einen inneren Zeigefinger. Man muss sich bewusst machen: Wir haben nur dieses eine Leben und sollten das Beste daraus machen.“

Premiere Das Stück hat am Samstag, 18. Mai, um 20 Uhr Premiere. Weitere Vorstellungen sind am Sonntag, 19. Mai, und Sonntag, 9. Juni, jeweils um 17 Uhr sowie am Samstag, 8. Juni, um 20 Uhr. Weitere Informationen gibt es im Internet unter www.bandhaus-theater.de.

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Erstellt:
10. Mai 2024, 06:00 Uhr

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