Ein kleiner Zwilling für die „Liebe“-Schau im Haus der Geschichte Baden-Württemberg

Integratives Kunstprojekt „Hand in Hand auf neuen Wegen“ Teil 2: Eine Kreativgruppe unter Leitung von Bildhauer Jo Nagel fertigt eine Replik für die „Liebe“-Ausstellung im Haus der Geschichte in Stuttgart an. Erstmals ist sie beim Tag des Schwäbischen Waldes in Althütte zu sehen.

Unter der Leitung von Jo Nagel (vorne links) entsteht eine Replik der „Hand in Hand“-Skulptur, bei der es um Friede, Gemeinschaft, Hoffnung und Liebe geht. Fotos: Dietmar van der Linden

© Dietmar van der Linden

Unter der Leitung von Jo Nagel (vorne links) entsteht eine Replik der „Hand in Hand“-Skulptur, bei der es um Friede, Gemeinschaft, Hoffnung und Liebe geht. Fotos: Dietmar van der Linden

Von Ingrid Knack

Althütte. Das Kunstobjekt „Hand in Hand auf neuen Wegen“, das unter Leitung des Althütter freischaffenden Künstlers und Grafikers Jo Nagel zusammen mit Geflüchteten und Korber Bürgern als Beitrag des Freundeskreises Asyl Korb für die elfte Korber-Köpfe-Skulpturenschau im Jahr 2017 entstanden ist, wurde mittlerweile etwas kleiner nachgebildet. Diese Replik soll im Haus der Geschichte in Stuttgart in der Ausstellung zum Thema „Liebe. Was uns bewegt“ vom 14. Oktober bis 23. Juli zu sehen sein. Das Original ist zwei Tonnen schwer. „Das verträgt der Ausstellungsboden nicht“, sagt Jo Nagel. Im Gespräch war deshalb auch, das Kunstobjekt im Freien aufzustellen, was aber ebenso wieder verworfen wurde. „Dann machen wir es einfach in klein“, war schließlich nach den Worten Nagels die Lösung.

Dass Sebastian Dörfler, einer der Kuratoren der Ausstellungstrilogie „Gier. Hass. Liebe“ im Haus der Geschichte in Stuttgart, auf das Kunstobjekt aufmerksam wurde, war eigentlich ein trauriger Anlass. Denn 2017 sind mehrere Skulpturen auf dem Korber Kopf beschmiert oder gar komplett zerstört worden. Auch das Kunstobjekt des Arbeitskreises Asyl musste dran glauben. „Sebastian Dörfler fragte bei mir nach, ob die Schmierereien auf der Skulptur noch da sind“, sagt der Bildhauer. Der Stuttgarter Kurator hatte diese für die „Hass“-Ausstellung im Blick. Doch Nagel musste abwinken. Die Schmierereien waren wieder entfernt worden. Da das Zustandekommen und die Inhalte dieses besonderen Kopfes aber so beeindruckend sind, schlug Sebastian Dörfler vor, die Skulptur in der „Liebe“-Ausstellung zu zeigen.

Jamal (links) und Bleon verputzen die Flächen mit Fugenmasse und schleifen die Kanten ab.

© Dietmar van der Linden

Jamal (links) und Bleon verputzen die Flächen mit Fugenmasse und schleifen die Kanten ab.

Die drei Monate dauernde Arbeit an dem ersten „Hand in Hand“-Kunstobjekt und die Botschaft dahinter wurden im Prospekt zu den Korber Köpfen 2017 so beschrieben: „Blicke zurück, Blicke nach vorn, Augen und Ohren geöffnet für das Neue: Zwei sich verflechtende Mauerteile wurden gemeinsamer Gestaltungsraum für Gedanken, Ausdruck und Erfahrungen. Flüchtlinge aus Syrien und dem Irak haben sich gemeinsam mit Korber Bürgern auf ein Kunstprojekt eingelassen, das Gemeinschaft konkret werden ließ. Das Bildhauern am Porenbeton wurde erlernt, es verschränkten sich Ideen und Erfahrungen, arabische und deutsche Sprache. Symbole in Bild und Schrift stehen für Hoffnung, für Frieden, für ‚Hand in Hand‘. Vielfalt fügt sich zur großen Kopf-Skulptur.“

Ruth Messer, die für die Organisation des von ihrem Mann, dem Bildhauer Guido Messer, initiierten Skulpturenwegs „Köpfe am Korber Kopf“ verantwortlich ist, sagt dazu: „Die Geflüchteten tauchten spielerisch in die deutsche Sprachwelt ein und die Freude war groß, als dann im Mai 2017 im Rahmen der ,Köpfe am Korber Kopf 11‘ die weiß leuchtende Skulptur an Standort vier eingeweiht wurde.“ Weiter erzählt sie, dass der Weg des Kunstwerks nach dem Korber-Köpfe-Gastspiel noch nicht zu Ende war. „Es ging auf die Reise: zunächst ins Kunstschloss Kiss nach Abtsgmünd-Untergröningen und weiter in die Stadt Balingen.“ Jo Nagel ergänzt: „In Balingen stand es vor der Bundesagentur für Arbeit im Park.“ Doch dort hat der Frost an der Porenbetonkunst genagt. Nach dieser Station wurde das Objekt wieder repariert. Im Herbst soll es an seinen endgültigen Standort an der katholischen Kirche in Korb kommen.

Porenbeton lässt sich leicht bearbeiten

Wieder wird Gemeinschaft konkret, als Geflüchtete und Korber Bürger jetzt bei Jo Nagel in Althütte zusammenkommen, um die Replik fertigzustellen. Jo Nagel verwendet gern bei Projekten mit Erwachsenen und Kindern Porenbeton, der sich an sich leicht bearbeiten lässt. „Es ist ein wegnehmendes Arbeiten. Das ist etwas anderes als das aufbauende Arbeiten etwa mit Ton.“ Judith Klett-Schmidt, Walter und Christa Hahn, Karl-Otto Kilgus, Bleon und Jamal machen die Erfahrung, dass die kleinteiligere Arbeit fast noch aufwendiger ist, als die Motive wie eine Landkarte von Syrien, flüchtende Menschen, Zacken, die für das Gebirge stehen, eine Saz, eine Friedenstaube, ein Auge, Worte wie „Liebe“ und „Gemeinsam“ auf Deutsch und Arabisch auf einem größeren Stein entstehen zu lassen. Bleon und Jamal erklären die Noten auf dem Werk. Sie bedeuteten, „dass man zuhört, und gute Sachen hört“, sagt der eine. „Ohne dass man zuhört, kann man keine Gemeinschaft haben“, sagt der andere.

Am Tag des Schwäbischen Waldes wird das Werk auf dem Festplatz aufgestellt.

Kurse und eine Ausstellung

Mal- und Bildhauerklasse Jo Nagel leitet an der Jugendmusik- und Kunstschule Backnang die Mal- und Bildhauerklasse. Sie ist ein Angebot für Schüler der Klassenstufen 1 bis 6. Kurstermine gibt es ab Oktober an der Anna-Haag-Grundschule Althütte, an der Murrtalschule Oppenweiler und an der Ganztagsgrundschule Oberweissach. Weitere Informationen gibt es bei der Jugendmusik- und Kunstschule Backnang, jugendmusikschule@backnang.de.

Tag des Schwäbischen Waldes Das Kunstobjekt „Hand in Hand“ wird auf dem Festplatz in Althütte aufgestellt. Zudem wird eine Ausstellung im alten Schulhaus mit Bildhauerarbeiten angekündigt, die beim Sommerferienprogramm „Auto&Köpfe“ entstanden sind. Und es gibt Einblicke in die Schaffenswelt des Ateliers „x-fluss.de“ von Regine Ahrendt, Dani Lüdecke und Jo Nagel. Eine breite Palette an zwei- und dreidimensionalen Arbeiten von wollweich bis steinhart erwartet die Besucher.

Zum Artikel

Erstellt:
17. September 2022, 06:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Lesen Sie jetzt!

Kultur im Kreis

Für die Theatergruppe der Gruschtelkammer in Auenwald fällt der letzte Vorhang

Die Gruschtelkammer hat sich bereits im Februar mit einem großen Galaabend von ihrem Publikum verabschiedet. Mit der Auflösung des Vereins steht auch das Ende der Theatergruppe der Auenwalder Kleinkunstbühne bevor. Ein Rückblick auf 27 Jahre voller Spielfreude.